Analog 5
Zeitmangel nur dürftig behandelt worden war, damit sie nicht zu eitern begann.
Sie hatten sich entschlossen, den Planeten Milde doch nicht zu nehmen – oder zu versuchen, ihn zu nehmen –, und der Transport von dem, was sie brauchten, war sorgfältig und mühsam und Durstans Aufgabe. Schließlich war es sein Bericht gewesen (und ihre Materialknappheit, die eine zweite Front verhinderte), der dem Oberkommando die Augen darüber geöffnet hatte, daß Milde als Nachschubquelle für militärisches Material nicht taugte – wohl aber als Quelle für Nahrungsmittel, als Erholungsort und als mögliche Quelle für neue Rekruten nützlich sein konnte.
Die Erwachsenen waren nicht zu gebrauchen. Völlig unaggressiv – selbst die Vorstellung des Prinzips Befehl und Gehorsam war ihnen fremd. Wenn sie eine Regierung hatten, dann war sie so nebulös, daß es ihm nie gelang, sie zu finden. Wie am ersten Tag war er umhergelaufen und hatte zuerst befohlen, dann gefragt, gebettelt und jeden angefleht, zu ihren Anführern gebracht zu werden, bis er zum Schluß planlos herumgeirrt war und jede Person angesprochen hatte, die er traf oder die er finden konnte. Es gab keine Anführer, keine Regierung. Niemand war da, der Befehle annahm, niemand, der sie geben konnte. Kommunikation aber gab es und fast augenblicklichen, hochtechnisierten Transport (für alle, die ihn wünschten) zu jeder Stelle des Planeten, und außerdem existierte eine seltsame, beinahe sofortige Übereinkunft. Die Milden hießen Gäste freizügig, fröhlich und enthusiastisch willkommen. Also kamen die Soldaten von Clarke zu Besuch, genossen eine Periode von Ruhe und Schönheit, und die Männer baten die Frauen von Milde um Kinder. Und in einem Jahr oder zwei würden die Bewohner Clarkes über den Kern neuer Einheiten verfügen.
Sie brauchten etwas, worauf sie hoffen konnten. Der Krieg lief schlecht; selbst die Nahrungsmittel von Milde waren willkommen, denn sie setzten Arbeitskräfte frei, die an anderer Stelle in der Kriegsmaschinerie eingesetzt werden konnten. Durstan ärgerte sich fast über die Zeit, die er selbst auf Milde verbrachte, obwohl so viel dabei herauskam, weil es kostbare Zeit war, die für den Kriegseinsatz selbst verlorenging. Trotzdem fiel es ihm irgendwie immer schwerer, von Milde abzureisen. Es war dort so schön, so friedlich, so voller Liebe.
Er hatte den Überblick darüber verloren, wie viele Frauen ihm Kinder versprochen hatten, und er hatte sich sogar an die überirdische Schönheit der Milden gewöhnt.
Er entwickelte keine sonderlich väterlichen Gefühle, und er war über das, was er sah, ein wenig überrascht, als er nach einem langen, ermüdenden Tag sein Dienstzimmer verließ. (Die Milden hatten ihnen unter Achselzucken oder mit freundlicher Höflichkeit Gebäude, Transportmöglichkeiten, Vorräte und was immer sie wollten gegeben.)
Sie stand am Fuß der Treppe, die sie offensichtlich gerade hochgehen wollte, und er hätte sie nicht erkannt, wenn nicht ein neuer Pegasus, sonnenlichtfarbiger Meerschaum statt Ebenholzschwärze, auf einer gemeißelten Schulter gestanden hätte.
Sie begrüßte ihn, als sei es erst eine Stunde her, seit sie sich zum letztenmal gesehen hatten, und nicht viele Monate. Sie lud ihn lächelnd in eine Tay-Stube ein, die sie besonders gern hatte, weil sie sich auf einem Felsen befand und einen Balkon besaß, auf dem man sitzen und den Sonnenuntergang in den fernen Hügeln bewundern konnte.
Sie war hochschwanger, und sobald er konnte, fragte er sie nach dem Kind.
„Ich wollte wissen, ob du das Kind sofort nach der Geburt haben willst“, informierte sie ihn, „oder ob du bis später warten willst, vielleicht, bis es nicht mehr gesäugt wird.“
Er rieb sich mit seiner neuen Hand in dem kurzgeschorenen Haar, in dem das Grau sich gezeigt hätte, wenn es nicht so kurz gewesen wäre. Er hatte noch nie eine weniger mütterliche Haltung erlebt. Das schien sich mit der Liebe nicht zu vertragen, die sie nach allen Seiten ausstrahlte. Wie alle Frauen hier, dachte er verwirrt.
„Ich muß Vorbereitungen treffen“, sagte er langsam. „Mir war nicht klar, daß das Kind schon so bald kommen würde.“
„Oh“, lachte sie. „Ich kann ihn noch länger austragen, wenn du das willst, aber wie ich hörte, wirst du bald zu deiner eigenen Welt zurückkehren …“
„Ja.“ Zurück zu Schießereien und Angriffen und Bombardierungen und Zerstörung und verzweifelter Verteidigung und … Er verbannte diese Gedanken
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