Ancient BladesDie Metropole der Diebe
wissen.
Malden blinzelte in vorgetäuschter Verständnislosigkeit. »Was erledigen, mein Lord? Ich bin bloß auf der Stadtwiese herumspaziert, was ich des Nachts oft tue. Ich finde, das beruhigt das Gemüt. Ich bin mir nicht sicher, was da drüben vor sich geht.« Er deutete auf das grüne Feuer, das hinten auf der Wiese tanzte. »Aber Ihr solltet es auf jeden Fall untersuchen.«
Vry schnaubte höhnisch. »Und was ist das da an deinem Gürtel?«
Malden klopfte den Gürtel ab, als hätte er keine Ahnung, wovon der Vogt sprach. Dann sagte er »Oh!« und schnallte den Gürtel auf, um es zu entfernen. »Ihr meint das.« Der Lederstreifen war durch die Goldkrone gefädelt gewesen, die er unter seinem Umhang verborgen hatte. Er hielt sie Vry hin, der sie ihm entriss.
Der Vogt schloss die Augen und hielt die Krone mit beiden Händen in die Höhe. Er riss die Augen abermals auf und starrte Malden an, dann schloss er sie wieder und nickte. »Ja, natürlich, mein Lord«, sagte er dann, als spräche er mit der Krone. Er wandte sich an einen der Wächter. »Du da. Der Beutel.« Ein Samtsäckchen wurde gebracht und die Krone sorgfältig darin verstaut. »Sehr gut, Dieb«, sagte Vry.
Malden verneigte sich tief. »Und gibt es eine Belohnung? Ich ziehe Gold vor, aber ich nehme auch Silber, wenn es sein muss.«
»Ich zahle in Stahl«, erwiderte Vry mit einem kurzen hässlichen Lachen. »Du da – töte ihn! Dann bildet eine Abteilung und bringt seinen Leichnam zum Skrait. Beschwert ihn ordenlich, damit er nie gefunden wird.«
Ein Wächter mit Hellebarde warf sich nach vorn, aber Malden hatte damit gerechnet und war bereits in Bewegung. Flink zog er sich an der Mauer zum Göttinnengarten hinauf und ließ sich auf der anderen Seite in ein Gebüsch fallen. Auf dem Boden blieb er liegen und hielt die Luft an.
Ein halbes Dutzend Gesichter erschien oben auf der Mauer, auch Vry war dabei. Sie starrten lange in die Dunkelheit, bevor sie sich zurückzogen.
»Das macht keinen Unterschied. Sollen sich doch die Panher und Wölfe um ihn streiten«, knurrte Vry. »Sollte er die Nacht überleben, finden wir ihn eben morgen früh.«
Und sie rückten ab. Malden blieb noch eine Weile reglos liegen, und als er sicher war, dass kein Beobachtungsposten mehr da war, stand er auf und suchte seine Ahle.
Kapitel 96
»Beweg dich nicht!«, befahl Cyhera. Sie hielt Croys Hand fest umklammert. Seine andere Hand verkrampfte sich noch immer um Ghostcutters Griff. Er betrachtete die Klinge und entdeckte eine Kerbe in der Silberschneide, eine Wunde, die sie bei der Abwehr von Acidtongues Angriff davongetragen hatte. Croy fragte sich, ob ein Zwerg den Schaden wohl beheben konnte, oder ob er das Schwert zur Erinnerung an Bikker so belassen sollte.
»Es ist vorbei«, sagte Cyhera erneut. »Hazoh ist tot.«
»Hazoh?«, fragte Croy verwirrt. »Nein, das ist Bikker … das da drüben ist Bikker. Ich habe ihn getötet. Es musste sein.« Er mühte sich mit aller Kraft, sich aufzusetzen, aber sie drückte ihn zurück ins Gras. Ihren Händen vermochte er keinen Widerstand entgegenzusetzen.
Ihre Hände! Sie hatte ihn berührt, und zwar alles andere als sanft. Aber das konnte nur eines bedeuten. Mit einem wilden Ausdruck in den Augen starrte er sie an. Ihr Gesicht war … ungezeichnet. Die Flüche, die ihre Haut geschmückt hatten, waren verschwunden. Und zwar alle.
Sie war noch schöner, als er sie in Erinnerung hatte. Ihre Haut war makellos und zart, ihre Augen dunkle Teiche voller Weisheit und Ruhe. Ihre schlanken Arme wurden nicht einmal mehr von einem aufgemalten Blatt geschmückt.
Sie war frei.
»Da drüben«, sagte sie und zeigte auf eine Säule im Gras, die an verbranntes Holz erinnerte. Als Croy hinsah, brach sie in sich zusammen wie ein verkohltes Kaminscheit, das sich in Asche und Holzkohle verwandelt. »Das ist alles, was von meinem Vater noch übrig ist.«
»Und deine Mutter?«, wollte Croy wissen.
»Ich bin ebenfalls hier, aber in besserem Zustand.« Plötzlich stand Coruh zu Croys Füßen und blickte auf ihn herunter.
Sie sah genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte. Wildes, ungekämmtes Haar in der Farbe frisch geschmiedeten Eisens. Eine Nase, so dünn und scharf wie eine Hellebardenklinge, und Augen, denen nichts entging. Sie sah nicht erfreut aus, aber das war ihr auch kaum zu verdenken. Die letzten zehn Jahre hatte sie eingesperrt in einem magischen Kreis verbracht. Während der letzten Tage war sie ein Baum gewesen. Nun trug sie
Weitere Kostenlose Bücher