ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)
Handlungsgehülfen, und diese wohnten in den Holzbuden der "Kleinhäuschengasse" und besorgten den Verkauf von Bier und Gewürz. Das deutsche Bier war so gut, und es gab so viele Sorten: Bremer, Prysinger, Emser Bier - ja, Braunschweiger Mumme, und dann alle die Gewürze wie Safran, Anis, Ingwer und besonders Pfeffer. Dieser spielte die Hauptrolle hier, und daher trug er auch den deutschen Handlungsgehülfen in Dänemark den Namen "Pfefferschwengel" ein. Sie mußten sich zuhause sonderbarerweise verpflichten, sich hier oben nicht zu verheiraten. Viele von ihnen wurden hier alt; selbst mußten sie für sich sorgen, im Hause umherpusseln und kramen, selbst ihr Feuer machen - daher wurden einige ganz eigenartige alte Burschen mit wunderlichen Gedanken und Gewohnheiten. Nach ihnen nannte man bald jede unverheiratete Mannsperson, die in ein gesetzteres Alter kam, einen "Pfefferschwengel". Alles dies muß man wissen, um die Geschichte zu verstehen.
Man macht sich über den Junggesellen lustig und sagt, er solle sich seine Nachtmütze über die Ohren ziehen und zu Bett gehen:
"Schneidet Holz zu Schwellen,
Ihr alten Junggesellen.
Die Nachtmütz liegt bei Euch im Bett,
Doch kein Feinsliebchen weich und nett."
Ja, so singt man von ihnen! Man verspottet den Junggesellen und seine Nachtmütze - just weil man ihn und sie so wenig kennt - ach, die Nachtmütze soll
man sich nie herbeiwünschen! Und weshalb nicht? Ja, hört nur! Die Kleinhäuschengasse war in jenen früheren Zeiten nicht gepflastert, die Leute traten von einem Loch in das andere; es war so enge dort, und die Häuser lehnten sich über die Gasse hinweg so dicht zueinander, daß oft von einem Haus zum anderen ein Seil gespannt wurde, und immer war in dieser Enge ein gewürziger Geruch von Pfeffer, Safran und Ingwer. Hinter dem Tische standen nicht viel junge Leute, meist waren es alte Burschen, doch waren sie nicht, wie wir sie uns denken, mit Perücke oder Nachtmütze bekleidet oder mit Kniehosen und hoch hinaufgeknöpften Westen und Röcken, nein, so ging Urgroßvaters Urgroßvater gekleidet, und so steht er noch heute auf dem gemalten Bilde, die Pfefferschwengel hatten nicht die Mittel, sich malen zu lassen, und doch wären sie es wert gewesen, daß man von ihnen ein Bild aufbewahrt hätte, so wie sie dort hinter den Tischen standen und im Feiertagsrocke zur Kirche wanderten. Der Hut war breitkrempig und hatte einen hohen Kopf, oft schmückte ein junger Gesell ihn mit einer Feder. Das wollene Hemd war von einem heruntergeklappten Leinenkragen bedeckt, das Wams war eng anliegend und fest zugeknöpft, der Mantel hing lose darüber und die Hosen reichten bis in die breiten Schnabelschuhe hinab, denn Strümpfe trugen sie nicht. Im Gürtel steckten Messer und Löffel und meist noch ein großes Messer, um sich damit wehren zu können, davon mußte man in jenen Zeiten oft Gebrauch machen. Ganz, wie eben beschrieben, ging an den Feiertagen der alte Anton, einer der ältesten Pfefferschwengel der Kleinhäuschengasse, gekleidet, nur hatte er nicht den hochköpfigen Hut, sondern eine Kapuze auf, und unter dieser noch eine gestrickte Mütze, eine richtige Nachtmütze. An die hatte er sich so gewöhnt, daß sie immer auf seinem Kopfe sitzen blieb. Er besaß zwei Stück davon. Er war zum Malen wie geschaffen; dürr wie ein Stock, mit tiefen Runzeln um Mund und Augen, hatte er lange, knochige Finger und buschige, graue Augenbrauen. Über dem linken Auge hing ein zottiges Büschel Haare, schön war es nicht, aber man konnte ihn sogleich daran erkennen. Man wußte von ihm, daß er aus Bremen war, und doch kam er eigentlich nicht daher, nur sein Herr wohnte dort. Er selbst stammte aus Thüringen, aus der Stadt Eisenach, dicht unter der Wartburg. Davon pflegte der alte Anton nicht viel zu sprechen, desto mehr dachte er daran.
Die alten Handlungsgehülfen in der Gasse kamen selten zusammen, jeder blieb in seinem Laden, der zeitig am Abend geschlossen wurde. Dann sah es dort düster aus, nur ein matter Lichtschein drang durch das kleine Hornfenster am Dache hinaus, hinter dem gewöhnlich der alte Gesell mit seinem deutschen Gesangbuche auf dem Bettrand saß und sein Abendlied sang. Mitunter ging er auch bis tief in die Nacht hinein im Hause umher und pusselte allerlei Kram zurecht, kurzweilig war es sicherlich nicht. Fremd im fremden Lande leben zu müssen ist ein bitteres Los, niemand bekümmert sich um einen, außer, wenn man jemandem im Wege
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