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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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einer fremden Wohnung, ohne ihre gewohnte Umgebung und ihren gewohnten Tagesablauf, wurde sie von Unruhe und Unsicherheit gepeinigt und starb vor Angst, wenn sie aus dem Haus ging. Gordejew und sie hatten ein Spiel inszeniert, an dessen Ende der Mörder auf der Bildfläche erscheinen musste, bei Larissa Lebedewa oder in ihrer Wohnung. Am Tatort im Fall Filatowa hatte Subow einige Spuren sichergestellt, die bei der Suche nach dem Mörder nichts brachten, aber seine Identifizierung ermöglichen würden. Sollte der Auftragskiller auftauchen, könnten sie also mit Hilfe dieser Spuren feststellen, ob er der Mann war, der sich in der Wohnung der Filatowa aufhielt, als sie starb. Obwohl direkt neben der Leiche Dima Sacharow festgenommen worden war, hatte Subow, ein mürrischer, wortkarger und unglaublich sturer Mensch, alle Einwände und Überredungsversuche ignoriert und auf den warmen Teekessel in der einzig richtigen Weise reagiert: Wenn das Opfer hier erwartet worden war, dann musste man versuchen, Spuren dieses Wartens zu finden. Die Lüftungsfenster in der Wohnung standen weit offen, aber es war nur wenig Zeit vergangen, seit der Täter die Wohnung verlassen hatte. Subow hatte sich mit erfahrenem Auge die Zimmer angesehen; seine langjährige Praxis sagte ihm: Wenn es überhaupt etwas gab, dann einen Geruch, mikroskopische Hautpartikel und Haare auf dem oberen Teil der Sessellehne. Er fand Partikel, die weder von Irina noch von ihrem Vater stammten. Aufgrund dieser Spuren unter den mehreren Millionen Einwohnern des Landes einen Mörder zu finden war unmöglich, aber wenn ein konkreter Verdächtiger auftauchte . . . Und genau diesen Verdächtigen wollte Gordejew mit dem Köder Lebedewa anlocken.
    Er spekulierte darauf, dass Pawlow die Dienste des Mannes in Anspruch nehmen würde, der schon die Filatowa getötet hatte. Dafür mussten zwei Bedingungen geschaffen werden: Pawlow musste in der Lebedewa eine ernstliche Bedrohung sehen, und er durfte sich an niemand anderen wenden, um ihm einen bezahlten Killer zu vermitteln. Er musste den Kontakt benutzen, über den er bereits verfügte. Da Pawlow die Dienste eines erstklassigen Killers in Anspruch nehmen konnte, gehörte zu seinem Bekanntenkreis offenbar ein (oder mehr als ein) Vertreter der kriminellen Elite, der ihm diesen Kontakt verschafft hatte. Entweder war das der Mann, den Alexander Jewgenjewitsch so panisch fürchtete, dass er die Filatowa aus dem Weg räumen musste, oder nicht. Die Chancen standen fünfzig zu fünfzig. Wenn er es nicht war, dann war die Aussicht, dass Pawlow sich an denselben Killer wenden würde, gering. Er würde einfach um einen anderen Kontakt bitten, das wäre in jeder Hinsicht professionell. Aber wenn es doch derselbe Mann war, dann musste Pawlow auf seine Hilfe verzichten, sonst hätte er ihm seine Sünden beichten müssen. In dem Fall gab es eine reale Chance, den Mörder der Filatowa zu fangen. Alles oder nichts.
    Doch Gordejew hatte ein weit feineres und schlaueres Spiel vor. Dafür musste er Nastja benutzen, mit der er sich, seit sie das Restaurant »Tadschikistan« verlassen hatte, nur telefonisch verständigen konnte.
    »Anastasija, ich geb dir jetzt eine Liste durch, aber schreib nichts auf. Der Chirurg, der Burjate, der Gallier, der Italiener, Cardin, Black. Hast du sie dir alle gemerkt? Eine kleine Abwechslung, damit dein Gehirn nicht einrostet. Geh die Namen durch und überlege, welcher davon zum Mörder der Filatowa passen könnte.«
    »Gut«, sagte Nastja verwirrt. »Ich werd’s versuchen.«
    Gereizt sah sie ihr Spiegelbild an. Sie hatte die Rolle der Lebedewa gründlich satt. Von der dicken Schicht Schminke, und das bei der Hitze, hatte Nastjas Haut Pickel und Flecke bekommen. Sie wagte nicht, ein Schlafmittel zu nehmen, um nachts nicht ihre Reaktionsfähigkeit und ihr klares Denkvermögen einzubüßen, aber wegen der ständigen Schlaflosigkeit litt sie unter Kopfschmerzen und Mattigkeit. Die Situation, die auf einem toten Punkt angelangt schien, konnte sich jeden Moment zuspitzen, deshalb musste Nastja selbst in der Wohnung die Lebedewa sein und jeden Morgen lange vor dem Spiegel sitzen, um sich das gefärbte Haar einzudrehen und sich das Gesicht anzumalen. Selbst nachts musste die Schminke teilweise draufbleiben, falls sie irgendeinem Besucher die Tür öffnen müsste. Über diese Zufälle hatte Nastja mit Gordejew zu reden versucht, aber nichts erreicht. Sie fand, es sei viel einfacher, Pawlow ihre Adresse zu stecken und in

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