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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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jemandem, den ich nicht kenne«, beharrte Pawlow.
    »Tja, es bleibt Ihnen aber wohl nichts anderes übrig. Sie haben sich also entschlossen, mit mir zu reden? Das freut mich. Damit unser Gespräch eine sachliche und geschäftliche Grundlage hat, werde ich Ihnen vorab einiges erklären. Einverstanden?«
    »Ich höre.«
    »Alexander Jewgenjewitsch, ich nehme meine Arbeit sehr ernst. Und ich bitte Sie, mich nicht einmal in Gedanken als Erpresserin zu bezeichnen. Ich beschaffe Informationen, analysiere sie und verkaufe das Ergebnis dieser Analysen. Ich bereite jede Operation gründlich und gewissenhaft vor. Außerdem halte ich mich an die Regeln. Deshalb wurde noch kein einziger, sagen wir, Handel von mir bei der Miliz angezeigt. Die Hoffnung, mich einzuschüchtern, sollten Sie also von vornherein fallen lassen. Da Sie mit mir hier sitzen, sind Sie offensichtlich an meinem Angebot interessiert. Um überflüssigen Fragen Ihrerseits vorzubeugen, sage ich gleich: Text und Information verkaufe ich getrennt. Vielleicht brauchen Sie nur das Manuskript? Das kostet hunderttausend. Vielleicht brauchen Sie das Manuskript nicht, wollen aber wissen, wie ich dazu gekommen bin und wer außer mir davon weiß. Das kostet fünfzigtausend. Beides zusammen – hundertvierzigtausend. Ein kleiner Rabatt. Nun möchte ich gerne Ihre Ansicht hören.«
    »Ehrlich gesagt, auf solche Direktheit bin ich nicht vorbereitet. Warum glauben Sie, dass ich zahlen werde? Warum sind Sie sich so sicher, dass ich Angst vor Ihnen habe?«
    Stimmt, warum eigentlich, dachte Nastja. Wegen purer Mutmaßungen, die durch nichts widerlegt, aber auch durch nichts bestätigt sind. Verdammt, sollte ich mich geirrt haben? Nein, selbst wenn er mit dem Mord nichts zu tun hat, die Geschichte mit der Dissertation bleibt dunkel.
    Während Nastja Kamenskaja von Zweifeln geplagt wurde, sagte Larissa Lebedewa:
    »Sie sollen mich auch nicht fürchten, das ist gar nicht meine Absicht. Ich mag keine eingeschüchterten Menschen. Ich habe lieber mit gleichberechtigten Partnern zu tun als mit Opfern. Sie wollen nicht zahlen? Kein Problem. Ich werde einen anderen Käufer finden. Begreifen Sie doch endlich: Ich übe auf Sie keinerlei Druck aus und verlange nichts von Ihnen. Ich biete Ihnen eine Ware an. Sie sind nicht interessiert? Warum sind Sie dann hier?«
    »Ich interessiere mich für Sie, Larissa, und ich habe einfach die Gelegenheit genutzt, Sie zu sehen. Ist Ihnen das nicht in den Sinn gekommen?«
    »Nein. Da Sie mich bereitwillig zu Rudnik geschickt haben, hatten Sie offenbar bestimmte Schlüsse über meine Person gezogen. Die Art dieser Schlüsse schließt ein persönliches Interesse an mir aus. Sie – ein verantwortlicher Mitarbeiter des Innenministeriums – und ich – eine getarnte Ausländerin, die politische Informationen sammelt. So leichtsinnig sind Sie nicht. Und nun erzählen Sie mir bitte nicht, Sie seien meinem Zauber erlegen und hätten total den Verstand verloren. Also, warum sind Sie hier?«
    »Aus Neugier. Ich war noch nie in einer solchen Situation.«
    »Lust auf ein Experiment?«
    »Vielleicht.«
    »Dann gehen Sie doch zum Leiter des Restaurants, weisen Sie sich als Oberst der Miliz aus, beordern Sie eine Streife her und lassen mich als Erpresserin festnehmen. Was hindert Sie daran? Ich würde es Ihnen nicht übel nehmen. Wenn Sie das tun, werde ich wissen, dass ich bei meiner Analyse einen Fehler gemacht habe und Sie unschuldig sind wie ein Baby. Mein Irrtum, und dafür muss ich gerade stehen. Aber bedenken Sie, mir droht absolut nichts. Wenn Sie sagen, dass ich Sie erpresse, dann benutze ich Ihre eigene Waffe: Ich sei wahnsinnig in Sie verliebt und habe mir einen Vorwand für eine Begegnung ausgedacht. Sie haben meine Papiere nicht gesehen, aber ich versichere Ihnen, Sie sind vollkommen sauber. Man wird mich aufs Revier bringen, mir einen Rüffel erteilen und mich wieder laufen lassen. Klar, ich werde ein paar unangenehme Minuten haben, aber das ist der Preis für einen Analysefehler. Berufsrisiko.«
    Mein Gott, ich bin geradezu unverschämt aufrichtig. Das stimmt absolut, besonders das mit dem Analysefehler. Und mit dem Berufsrisiko. Eine nette Situation!
    »Und vergessen Sie nicht, Alexander Jewgenjewitsch, man wird Sie auf jeden Fall fragen, wer ich bin. Und wenn nun in meinen Papieren etwas ganz anderes steht? Was sollen die einfachen Milizionäre von Ihnen denken? Der Hauptsachverständige aus dem Stab des Innenministerium trifft sich mit wer weiß wem.

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