Ange Pitou, Band 1
Demonstration als ein Zeichen der Drohung. Pitou war also auf seiner Hut.
Unser Held hatte sich nicht getäuscht: als er wegging oder vielmehr, sobald man außerhalb der Zubehör des Schulhauses war, wurde Pitou durch die sechs Schüler, die zur Strafe hatten zurückbleiben müssen, bedeutet, er habe ihnen die zwei Stunden Gefangenschaft mit Kosten, Zinsen und Kapital zu bezahlen.
Pitou begriff, es handle sich um einen Zweikampf auf die Fäuste. Er erklärte also, er sei bereit sich in einen Kampf mit demjenigen von seinen Gegnern einzulassen, welcher beginnen wolle, und hintereinander seinen sechs Feinden standzuhalten. Durch diese Erklärung erwarb sich der neue Schüler schon ein ziemlich großes Ansehen.
Die Bedingungen wurden festgestellt, wie sie Pitou vorgeschlagen. Es bildete sich ein Kreis um den Kampfplatz, und die Streiter rückten, nachdem sie, der eine sein Wams, der andre seinen Rock abgelegt hatten, gegeneinander an.
Wir haben von den Händen von Pitou gesprochen. Diese Hände, die nicht angenehm anzusehen waren, waren noch minder angenehm zu fühlen. Pitou ließ am Ende jedes Armes eineFaust so groß wie ein Kindskopf baumeln, und obgleich das Boxen in Frankreich noch nicht eingeführt war und folglich Pitou kein Elementarprinzip von dieser Kunst erhalten hatte, gelang es ihm doch, seinem ersten Gegner einen so hermetisch angepaßten Faustschlag auf das Auge zu geben, daß es sich auf der Stelle mit einem schwarzen Kreise umzog.
Der zweite trat vor. Hatte Pitou gegen sich die Anstrengung eines zweiten Kampfes, so war sein Gegner seinerseits sichtbar minder stark, als der erste. Der Kampf dauerte daher nicht lange. Die furchtbare Faust senkte sich auf die Nase, und die zwei Nasenlöcher zeugten sogleich für die Gültigkeit des Schlages, indem sie einen doppelten Blutbach entströmen ließen.
Der dritte kam mit einem zerbrochenen Zahn davon; dieser war am wenigsten von allen beschädigt. Die andern erklärten sich für befriedigt.
Pitou durchschritt die Menge, die sich vor ihm mit der einem Triumphator schuldigen Achtung öffnete, und zog sich gesund und wohlbehalten nach seinem Herde, d.h. nach dem seiner Tante, zurück.
Als am andern Morgen die drei besiegten Schüler ankamen, wurde eine Untersuchung vom Abbé Fortier angestellt. Doch die Schüler haben auch ihre gute Seite. Nicht einer von den Verstümmelten war schwatzhaft, und auf mittelbarem Wege, nämlich durch einen Zeugen des Streites, der der Schule völlig fremd, erfuhr der Abbé Fortier am andern Tag, Pitou habe auf den Gesichtern seiner Zöglinge den Schaden angerichtet, durch den am Tage vorher seine Besorgnis erregt worden war.
Der Abbé Fortier bürgte in der That den Eltern nicht nur für das Moralische, sondern auch für das Physische seiner Schüler. Der Abbé Fortier hatte eine dreifache Klage von den drei Familien erhalten. Eine Genugthuung war unerläßlich. Pitou mußte drei Tage zurückbleiben. Einen Tag für das Auge, einen andern Tag für die Nase, einen Tag für den Zahn.Diese drei Tage Schulstubenarrest gaben Mademoiselle Angelique eine geistreiche Idee ein, nämlich die, Pitou sein Mittagessen zu entziehen, so oft ihm der Abbé Fortier den Ausgang entziehen würde. Dieser Entschluß mußte notwendig zum Nutzen der Erziehung von Pitou ausfallen, weil er sich zweimal besinnen würde, ehe er Fehler beginge, die eine doppelte Strafe nach sich zögen.
Nur begriff Pitou nie recht, warum er Anzeiger genannt und warum er bestraft worden war, weil er diejenigen geschlagen, die ihn hatten schlagen wollen; doch wenn man alles in der Welt begriffe, so würde man dadurch einen von den Hauptreizen des Lebens, den des Geheimnisses und des Unvorhergesehenen, verlieren.
Pitou blieb seine drei Tage in der Schule zurück und begnügte sich während dieser drei Tage mit seinem Frühstück und seinem Nachtessen, war jedoch mit dieser Entbehrung nicht gerade zufrieden.
Die Strafe, die Pitou erstanden, ohne daß es ihm nur entfernt einfiel, den Angriff zu verraten, den er nur erwidert hatte, trug ihm indessen die allgemeine Achtung ein. Es ist nicht zu leugnen, die drei majestätischen Faustschläge, die man ihn hatte erteilen sehen, waren vielleicht von einigem Gewicht bei dieser Achtung.
Von diesem Tage an war das Leben von Pitou ungefähr das der andern Schüler, nur mit dem Unterschied, daß die andern Schüler die Wechselfälle der Komposition durchmachten, während Pitou beharrlich unter den fünf bis sechs Letzten blieb, und
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