Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

Titel: ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Christian Andersen , H.C. Andersen
Vom Netzwerk:
daß sie nun vor ihrem Gotte stand.
     
    Aber draußen im Walde blühte die wunderbare Pflanze, die bald wie ein Baum anzusehen war. Und alle Zugvögel kamen und neigten sich vor ihr, besonders die Schwalben und Störche.
     
    "Das ist ein ausländisches Gehabe!" sagten die Distel und die Klette, "so würden wir uns doch hier niemals aufführen!"
     
    Und die schwarzen Waldschnecken spuckten auf den Baum.
     
    Da kam der Schweinehirt, er raufte Disteln und Ranken aus, um sie zu Asche zu verbrennen; den ganzen wunderbaren Baum, mit allen Wurzeln riß er aus und stopfte ihn mit in das Bund. "Er muß auch Nutzen bringen!" sagte er, und dann war es getan.
     
    Aber nach Jahr und Tag litt des Landes König an der tiefsten Schwermut; er war fleißig und arbeitssam, aber es half nichts. Es wurden ihm tiefsinnige Schriften vorgelesen und auch die allerleichtesten, aber auch das half nichts. Da kam Botschaft von einem der weisesten Männer der Welt. Man hatte sich an ihn gewendet und er ließ sie wissen, daß sich ein sicheres Mittel finde, den Leidenden zu kräftigen und zu heilen. "In des Königs eigenem Reiche wächst im Walde eine Pflanze himmlischen Ursprungs, so und so sieht sie aus, man kann sich gar nicht irren!" - und dann folgte eine Zeichnung der Pflanze, sie war leicht zu erkennen. - "Sie grünt Sommer und Winter; man nehme jeden Abend ein frisches Blatt davon und lege es auf des Königs Stirn, da wird es seine Gedanken licht machen, und ein schöner Traum wird ihn für den kommenden Tag stärken!"
     
    Das war nun deutlich genug, und alle Doktoren und der Professor der Botanik gingen in den Wald hinaus. - Ja, aber wo war die Pflanze?
     
    "Ich habe sie wohl mit in mein Bund gepackt!" sagte der Schweinehirt. "Sie ist schon längst zu Asche geworden, aber ich verstand es nicht besser!"
     
    "Er verstand es nicht besser!" sagten alle. "Unwissenheit! Unwissenheit wie groß bist Du." Und diese Worte konnte sich der Schweinehirt zu Herzen nehmen, denn ihm und keinem anderen galten sie.
     
    Nicht ein Blatt war zu finden, das einzige lag in dem Sarge der Toten, und das wußte niemand.
     
    Der König selbst kam in seiner Schwermut in den Wald zu dem Orte hinaus. "Hier hat der Baum gestanden" sagte er, "das ist ein heiliger Ort"
     
    Und die Erde wurde mit einem goldenen Gitter eingefaßt und eine Schildwache stand Tag und Nacht davor.
     
    Der Professor der Botanik schrieb eine Abhandlung über die himmlische Pflanze, und dafür wurde er vergoldet. Das war ihm ein großes Vergnügen. Und die Vergoldung kleidete ihn und seine Familie, und das ist das Erfreulichste an der ganzen Geschichte, denn die Pflanze war fort und der König war schwermütig und betrübt - "aber das war er auch schon vorher!" sagte die Schildwache.
     

 
    Die Glocke
     
    In den engen Straßen der großen Stadt hörte bald der eine, bald der andere am Abend, wenn die Sonne unterging und die Wolken zwischen den Schornsteinen golden aufleuchteten, einen wunderlichen Laut, fast wie der Ton einer Kirchenglocke, aber man hörte ihn nur für einen Augenblick, dann wurde er wieder von dem Geräusch der rasselnden Wagen und des Straßenlärms übertönt. "Nun läutet die Abendglocke." sagte man, "nun geht die Sonne unter."
     
    Wenn man außerhalb der Stadt war, wo die Häuser von Gärten und kleinen Feldern umgeben waren und weiter voneinander entfernt standen, sah man den Abendhimmel noch prächtiger und hörte den Glockenklang weit stärker. Es war, als käme der Ton von einer Kirche tief in dem stillen, duftenden Walde; und die Leute blickten hinüber und wurden ganz andächtig.
     
    Lange Zeit ging darüber hin. Der eine sagte zum andern: "Ob wohl eine Kirche draußen im Walde liegt? Die Glocke hat doch einen wunderbar schönen Klang; sollten wir nicht einmal hinaus und sie ein wenig näher betrachten?" Und die reichen Leute fuhren, und die armen gingen, aber der Weg wurde ihnen so seltsam lang, und als sie bei einer Gruppe von Weidenbäumen anlangten, die am Saume des Waldes standen, setzten sie sich nieder, blickten zu den Zweigen empor und glaubten, nun recht im Grünen zu sein. Der Konditor aus der Stadt kam heraus und schlug sein Zelt auf, und dann kam noch ein Konditor. Der hing eine Glocke über seinem Zelte auf, und zwar eine Glocke, die geteert war, damit sie auch Regen vertragen könne, nur der Klöppel fehlte darin. Wenn dann die Leute wieder nachhause gingen, sagten sie, es sei sehr romantisch gewesen. Drei Personen versicherten, daß sie

Weitere Kostenlose Bücher