Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
weiß-grauen Farbton an wie sein Haar.
    Ein unheilvolles Klopfen ertönte unten an der Treppe.
    »Kinder? Macht ihr euch schon wieder auf dem Dachboden zu schaffen? Kommt herunter!«
    »Wir sitzen nur auf den Stühlen, Mom!« rief Harry hinunter.
    »Daß ihr mir nicht die Stühle kaputtmacht! Kommt augenblicklich herunter!«
    Klein Eddie glitt von dem Stuhl und wollte hinuntereilen.
    »Ich will das Auto«, flüsterte Harry. »Und wenn du es mir nicht gibst, dann werde ich Mom sagen, daß du in ihren Kleidern herumgestöbert hast.«
    »Ich habe nichts getan!« heulte Klein Eddie und stürmte die Treppe hinunter.
    »Hey, Mom, ehrlich, wir haben nichts kaputtgemacht!« rief Harry. Er erkaufte sich noch ein paar Minuten mit den Worten: »Ich komme gleich«, stand auf und ging zu dem Pappkarton voll interessanter Bücher, der ihm am Tag vor dem Geburtstag seines Bruders aufgefallen und der sein Ziel gewesen war, bevor er sich an den Roadster erinnert und Klein Eddie herauf gelockt hatte.
    Als Harry kurze Zeit später zu der Tür herauskam, welche zur Dachbodentreppe führte, hatte er ein zerlesenes Taschenbuch unter dem Arm. Klein Eddie stand vor Elend und Wut zitternd vor dem Zimmer, das sich die beiden Jungen mit ihrem älteren Bruder Albert teilen mußten. Er hielt ihm ein kleines blaues Spielzeugauto aus Metall hin, das Harry sofort ergriff und in der Tasche seiner Jeans verschwinden ließ.
    »Wann bekomme ich es zurück?« fragte Klein Eddie.
    »Nie«, sagte Harry. »Nur egoistische Leute wollen Geschenke zurückhaben. Weißt du denn überhaupt nichts?« Als Eddie das Gesicht wieder zum Weinen verzog, deutete Harry auf das Buch in seiner Hand und sagte: »Ich habe hier etwas, das dich vor Mrs. Franken schützen wird, also hör auf zu jammern.«

    Seine Mutter trat ihm entgegen, als er die Stufen zum Hauptgeschoß des kleinen Hauses herabkam - wo Küche und Wohnzimmer, beider Böden mit ausgetretenem Linoleum belegt, sich befanden, vom tatsächlichen ›Müllraum‹ durch einen steifen Wollvorhang getrennt, eine behelfsmäßige Kammer, wo Edgar Beevers schlief, und schließlich das größere Schlafzimmer, das für Maryrose reserviert war. Kinder durften nie mehr als ein paar Schritte in dieses ehrfurchtgebietende Gemach hinein, sie konnten ja Maryroses geheimnisvolle ›Papiere‹ durcheinanderbringen oder die Reihen antiker Puppen verwüsten, welche auf dem Fenstersims saßen, der einzigen architektonischen Besonderheit des Hauses der Beevers.
    Maryrose Beevers stand am Fuß der Treppe und betrachtete ihren vierten Sohn argwöhnisch. Sie sah meistens nicht wie eine Frau aus, die mit Puppen gespielt hatte, und jetzt schon gar nicht. Ihr Haar war im Nacken zu einem Knoten zusammengefaßt. Rauch von der Zigarette kräuselte sich an der großen Schmetterlingsbrille vorbei, hinter der ihre Augen aufgequollen aussahen.
    Harry steckte die Hand in die Hosentasche und legte sie schützend um den Ultraglide Roadster.
    »Die Dinge dort oben sind der Besitz meiner Familie«, sagte sie. »Zeig mir, was du genommen hast.«
    Harry zuckte die Schultern und streckte ihr das Taschenbuch hin, als er in Reichweite ihrer Arme gekommen war.
    Seine Mutter entriß es ihm und neigte den Kopf, um es durch den Zigarettenrauch zu betrachten. »Oh. Ist das aus der kleinen Schachtel dort oben? Dein Vater pflegte immer so zu tun, als würde er Bücher lesen.« Sie betrachtete blinzelnd die Schrift auf dem Umschlag. » Hypnose leicht gemacht. Schund vom Drugstore. Das möchtest du lesen?«
    Harry nickte.
    »Ich glaube kaum, daß dir das schaden kann.« Sie gab ihm das Buch gleichgültig zurück. »Leute aus besseren Kreisen lesen Bücher, weißt du - ich habe viel gelesen, bevor ich hier bei dieser Bande von Dummköpfen hängenblieb. Mein Vater besaß viele Bücher.«
    Maryrose tätschelte dem Jungen beinahe den Kopf, aber dann zog sie die Hand zurück. »Du bist mein Schüler, Harry. Du bist derjenige, der es zu etwas bringen wird.«
    »Ich werde nächstes Jahr in der Schule gut sein«, sagte er.
    » Sehr gut. Du wirst sehr gut sein. Solange du dir nicht sämtliche Chancen verdirbst, indem du wie dein Vater sprichst.«
    Harry verspürte diesen besonderen Schmerz, eine Mischung aus Abscheu, Scham und Entsetzen, der ihn überkam, wenn Maryrose so von seinem Vater sprach. Er murmelte etwas, das wie Zustimmung klang, dann ging er in einem Bogen um sie herum.

    2

    Die Veranda vor dem Haus der Beevers erstreckte sich zu beiden Seiten der Tür sechs

Weitere Kostenlose Bücher