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Ange Pitou, Band 3

Titel: Ange Pitou, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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empor stiegen. Und indem er Pitous Besuch, als den eines gefallenen Engels tragisch auffaßte, ermahnte er Sebastian mit aller ihm zu Gebote stehenden Beredsamkeit, ein guter und echter Royalist zu bleiben.
    Unter einem guten und echten Royalisten verstand der Abbé Fortier durchaus nicht, was der Doktor Gilbert darunter verstand.
    Er vergaß, der gute Abbé, daß in Betracht dieser Verschiedenheit im Verstehen derselben Worte seine Propaganda eine schlimme Handlung war, da er unwillkürlich den Geist des Sohnes gegen den des Vaters zu bewaffnen suchte. Doch fand er in Sebastian hiefür keinen guten Boden.
    Eine seltsame Erscheinung! in dem Alter, wo die Kinder noch der weiche Ton sind, von dem der Dichter spricht, wo jedes Siegel, das man auf sie drückt, sein Gepräge zurückläßt, besaß Sebastian durch die Entschlossenheit und Zähigkeit des Gedankens bereits etwas Männliches.
    War das der Sohn der aristokratischen Natur, die bis zum Abscheu einen Plebejer verachtet hatte?
    Oder war es wirklich die Aristokratie des Plebejers, in Gilbert bis zum Stoicismus getrieben?
    Der Abbé Fortier war nicht imstande, ein solches Geheimnis zu ergründen; er wußte, daß der Doktor ein etwas exaltierter Patriot war; er versuchte es, mit der versöhnenden Naivität der Geistlichen, ihm seinen Sohn für das Wohl des Königs und die Ehre Gottes zu reformieren.
    Während Sebastian sehr aufmerksam schien, horchte er nicht auf diese Ratschläge; er dachte gerade an die unbestimmten Visionen, die ihn unter den großen Bäumen des Parkes von Villers-Cotterets seit einiger Zeit wieder überfallen hatten, wenn der Abbé Fortier seine Zöglinge nach dem Clouis-Steine, dem St. Huberts-Brunnen oder nach Latour-Aumont führte. Er vertiefte sich in die Sinnenblendungen, die ihm ein zweites Leben neben seinem natürlichen Leben bildeten, ein betrügliches Leben von poetischen Glückseligkeiten neben der unempfindlichen Prosa seiner Studien- und Schultage.
    Plötzlich öffnete sich die Thüre der Rue de Soissons mit einer gewissen Heftigkeit und gewährte mehreren Menschen Eingang. Diese Menschen waren der Maire der Stadt Villers-Cotterets, der Adjunkt und der Sekretär der Mairie.
    Hinter ihnen erschienen zwei Gendarmeriehüte, und hinter diesen fünf bis sechs Köpfe von Neugierigen.
    Beängstigt, ging der Abbé gerade auf den Maire zu.
    Was giebt es denn, Herr Longpre? fragte er.
    Herr Abbé, antwortete in ernstem Tone der Maire, haben Sie Kenntnis von dem neuen Dekret des Kriegsministeriums?
    Nein, Herr Maire.
    So bemühen Sie sich, es zu lesen.
    Der Abbé nahm die Depesche und las sie.
    Während er las, erbleichte er.
    Nun? fragte er ganz bewegt.
    Nun, Herr Abbé, die Herren der Nationalgarde von Haramont sind da und erwarten eine Waffenauslieferung.
    Der Abbé machte einen Sprung, als wollte er die Herren von der Nationalgarde verschlingen.
    Da näherte sich Pitou, der dachte, der Augenblick, sich zu zeigen, sei gekommen, gefolgt von seinem Leutnant und seinem Sergeanten.
    Hier sind sie! sagte der Maire.
    Die Gesichtsfarbe des Abbes war vom Weißen ins Rote übergegangen.
    Diese Bursche! rief er, diese Taugenichtse!
    Der Maire war ein guter Mann, er hatte noch keine entscheidende politische Meinung; er verdarb es mit keiner Partei und wollte sich weder mit Gott, noch mit der Nationalgarde entzweien.
    Die Schmähungen des Abbes Fortier erregten bei ihm ein schallendes Gelächter, mit dem er die Lage beherrschte.
    Ihr hört, wie der Abbé die Nationalgarde von Haramont behandelt, sagte er zu Pitou und seinen zwei Offizieren.
    Das ist so, weil uns der Abbé Fortier als Kinder gesehen hat und immer noch für Kinder hält, erwiderte Pitou mit seiner melancholischen Sanftmut.
    Diese Kinder sind aber Männer geworden, sprach mit dumpfem Tone Maniquet, indem er seine verstümmelte Hand gegen den Abbé ausstreckte.
    Und diese Männer sind Schlangen! rief der gereizte Abbé.
    Und Schlangen, die beißen werden, wenn man sie verletzt, sagte der Sergeant Claude.
    Der Maire ahnte in diesen Drohungen nur die zukünftige Revolution.
    Der Abbé erriet darin das Martyrium.
    Sprecht, was will man von mir? sagte er.
    Man will einen Teil von den Waffen, die Sie hier haben, antwortete der Maire, der alles zu versöhnen suchte.
    Diese Waffen gehören nicht mir, entgegnete der Abbé.
    Wem gehören sie denn?
    Sie gehören seiner Hoheit dem Herzog von Orleans.
    Einverstanden, Herr Abbé, versetzte Pitou; doch das ist kein Hindernis.
    Wie, das ist kein Hindernis?

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