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Anatomie

Anatomie

Titel: Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bass jefferson
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ich’s.« Ich hörte die Aufregung in seiner Stimme. »Bingo«, sagte er.
    »Was ist?«
    »Das Gesetz gibt, das Gesetz nimmt. Wenn ein Verbrechen auf Bundesterritorium verübt wird, kann es auch vor einem Bundesgericht verfolgt werden. Macht das Verbrechen nicht unbedingt zu einem Verstoß gegen Bundesrecht – Ihr Mord in Cooke County ist eine nach einzelstaatlichem Recht zu ahndende Straftat, daran ist nicht zu rütteln. Aber wenn sie auf US-Land passiert ist, können wir sie vor ein Bundesgericht bringen.«
    Irgendwo im Hinterkopf wusste ich das sogar. Vor vielen Jahren waren einige meiner Studenten verhaftet worden, weil sie im Great Smoky Mountains Nationalpark Alkohol konsumiert hatten – sie hatten sich bei einem Picknick am Abraham Falls zu viert eine Flasche Wein geteilt –, und das ganze anthropologische Institut war vor dem Bundesgericht erschienen, um moralische Unterstützung zu leisten. Das rechtliche Gerüst, das er hier aufbaute, war mir vage bekannt, also brachte ich es nur ungern zum Ein-Sturz. »Hören Sie, ich bin mir nicht ganz sicher, ob meine Wegbeschreibung so ganz korrekt war«, sagte ich in der Hoffnung, es ihm schonend beizubringen. »Die Leiche wurde rund fünfzehn Kilometer nördlich der I-40 gefunden. Aber der Nationalpark erstreckt sich südlich der Interstate. Ich sage es nur ungern, aber es sieht so aus, als müssten wir uns an Plan B halten.«
    »Ihre Wegbeschreibung war wunderbar, Dr. Brockton«, sagte er gutgelaunt. »Die Cave Springs Church ist auf der Karte eingezeichnet. Und sie liegt mitten in einem hübschen grünen Streifen Bundesterritorium.«
    »Aber der Nationalpark …«
    »Ich spreche nicht vom Nationalpark, Dr. Brockton. Die Leiche Ihres Opfers wurde gut anderthalb Kilometer innerhalb der Grenze des Cherokee National Forest gefunden.«
    »Ganz sicher?«
    »Darauf würde ich mein Verdienstabzeichen vom Orientierungslauf verwetten.«
    »Wow!«, entfuhr es mir. Ich hörte schon die Hufschläge der Kavallerie. »Hallo, Plan A.«
    »Hallo, Plan A«, plapperte er mir nach. »Eines müssen Sie aber verstehen, Dr. Brockton.«
    »Und das wäre?«
    »Plan A: Das geschieht nicht über Nacht.«
    »Oh, verstehe. Es könnte also Wochen dauern, ja sogar Monate, nicht wahr?«
    Er sagte eine ganze Weile gar nichts. »Dr. Brockton, das werden Sie nicht gerne hören. Im Durchschnitt arbeitet eine solche behördenübergreifende Arbeitsgruppe, bei der auch verdeckte Ermittler eingesetzt werden, zwei Jahre, von Anfang bis Ende.«
    »Zwei Jahre?«
    »Zwei Jahre.«
    Ich dankte Welton für sein Interesse, wünschte ihm eine gute Jagd, legte den Hörer auf und trug meine Hoffnungen auf Plan A zu Grabe.
    Ich hatte den Hörer kaum losgelassen, da klingelte das Telefon schon wieder. Es war Peggy, die Sekretärin des anthropologischen Instituts. Sie klang verärgert. »Dr. Brockton, haben Sie schon wieder meine Ersatzschlüssel genommen?«
    »Nein, warum?«
    »Sie sind nicht in meiner Schreibtischschublade.«
    »Die tauchen schon wieder auf«, sagte ich.
    »Sie sind der Einzige, der sie je nimmt.«
    »Wann ist Ihnen aufgefallen, dass sie weg sind?«
    »Letzte Woche«, sagte sie. »An dem Tag, an dem jemand in Ihr Büro eingebrochen ist. Glauben Sie …?«
    Ja, das glaubte ich, und mir wurde ganz mulmig dabei.
    Ich legte auf und schloss die Tür zur Skelettsammlung auf. Dieser Raum war nur durch mein Büro zugänglich und beherbergte unser gesamtes forensisches Material – unzählige Regalreihen mit Pappkartons wie der, der in der Woche zuvor von meinem Schreibtisch gestohlen worden war. Ich schaltete das Neonlicht an und suchte die Regale ab. Die quadratischen Seiten der Kartons präsentierten sich wie Bücher in einer Bibliothek – einer Bibliothek voller Kriminalromane, die alle in Knochen geritzt waren.
    Wer auch immer die Tür zu meinem Büro aufgestemmt hatte, war nicht in die Knochensammlung eingebrochen – dessen war ich sicher, denn ein Beamter der Spuren-Sicherung der Kriminalpolizei, der Campuspolizist und ich hatten die Tür überprüft und sie unbeschädigt und wohlverschlossen vorgefunden. Oder sorgfältig wieder abgeschlossen, wie ich jetzt erkennen musste.
    Als ich in den Bereich gelangte, wo auf den Regalen die Fälle aus jüngster Zeit lagen, wurden meine Knie weich. In der Reihe der Schachteln war eine Lücke, dreißig Zentimeter im Quadrat, und ich wusste, ohne es zu überprüfen, genau, welcher Karton dort fehlte.
    Billy Ray Ledbetters Knochen waren

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