Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anatomie

Anatomie

Titel: Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bass jefferson
Vom Netzwerk:
ungesellig?«
    »Er hat eine Rechnung offen, die bald fällig wird, und dabei helfe ich ihm. Er ist ein kleiner Bauer, könnte man sagen, und er mag es nicht, wenn Leute durch seine Felder trampeln oder sich in seine Angelegenheiten mischen.«
    »Aber damit meint er nicht uns? Oder mich?«
    »Nein. Ich bin mit ihm verwandt, und solange Sie bei mir sind, passiert Ihnen nichts. Er hat sogar schon von Ihnen gehört und würde Sie gern kennen lernen. Ziehen Sie den Kopf ein, Doc. Kopf runter, verdammt!«
    Ich duckte mich gerade rechtzeitig, um nicht von einer Reihe von Angelhaken aufgespießt zu werden, die an einer Nylonschnur in verschiedenen Höhen baumelten. Die Schlussfolgerung war wohl die, sinnierte ich, dass man, wenn man die Warnschilder überlas, seine Augen auch nicht brauchte. Ich erneuerte meinen Schwur, nie wieder mit Waylon mitzufahren, selbst wenn das hieß, zu Fuß zurück nach Knoxville zu gehen.
    Der Weg folgte der Kontur des Hangs und führte jetzt in einem Bogen durch eine kleine Niederung mit Felsblöcken – die kleineren hatten die Größe von Fernsehern, die größten die Ausmaße von Sattelschleppern. Als wir uns einer von Felsen gesäumten Engstelle näherten, blieb Waylon wieder stehen. »Sehen Sie die Blätter auf dem Boden da vorne?« Ich nickte. »Springen Sie weit drüber. Verstanden?«
    »Verstanden. Aber warum?«
    »Damit Sie nicht von den Mokassinschlangen gebissen werden, die sich dort kringeln.«
    Ich schaute genau hin und konnte gerade eben die drei dicken, gefleckten Mokassinschlangen erkennen, die sich auf dem Bett aus Laub zusammengerollt hatten. »Woher wussten Sie, dass die da liegen?«
    »Wegen der Angelhaken in ihrem Schwanz. Da bleiben sie immer hübsch in der Nähe des Hauses, wissen Sie?«
    »Angelhaken? Sie meinen, die sind mitten auf dem Weg angepflockt? Verdammt, Waylon, wie viele Fallen liegen noch zwischen uns und Cousin Vern? Und was ist, wenn er sich was Neues ausgedacht hat, von dem Sie noch nichts wissen?«
    »Das hier ist die letzte auf diesem Weg. Und Vern stellt keine weiteren Fallen auf, weil Vern die hier gar nicht aufgestellt hat.« Er sagte dies mit einer Mischung aus Sachlichkeit, Bescheidenheit und dem Stolz eines Künstlers, der sein Werk präsentiert. Ich hätte es wissen müssen.
    Wir folgten der Niederung, die sich allmählich zu einer kleinen Senke verbreiterte. In der Mitte schien eine sonnenbeschienene Lichtung zu liegen, obwohl ich, als wir näher kamen, sah, dass ein Großteil davon mit kleineren Bäumen bestanden war, drei bis dreieinhalb Meter hoch. An einem Ende der Lichtung stand ein kleines Haus – eigentlich eher eine Hütte –, aus dessen rostigem Rauchfang ein wenig Rauch aufstieg. Plötzlich begriff ich: Die Lichtung war kein Dickicht junger Bäume, sondern ein Feld mit riesigen Marihuana-Pflanzen, deren Stängel zum Teil so dick waren wie mein Handgelenk. Natürlich – warum sonst sollte ein Pfad durch den Wald mit Schrotflinten und Mokassinschlangen gespickt sein? Diese üppigen, blaugrünen Pflanzen, deren Blätter im Wind tanzten, waren das Herz der Schattenwirtschaft von Cooke County.
    Wir waren noch gut hundert Meter weit weg, da stieß Waylon einen durchdringenden Pfiff aus. Aus der Hütte drang ein tiefes Bellen, und eine klapprige Fliegengittertür ging quietschend auf und schlug wieder zu. Auf Beinen, die fast so lang waren wie meine, kam ein riesiger rotbrauner Hund auf uns zugesprungen, schlappohrig und irgendwie ein bisschen vertrottelt. Das Vieh stürmte auf Waylon zu und bäumte sich auf wie ein Hengst, um ihm seine riesigen Pfoten auf die Schultern zu legen. So stand er Auge in Auge mit Waylon und leckte ihm quer über den Mund. Waylon lachte und machte keinerlei Anstalten, der Schlabberzunge des Hundes auszuweichen.
    Nachdem genügend Küsschen ausgetauscht worden waren, ließ der Hund sich auf alle vier Pfoten plumpsen und kam herübergetrottet, um an meinem Schritt zu schnüffeln. Zum Glück inspirierte der Geruch ihn nicht, mich ebenfalls in den Genuss von Zungenküssen kommen zu lassen. »Den und Ihre Freundin sollten sie besser nicht zusammenkommen lassen«, sagte ich. »Einer von beiden wird wahrscheinlich eifersüchtig.«
    Waylon klopfte dem Hund auf den Rücken. »Das hier ist mein Kumpel. Schwer zu glauben, aber vor einem Jahr hat er noch in meine Hand gepasst. Kein besonders schlauer Hund, wie sich rausgestellt hat, aber ein richtig süßer, was, Duke?« Wie als Antwort darauf schleckte Duke glücklich

Weitere Kostenlose Bücher