Ange Pitou, Band 3
unmögliche Arbeit. Nur, wenn er diese bewegten Gesichter, diese glänzenden Augen, diesen Eifer der Bevölkerung, die tiefe Ehrfurcht sah, die unmittelbar jedermann für Ange Pitou faßte, konnte sich auch der ungläubigste Beobachter überzeugen, daß unser Held fortan ein großer Mann sein sollte.
Die Wähler verlangten das Siegel des Ministeriums zu sehen und zu berühren, was ihnen Pitou sehr huldreich bewilligte. Und als die Zahl der Anwesenden bis auf die einzigen Eingeweihten geschmolzen war, sprach Pitou:
Bürger, meine Pläne sind geglückt, wie ich es vorhergesehen. Ich habe dem General Lafayette geschrieben, daß Ihr Euch als Nationalgarde zu konstituieren gewünscht und mich zu Eurem Befehlshaber gewählt habt.
Leset die Aufschrift des Briefes, den ich vom Ministerium erhalte.
Und er reichte ihnen die Depesche, als deren Adresse man lesen konnte:
Dem Herrn Ange Pitou, Kommandanten der Nationalgarde von Haramont.
Ich bin also, fuhr Pitou fort, ich bin also anerkannt und bestätigt vom General Lafayette als Kommandant der Nationalgarde. Ihr seid anerkannt und bestätigt als Nationalgardisten vom General Lafayette und vom Kriegsministerium.
Ein langer Schrei der Freude und Bewunderung erschütterte die Wände der Dachstube, die Pitou bewohnte.
Was die Waffen betrifft, fügte unser Mann hinzu, so habe ich die Mittel, um sie zu bekommen.
Ihr werdet Euch schleunigst einen Leutnant und einen Sergeanten ernennen. Diese zwei Autoritäten, werden mich bei dem Schritte, den ich vorhabe, begleiten.
Die Eingeweihten schauten sich verlegen an.
Deine Meinung, Pitou? sagte Maniquet.
Das geht mich nichts an, erwiderte Pitou mit einer gewissen Würde, es darf kein Einfluß auf die Wahlen geübt werden; versammelt Euch außer meiner Gegenwart; ernenntdie zwei Chefs, die ich Euch bezeichnet habe, aber ernennt tüchtige. Das ist alles, was ich Euch zu sagen habe.
Mit diesem königlich ausgesprochenen Wort entließ Pitou seine Soldaten und blieb allein, in seine Größe gehüllt, wie Agamemnon. Er versenkte sich in seine Herrlichkeit, während außen die Wähler um einen Brocken der militärischen Macht sich stritten, die Haramont regieren sollte.
Die Wahl dauerte eine Stunde. Der Leutnant und der Sergeant wurden ernannt; es waren: der Sergeant, Claude Tellier, und der Leutnant, Desire Maniquet. Man kam wieder zurück, und Pitou bestätigte sie und verkündigte ihre Ernennung.
Als diese Arbeit beendigt war, sprach er:
Meine Herren, es ist nun nicht ein Augenblick zu verlieren.
Ja, ja, lernen mir das Exerzieren, rief einer der Begeistertsten.
Eine Minute Geduld, erwiderte Pitou, ehe wir exerzieren, müssen wir vor allem Flinten haben.
Das ist nur zu richtig, sagten die Führer.
Kann man es nicht, in Erwartung der Flinten, mit Stöcken lernen?
Betreiben wir die Dinge militärisch, antwortete Pitou, der, als er den allgemeinen Eifer wahrnahm, sich nicht stark genug fühlte, um Unterricht in einer Kunst zu geben, von der er noch gar nichts verstand. Soldaten, die mit Stöcken im Feuer exerzieren lernen, wären eine sonderbare Erscheinung; fangen wir nicht damit an, daß wir uns lächerlich machen.
Das ist richtig, rief man; die Flinten!
Kommt mit mir, Leutnant und Sergeant, sagte Pitou zu seinen Untergebenen; Ihr andern wartet auf unsre Rückkehr.
Eine ehrerbietige Einwilligung war die Antwort der Schar. Es bleiben uns sechs Stunden Tag. Das ist mehr, als wir brauchen, um nach Villers-Cotterets zu gehen, unsre Angelegenheit abzumachen und zurückzukehren.
Vorwärts, Marsch! rief Pitou.
Der Generalstab des Heeres von Haramont setzte sich sogleich in Bewegung.
Als aber Pitou den Brief von Billot noch einmal las, um sich zu überzeugen, so viel Ehre sei kein Traum, fand er darin folgende Worte von Gilbert, die ihm entgangen waren:
Warum hat Pitou vergessen, dem Herrn Doktor Gilbert Nachrichten von Sebastian zu geben?
Warum schreibt Sebastian nicht an seinen Vater?
Pitou siegt.
Der Abbé Fortier, der wackere Mann, vermutete entfernt nichts, weder von dem Sturm, den ihm diese tiefe Diplomatie vorbereitete, noch von dem Ansehen, das Ange Pitou bei den Häuptern der Regierung genoß. Er beschäftigte sich gerade damit, daß er Sebastian zu beweisen suchte, die schlechten Gesellschaften seien der Untergang jeder Tugend und jeder Unschuld; Paris sei ein Abgrund; selbst die Engel würden dort zu Grunde gehen, wenn sie nicht gleich jenen, die sich auf dem Wege nach Gomorrha verirrt hatten, rasch zum Himmel
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