Ange Pitou, Band 1
beinahe immer eine Summe von Schulstubenarresten doppelt so groß, als die seiner Mitschüler, anhäufte.
Doch eines, was in der Natur von Pitou lag, was von der ersten Erziehung herrührte, die er erhalten, oder vielmehr nicht erhalten hatte, eines, was man wenigstens für ein drittel bei seinen zahlreichen Schulstubenarresten rechnen mußte, war seine Neigung für die Tiere.
Die erwähnte Truhe, die seine Tante Angelique mit dem Namen Pult geschmückt hatte, war infolge ihres Umfangsund der zahlreichen Fächer, mit denen Pitou ihr Inneres bereicherte, eine Art von Arche Noah geworden, welche alle Arten von kletternden, kriechenden und fliegenden Tieren enthielt. Es fanden sich darin Schlangen, Eidechsen, Ameisenlöwen, Käfer und Frösche, welche Tiere Pitou um so teurer wurden, als er ihretwegen, mehr oder minder harte Strafen zu erdulden hatte.
Bei seinen Spaziergängen in der Woche sammelte Pitou für seine Menagerie. Er hatte sich Salamander gewünscht, die in Villers-Cotterets als das Wappen von Franz I., das dieser an allen Kaminen hatte anbringen lassen, sehr populär sind: es war ihm gelungen, sich solche zu verschaffen. Ein Umstand nahm ihn hierbei sehr in Anspruch, und er setzte dies am Ende unter die Zahl der Dinge, die seinen Verstand überstiegen: er hatte nämlich diese Reptile immer im Wasser gefunden, von denen die Dichter behaupteten, sie leben im Feuer. Dieser Umstand erregte in Pitou, der ein genauer Geist war, eine tiefe Verachtung gegen die Dichter.
Als Pitou Eigentümer von zwei Salamandern war, suchte er das Chamäleon auf. Doch diesmal waren alle seine Forschungen vergeblich, und kein Resultat krönte seine Bemühung. Pitou schloß am Ende aus diesen fruchtlosen Versuchen, das Chamäleon existiere nicht, oder es existiere wenigstens unter einer andern Breite.
Die zwei andern drittel der Arreste von Pitou rührten von den verdammten Solöcismen und den verfluchten Barbarismen her, die in den Aufgaben von Pitou wuchsen, wie die Trespe in den Kornfeldern wächst.
Was die Donnerstage und Sonntage betrifft, an denen er frei hatte, so wurden sie auf den Tränkherd und die Wilderei verwendet; nur, da Pitou immer mehr wuchs und sechszehn Jahre zählte, kam ein Umstand hinzu, der Pitou ein wenig von seinen Lieblingsbeschäftigungen ablenkte.
An dem Wege nach der Wolfsheide lag das Dorf Pisseleu. In diesem Dorf war der Pachthof des Vaters Billot, und auf der Schwelle dieses Pachthofs stand beinahe jedes Mal,wenn Pitou daran vorbeiging, ein hübsches, frisches, lebendiges heiteres Mädchen, das man nach seinem Taufnamen Katherine, viel öfter aber noch nach dem Namen ihres Vaters, die Billotte nannte.
Pitou fing damit an, daß er die Billotte grüße. Allmählig faßte er sich sodann ein Herz und grüßte sie lächelnd; dann an einem schönen Tag, nachdem er gegrüßt, nachdem er gelächelt hatte, blieb er stehen und wagte errötend die Worte, die er als eine große Kühnheit betrachtete:
Guten Morgen, Jungfer Katharine.
Katharine war ein gutes Mädchen, sie empfing Pitou als einen alten Bekannten. Es war in der That ein alter Bekannter, denn seit zwei Jahren sah sie ihn vor dem Pachthofe wenigstens einmal in der Woche hin und her gehen, nur sah Katharine Pitou, und Pitou sah Katharine nicht. Als nämlich Pitou so vorüberging, war Katharine sechszehn Jahre alt und Pitou vierzehn.
Allmählig war Katharine dahin gekommen, daß sie die Talente von Pitou schätzte, denn Pitou teilte ihr Proben davon mit, indem er ihr seine schönsten Vögel und seine fettesten Kaninchen bot. Infolgedessen machte Katharine Pitou Komplimente, und Pitou, der um so empfänglicher für Komplimente war, als er selten solche erhielt, überließ sich dem Zauber der Neuheit, und statt wie früher, seine Wanderung bis zur Wolfsheide fortzusetzen, blieb er auf halbem Wege stehen; und statt seinen ganzen Tag mit der Buchellese oder mit dem Legen der Schlingen zuzubringen, verlor er seine Zeit damit, daß er bei dem Pachthofe des Vaters Billot umherstrich, in der Hoffnung, Katharine einen Augenblick zu sehen.
Daraus ging eine merkliche Verminderung im Ertrage der Kaninchenbälge und ein beinahe völliger Mangel an Rotkehlchen und Drosseln hervor.
Die Tante Angelique beklagte sich. Pitou antwortete, die Kaninchen werden mißtrauisch, und die Vögel, welche die Fallen erkannt haben, trinken aus der Höhlung der Blätter und der Baumstämme.Eines tröstete die Tante Angelique über den Verstand der Kaninchen und diese
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