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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Lebedewa freundlich, wobei er es sorgsam vermied, den Gegenstand ihres gemeinsamen Interesses zu erwähnen, und schlug ein Abendessen in dem gemütlichen Restaurant »Tadschikistan« vor, das in einer Gasse unweit der Metrostation »Woikowskaja« lag. Die Erpresserin Lebedewa war mit dem Ton des Gesprächs und seinem Ergebnis durchaus zufrieden, Majorin Kamenskaja dagegen weniger. Ganz in der Nähe dieser Metrostation lag die Akademie des Innenministeriums, in dessen Gebäude einige Abteilungen des Instituts untergebracht waren, auch die, in der die Filatowa gearbeitet hatte. Pawlow legte es offenkundig darauf an, dass sie fürchten sollte, von einem der Mitarbeiter erkannt zu werden, die etwa um diese Zeit von der Arbeit kamen und deren Weg zur Metro genau am Restaurant vorbeiführte. Offenbar hatte die von Gordejew und Lesnikow gespielte Komödie Pawlow nicht restlos überzeugt. In diesem Augenblick dankte Nastja ihrem Chef in Gedanken, dass er ihr nicht erlaubt hatte, die Kollegen der Filatowa im Institut zu befragen. Obwohl – Larissa Lebedewa hätten sie ohnehin nicht erkannt.
    Das Geschäftsessen dauerte schon fast eine Stunde, doch keiner der beiden Partner schnitt das eigentliche Thema an. Jeder wollte den ersten Schritt dem Gegner überlassen, um dessen Absichten zu erkennen. Pawlow genoss schon im Voraus, wie er diese Lügnerin mit ihren Geschichten über die türkischsprachige Kindheit und ihren gefälschten Papieren überführen würde. Nastja hatte dazu ihre eigenen Überlegungen. Das von Larzew erstellte psychologische Porträt Pawlows veranlasste sie, ihr Vorgehen auf die These zu stützen: »Denkt in der Regel nie mehr als einen Schritt voraus. Wenn er einen Trumpf in der Hand hat, ist er überzeugt, damit alle Stiche zu bekommen. Wenn er feststellt, dass es doch kein Trumpf ist, verliert er die Übersicht und braucht lange, um sich darauf einzustellen. Unkritisches Verhältnis zu sich selbst.«
    Am Nachbartisch erörterten zwei skandinavisch aussehende Männer ihre Probleme. Einer der beiden, ein gut aussehender phlegmatischer Blonder, sah immer wieder zu Larissa hin, was dem misstrauischen Pawlow nicht entging.
    »Der Schwede am Nachbartisch sieht Sie an wie ein Kater die süße Milch«, sagte er spöttisch.
    »Däne«, korrigierte sie mechanisch.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich weiß es nicht. Ich höre es an seiner Sprache.«
    »Sie können Dänisch?« Pawlow machte aus seinem Erstaunen keinen Hehl.
    »Unter anderem. Ich kann und weiß vieles, Alexander Jewgenjewitsch.«
    Damit war der erste Schritt getan. In diesem Augenblick begriff Pawlow plötzlich, was ihn bei der heutigen Begegnung von Anfang an so irritiert hatte.
    »Larissa, was ist mit Ihrem Akzent?«
    »Na endlich!« Sie lachte. »Sie sind entweder nicht sehr aufmerksam oder sehr geduldig. Den Akzent habe ich abgelegt, bis zum nächsten Mal. Im Moment brauche ich ihn nicht.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass . . .«
    »Genau, Alexander Jewgenjewitsch. Ein billiger Trick, aber Sie sind darauf reingefallen. Und dank Ihnen auch Ihr Freund Rudnik. Für das, was er mir erzählt hat, bekomme ich gutes Geld. Ich habe Ihnen also zu danken.«
    »Und das Leben im Orient mit Ihrem Mann? Auch erfunden?«
    »Selbstverständlich.«
    »Und die türkische Mutter?«
    »Alexander Jewgenjewitsch«, erklärte Larissa geduldig, »ich würde nie etwas erreichen, wenn ich allen die Wahrheit über mich erzählen würde. Das ist doch klar, oder?«
    Das Leben ist voller Absurditäten, dachte Nastja. In den letzten fünf Minuten habe ich kein einziges Mal gelogen. Ich sage die reine Wahrheit. Und trotzdem ist das alles eine schamlose Lüge. Zum Verrücktwerden.
    »Darf ich einen Blick in Ihren Ausweis werfen?«
    »Nein«, antwortete sie gelassen und sah Pawlow in die Augen.
    »Verstehe.«
    Pawlow trank den restlichen Kognak in seinem Glas in einem Zug aus und griff nach den Zigaretten. Sinnlos, weiterzufragen, dachte er. Die Entlarvungsszene war mit lautem Knall geplatzt. Die Lebedewa war bei der Pressekonferenz gewesen, irgendeinen Ausweis musste sie also haben. Später hatte er sie selbst am Eingang des Ministeriums abgeholt und am Posten vorbeigeführt.
    »Ist wenigstens Ihr Vorname echt? Heißen Sie wirklich Larissa? Nach dem Familiennamen frage ich ja gar nicht, aber ich muss Sie doch irgendwie ansprechen.«
    »Wozu diese Fragen, Alexander Jewgenjewitsch? Sie wollen mich schließlich nicht heiraten.«
    »Ich kann kein ernsthaftes Gespräch führen mit

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