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ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

Titel: ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Christian Andersen , H.C. Andersen
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Lippen ertönte der Meßgesang. Klein-Helga sang ihn mit, wie das Kind in den Gesang der Mutter einstimmt. Sie schwang das Räucherfaß, und ein Altarduft drang daraus hervor, so stark, so wundertätig, daß Schilf und Rohr im Sumpfe erblühten. Alle Keime schossen aus dem tiefen Grunde empor, alles, was Leben hatte, erhob sich, und ein Flor von Wasserrosen breitete sich über das Wasser wie ein gewirkter Blumenteppich. Darauf ruhte ein schlafende" Weib, jung und schön, Klein-Helga glaubte sich selbst zu sehen, ihr Spiegelbild in dem stillen Gewässer. Es war ihre Mutter, die sie sah, des Moorkönigs Weib, die Prinzessin von den Wassern den Nils.
     
    Der tote christliche Priester gebot, die Schlafende auf das Pferd zu heben, doch es sank unter der Bürde zusammen, als sei sein Leib nur ein Totenlaken, da' im Winde flattert. Aber das Zeichen des Kreuzes machte das Luftphantom stark, und alle drei ritten, bis sie festen Boden unter den Füßen fohlten.
     
    Da krähte der Hahn in der Burg des Wiking, und die Geister lösten sich in Nebel auf, die vor dem Winde trieben; aber einander gegenüber standen sich Mutter und Tochter.
     
    "Bin ich es selbst, die ich im tiefen Wasser sehe?" sagte die Mutter.
     
    "Bin ich es selbst, die ich im blanken Schilde schaue? rief die Tochter aus, und sie näherten sich einander, Brust an Brust, Arm in Arm. Am stärksten schlug das Herz der Mutter, und sie verstand es.
     
    "Mein Kind! Meines eigenen Herzens Blüte! Mein Lotus aus den tiefen Gewässern."
     
    Und sie umarmte ihr Kind und weinte; diese Tränen waren Klein-Helgas Taufe durch die Liebe.
     
    "Im Schwanenkleid kam ich hierher und warf es ab" sagte die Mutter. "Ich versank durch den schwankenden Moorboden tief hinein in den schlammigen Sumpf, der sich wie eine Mauer um mich schloß. Doch bald fühlte ich eine frischere Strömung; eine Kraft zog mich tiefer und immer tiefer hinab, ich fühlte die Hand des Schlafes auf meinen Lidern, ich schlief ein, ich träumte - mir war es, als läge ich wieder in Ägypten in der Pyramide, aber vor mir stand noch immer der schwankende Erlenstamm, der mich schon auf der Oberfläche des Moore erschreckt hatte. Ich betrachtete die Risse in der Borke, sie leuchteten farbig und verwandelten sich in Hieroglyphen; es war die Mumienhülle, die ich betrachtete. Da barst sie, und daraus hervor trat der tausendjährige Herrscher in Mumiengestalt, schwarz wie Pech und glänzend wie die Waldschnecke oder der fette schwarze Morast; war es der Moorkönig oder die Mumie der Pyramide, ich wußte es nicht. Er schlang seine Arme um mich, und mir war es, als müsse ich sterben. Daß ich lebte, spürte ich erst wieder, als ich etwas Warmes an meiner Brust fühlte; dort saß ein kleiner Vogel, schlug mit den Flügeln und zwitscherte und sang. Vor meiner Brust flog er aufwärts zu der dunklen, schweren Decke, doch ein langes grünes Band hielt ihn noch bei mir fest. Ich hörte und verstand die Töne seiner Sehnsucht: Freiheit! Sonnenschein. Zum Vater! - Da gedachte ich meines Vaters im sonnigen Lande der Heimat, meines Lebens, meiner Liebe. Und ich löste das Band und ließ ihn fortflattern - zum Vater heim. Seit jener Stunde habe ich nicht mehr geträumt, ich schlief einen Schlaf gar schwer und lang, bis in dieser Stunde Töne und Duft mich aufhoben und erlösten!"
     
    Das grüne Band, das des Vogels Schwinge an das Herz der Mutter knüpfte, wo flatterte es jetzt? Wo hatte man es hingeworfen? Nur der Storch hatte es gesehen; das Band war der grüne Stengel, und die Schleife die leuchtende Blüte, die Wiege des Kindes, das so lieblich herangewachsen war und nun wieder am Herzen der Mutter ruhte.
     
    Und während sie dort Arm in Arm standen, flog der Storchvater in großen Kreisen um sie herum, schlug dann die Richtung nach seinem Neste ein, holte von dort die jahrelang verwahrten Schwanenkleider und warf eines für jede herab. Die Schwanenhaut schmiegte sich um sie, und sie erhoben sich von der Erde als zwei weiße Schwäne.
     
    "Nun können wir miteinander sprechen!" sagte der Storchvater, "jetzt sprechen wir eine Sprache, mögen auch unsere Schnäbel verschieden zugeschnitten sein! Es trifft sich so glücklich wie nur irgend möglich, daß Ihr heute noch kommt, denn morgen wären wir fortgewesen, Mutter, ich und die Jungen. Wir fliegen nach Süden. Ja, schaut mich nur an, ich bin ja ein alter Freund aus dem Nillande, und Mutter auch, es steckt ein goldenes Herz hinter ihrem rauhen Schnabel. Sie hat immer

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