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Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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beiden treibenden Skulpturen und erhob sich.
    „Handelaston“, sagte er, „das ist ein Rumpf. Das ist der Rumpf.“
    Er kam auf mich zu. Sein Kopfschmuck wippte über mir, und sein Gesicht sah von unten zu mir hoch.
    „Jetzt gehen wir essen“, sagte er. „Komm du auch mit.“
    Er machte sich auf den Weg. Zwei Federn war nun mutig geworden und rannte zurück, ergriff zuerst die eine und dann die andere Feder und stieß einen lauten Jubelschrei aus. Die Brandung donnerte. Windspuren zuckten über das Becken.
    Karnev kauerte mit eingefrorenem Gesicht da und starrte auf sein Schiffsmodell und den surrealistischen Eindringling vor ihm. Ich rührte mich unruhig. „Wir sollten vielleicht besser gehen“, sagte ich.
    Karnev sah mit seinem gefrorenen Gesicht auf und sagte nichts.
     
    Die Erde erbebte nicht. Der Himmel zerbrach nicht, um in das Meer zu fallen. Nur ich fand mich in noch höherer Stellung als vorher, und wo Männer zusammentraten, um über Schiffe zu sprechen, verschwand der Name Karnev, und zwar so vollständig, daß es den Anschein hatte, als hätte er nie einen Namen besessen.
    Die feierliche Mahlzeit zu der gelungenen Herausforderung war so informell, daß sie kaum erwähnenswert ist. Es gab so wenig Jubel, daß ich mir überlegte, ob sie meinen Sieg mit meiner Geburt auf einer anderen Welt erklärten und daher dem Wettstreit keine Bedeutung beimaßen.
    Das aber war eine Illusion, die schnell zerstört wurde. Am nächsten Morgen kam Vekkars Gefolgschaft bei mir an, um mich in ein neues Haus zu verlegen. Ich protestierte, dies sei nicht notwendig. Als das nichts nützte, sagte ich, daß ich nur ein kleines Haus ohne all die Extravaganzen benötige, von denen sie so leichtfertig sprachen.
    „Es ist angemessener“, argumentierte Vekkar.
    „Karnevs Haus war nichts“, argumentierte ich zurück.
    „Was dieser Mann anfängt, spielt keine Rolle. Du bist Handelaston, der Schiffbauer von den Sternen. Was ist dieser Karnev?“
    „Schon gut, schon gut, ich lebe gern in kleinen Häusern. Habe ich nicht das Recht dazu?“
    Vekkar zuckte hilflos die Achseln und ging unter unterdrücktem Gemurmel.
    Plötzlich war ich von formeller Sprache umgeben, und ich fühlte mich genau wie direkt nach meiner Ankunft und verstand nur die Hälfte. Ich brauchte Tage dazu, um herauszubekommen, daß genau der Status, der mir so viele Regeln auferlegte, mir auch das Recht gab, sie zu brechen. Es war alles in allem eine unschätzbare Erfahrung, und sie war kaum zu ertragen.
    Einige Wochen später fand ich meine Nerven wieder, und ich bereitete mich darauf vor, wieder aufs Land hinauszuziehen.
    „Ich will Karnev besuchen“, sagte ich zu Vekkar. Er war entsetzt.
    „Dieser Mann ist nicht gut genug, Handelaston. Er hat nicht das Recht, mit dir zusammenzutreffen.“
    „Ich habe das Recht, mit ihm zusammenzutreffen“, antwortete ich selbstgefällig. „Ich gehe zu ihm.“
    „Ich sage, das ist schlecht, Handelaston.“ Er schlug die Hände aneinander und setzte sich schwer hin. „Das ist schlecht.“
    Herden von Wolken versammelten sich über den Bergen im Osten, als ich aufbrach. Die Bauern ließen das Wasser aus ihren Feldern. Fische zuckten und sprangen in dem Schlamm, Kinder rannten zwischen ihnen umher und kreischten und warfen mit Erdbrocken. Ich ging weiter.
    Karnevs Leben hatte nicht aufgehört, genausowenig wie das eines anderen besiegten Künstlers. Körbe, Töpfe, Schiffe wurden immer gebraucht. Karnev hatte nur sein Prestige verloren. Sein Leben aber ging dieses Mal mehr als üblich weiter, denn er wurde dieses Mal mehr als üblich gebraucht. Ich würde aus meinem siegreichen Schiffsmodell nie ein Schiff bauen.
    Die anderen Dinge aber, der Ritt auf dem Wellenkamm, der Sieg über die Wogen der Welt und das Treiben auf ihrem donnernden Angriff auf den sozialen Sand, diese Dinge waren verschwunden. Seine Besucher redeten nun mit ihm nüchtern über Geschäfte. Der schmale Pfad durch die Bäume wurde schmaler, und selbst die Vögel schienen zu schweigen.
    Karnev stand in der Tür, als ich ankam.
    „Hallo, Freund“, sagte ich. Er zögerte nicht, obwohl seine Haltung seine Empörung verriet.
    „Hallo, Meister.“
    Er drehte sich um und trat ins Haus. Ich folgte ihm in das Zimmer, in dem wir uns alle vor ungefähr drei Wochen getroffen hatten. Wir saßen uns gegenüber, zwischen uns brannte das Herdfeuer, während er als Geste eine Mahlzeit vorbereitete. Er sah zur Seite, während ich sie verzehrte, und erst nachdem ich

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