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Anatomie

Anatomie

Titel: Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bass jefferson
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Warteschleife; das hatte man ihnen in Quantico wohl ziemlich gründlich eingebläut. Ich hing mehrere Minuten in der Luft. Gerade als ich auflegen und noch einmal wählen wollte, war sie wieder in der Leitung. »Dr. Brockton? Steve Morgan, Ihr ehemaliger Student, ist unterwegs zu Ihnen. Und die Spurensicherung der Kriminalpolizei kommt mit einem mobilen kriminaltechnischen Labor gleich hinterher.« Sie spürte wohl die Enttäuschung über den mangelnden Einsatz des FBI an meinem Ende der Leitung. »Wir haben im Augenblick weder die Zuständigkeit noch die Mittel, und die Kriminalpolizei hat beides. Können Sie das verstehen?«
    »Das muss ich wohl.« Kaum waren die Worte ausgesprochen, bereute ich meinen gereizten Tonfall schon. »Tut mir leid. Ja, natürlich.«
    »Fühlen Sie sich sicher dort?«
    Es war mir gar nicht in den Sinn gekommen, mir darum Sorgen zu machen. »Ja, ich glaube schon. Vielen Dank, dass Sie fragen. Ein Beamter der Campuspolizei müsste jede Minute hier sein. Ja … da ist schon sein Auto.«
    »Gut. Wir bleiben in Kontakt. Geben Sie uns nicht auf.« Sie legte ohne ein weiteres Wort auf, und ich trat dem Beamten der Campuspolizei an der Tür entgegen, der so jung war, dass er auch als Student durchgegangen wäre. Er hatte die Waffe gezogen und hielt sie mit zitternder Hand. Als ich ihm erklärte, dass ein Team der Kriminalpolizei unterwegs war, wurden seine Augen noch größer. Gnädigerweise steckte er die zitternde Waffe weg, hastete zurück zu seinem Einsatzwagen und kehrte mit einer Rolle Polizei-Absperrband zurück. Damit klebte er ein großes X über die offene Tür. Als Steve Morgan zehn Minuten später kam, besah er sich das Absperrband und musterte den eifrigen jungen Beamten von oben bis unten. »War außer Dr. Brockton noch jemand hier?«
    »Nein, Sir«, sagte der junge Beamte und hätte beinahe salutiert.
    »Gute Arbeit«, sagte Morgan lächelnd. »Wir übernehmen jetzt. Danke.«
    Der junge Mann zog ein langes Gesicht. »Sie brauchen mich hier nicht?« Morgan wirkte überrascht über die Frage, vielleicht auch ein wenig amüsiert. Mir tat der junge Mann leid, aber er war noch nicht bereit aufzugeben. »Ich, ähm, hatte gewissermaßen gehofft, ich könnte zusehen – beobachten –, wie die Kriminalpolizei an einem Tatort arbeitet.«
    Morgan lächelte. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte er in meinem Büro gestanden und sich für Unfug im Hörsaal entschuldigt. »Wenn ich es recht bedenke, Officer, sollten Sie hierbleiben und das Umfeld kontrollieren, dann wäre die Kriminalpolizei Ihnen sehr verbunden.«
    Der Bursche zitterte förmlich vor Aufregung, als er sein Funkgerät herausholte. »Einheit drei an Leitstelle«, platzte er heraus. Als seine Kollegin antwortete, nahm er Haltung an, als könnte sie ihn sehen. »Die Kriminalpolizei ersucht um Unterstützung durch Beamten vor Ort.«
    »Verstanden«, sagte die Beamtin in gedehntem Tonfall, nicht halb so beeindruckt, wie er wohl gehofft hatte. »Sag Bescheid, wenn du fertig bist. Wir sind am Verhungern, und wir brauchen jemanden, der zum Deli fährt.«
    Es dauerte nicht lange, bis die Spurensicherung mit Scheinwerfern und Beweismittelsicherungs-Set anrückte und den Raum systematisch durchsuchte. Morgan und ich gingen raus in den Flur, aber ich lehnte mich in die Tür, um den Kriminaltechnikern bei der Arbeit zuzusehen. Als sie UV-Licht einschalteten, erschienen auf allen Oberflächen purpurrote Fingerabdrücke. Ich wusste, dass die meisten von mir waren und die übrigen wahrscheinlich von meinen Doktoranden. »Verzeihen Sie bitte, Sir«, sagte ein Beamter, »können Sie uns sagen, wohin diese Tür führt?«
    »Sicher, sie führt in die Skelettsammlung.«
    Er drehte den Knauf- die Tür war verschlossen, wovon ich mich vorher schon überzeugt hatte – und untersuchte den Rahmen auf Spuren gewaltsamen Eindringens. Als er nichts fand, wandte er sich wieder meinem Schreibtisch zu.
    Morgan räusperte sich, um meine Aufmerksamkeit zu erregen, dann ließ er eine Litanei von Fragen auf mich los – wann ich das Büro verlassen habe, wie lange ich weg gewesen sei, wer meinen Stundenplan kenne, wie viele verschiedene Ausgänge der Dieb genommen haben könne, ob ich jemanden oder etwas Verdächtiges bemerkt habe und so weiter und so fort. Als er sämtliche Fakten abgefragt hatte, stellte er mir schließlich die Frage, die die ganze Zeit in der Luft gelegen hatte: »Was glauben Sie, wer das gewesen sein könnte?«
    »Nun, mein erster

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