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Anatomie

Anatomie

Titel: Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bass jefferson
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mundete. »Mir haben schon Studenten viele Jahre nach ihrem Abschluss, als sie längst für Medical Examiner oder Polizeireviere oder Museen arbeiteten, gesagt, ich hätte großen Einfluss auf ihre berufliche Laufbahn gehabt. Ich denke, wir alle hinterlassen einen Abdruck auf der Welt und bei den Menschen, deren Wege wir kreuzen, wenn auch manchmal auf eine Art und Weise, die wir nicht ganz verstehen.« Ich fuhr mit dem Finger den Abdruck des Farns nach. »Ich weiß, dass meine Frau einen mächtigen Abdruck bei mir hinterlassen hat. Und manchmal immer noch hinterlässt.«
    Er wandte den Blick ab, und ich vermutete, dass er an Leena dachte. »Jim, als Anthropologe bin ich neugierig: Was wollten Sie mir zeigen? Ich nehme mal an, nicht nur Ihre Keramiken.«
    »Nicht nur die Becher, aber sie sind nicht ganz unwichtig. Sind Sie je der Frage nachgegangen, welchen Preis wir Menschen dafür bezahlen, das magische Elixier zu finden, Doc? Den biochemischen Kraftstoffzusatz, könnte man sagen, der die Sache für uns regelt? Verblödende Dinge wie Alkohol und Pot? Oktanbooster wie Kokain, Methadon oder Ecstasy?«
    Ich nickte. »Das ist interessant. Aber nicht nur Menschen – Tiere auch. Elefanten schlemmen gegärtes Obst, um betrunken zu werden. Genau wie Orang-Utans und Schimpansen. Würde mich nicht überraschen, wenn es in irgendeiner kalifornischen Kommune einen kiffenden Schimpansen gäbe. Ich habe jedoch noch keine Studie darüber gemacht.«
    »Ich schon, in gewisser Weise«, sagte er. »Nicht unbedingt wissenschaftlich, sondern eher von der finanziellen Seite. Die Leute zahlen sehr viel Geld für etwas, wodurch sie sich gut fühlen, gut aussehen oder beim Sex länger hart bleiben. Hier oben in Cooke County gibt’s Leute, die haben nicht mal ’nen Topf zum Reinpissen, wie mein Vater immer gesagt hat. Aber einige von ihnen tauschen Lebensmittelmarken gegen Pot oder Methadon. Wer zur Verfügung stellt, was verlangt wird, kann ’nen Haufen Geld verdienen.«
    Ich dachte an die Fragen, die die FBI- und DEA-Beamten mir über O’Conner gestellt hatten. »Manche Leute denken, Sie würden das Zeug liefern«, sagte ich. »Schier unmöglich, sich nicht darüber zu wundern, was wohl über einen so gut gepflegten und so sorgfältig getarnten Schotterweg transportiert wird.«
    Seine Augen glitzerten gereizt, und ich fragte mich, ob ich einen Nerv getroffen hatte. »Sie haben recht; der Handel mit exotischen Substanzen hat in den Bergen hier Tradition. Vielleicht ist er sogar so etwas wie ein Geburtsrecht. Mein Vater hat zwanzig Jahre lang eine Whiskeydestillation betrieben. Als Kind gehörte es zu meinen Aufgaben, das Eichenholz zu hacken, das verbrannt wurde, um die Maische zu kochen.« Er schüttelte den Kopf. »Am Ende hat das verdammte Ding ihn umgebracht – es war jedenfalls der Grund, warum er umgebracht wurde, was wohl auf dasselbe hinausläuft.« Er schaute in seinen Becher und schwenkte den Tee herum. »Drüben in Vietnam habe ich ziemlich viel Dope geraucht; viele haben auch härtere Drogen genommen. Wenn wir nicht auf Patrouille waren – zum Teufel, manchmal sogar wenn wir auf Patrouille waren –, waren wir total high. Hat geholfen, es erträglich zu machen, obwohl ich schwöre, dass ich nicht weiß, wie einer von uns da lebend wieder rausgekommen ist.« Er atmete tief durch. »Als ich nach Hause kam, fing ich an, Marihuana anzubauen. Und zu verkaufen.«
    Er schwieg, und ich merkte, dass er in meiner Achtung sank. »Aber das Witzige war, Doc, dass es gar nicht lange dauerte, da gefiel mir nicht mehr, was ich tat und wer ich dadurch wurde.« Meine Meinung über ihn stoppte ihren freien Fall und schwebte in der Luft. »Cooke County ist eine raue Gegend, Doc. Die Leute hier oben haben es schwer, selbst wenn sie ihr Leben auf die Reihe kriegen. Macht man sie abhängig, ist das so ziemlich die Garantie dafür, dass sie überhaupt nichts mehr auf die Reihe kriegen. Ich fand das nicht besonders gutnachbarlich.«
    Ich lächelte. »Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Aber das sind nicht alle.«
    »Nicht jeder kann es sich leisten. Manche Menschen haben weder die Kenntnisse noch die Gelegenheit, etwas anderes zu tun, als Pot anzubauen und Sozialhilfe zu kassieren. Ich kann für niemanden sein Leben führen; mit meinem eigenen klarkommen zu müssen reicht mir völlig. Ich mache mir nicht viele Gedanken darum, was legal ist und was nicht, aber ich möchte mein Geld nicht mit Marihuana verdienen.«
    »Und was bleibt Ihnen dann? Ein

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