Angel City Love (German Edition)
an. »Ich muss unbedingt mit meinem Onkel sprechen. Es ist wichtig.«
»Maddy, das geht nicht. Das steht völlig außer Frage«, erklärte Jackson.
»Du verstehst nicht. Ich werde nach Hause zu meinem Onkel gehen, ganz egal ob du mitkommst oder nicht«, rief Maddy durch den tosenden Sturm.
Dann schien die Nacht um sie herum buchstäblich zu explodieren.
Es war eine Art schauriges Feuerwerk, das den Himmel erhellte, als ein Blitz wie ein Finger niederfuhr und in eine Hochspannungsleitung auf dem Hügel unweit von ihnen einschlug. Das darauffolgende Krachen machte Maddy fast taub. Grelle Funken stoben vom Hochspannungsmast auf, und für einen Moment leuchtete der gespenstische Angel-City-Schriftzug auf, ehe die Straßen und Häuser der Stadt dunkel wurden, wie bei einer Weihnachtslichterkette, bei der man den Stecker gezogen hat. Ein Licht nach dem anderen ging aus, bis Maddy und Jackson von völliger Finsternis umgeben waren. Der Regen prasselte weiter auf die Erde und im Schutz der Dunkelheit wusch er die Straßen vom Schmutz rein und spülte ihn in die überströmenden Gullys.
Ein Rechteck aus Licht bildete sich, als Jackson die Tür öffnete, sodass sie beide in den schwachen Schein der Notbeleuchtung des Gebäudes getaucht waren.
»Gibt es irgendeine Möglichkeit, deine Meinung zu ändern?«, fragte er.
»Nein«, erwiderte Maddy stur.
»Okay.« Jackson seufzte. »Dann lass uns gehen.« Er deutete auf den Zugang.
Immer noch mit starkem Herzklopfen folgte Maddy ihm in das kalte – wenn auch trockene – Treppenhaus. Sie spürte ihre Füße kaum mehr, als sie die Stufen hinabstiegen. Maddys eben noch so wirre Gedanken konzentrierten sich nun auf einen einzigen Punkt: Es war an der Zeit, herauszufinden, was ihrer Mutter und ihrem Vater zugestoßen war. Es war an der Zeit, zu erfahren, wer ihre Eltern in Wahrheit waren.
24
Sylvester saß in seinem abgedunkelten kleinen Büro, ein Kabuff, nur beschienen vom blauen Leuchten des Computerbildschirms und den gelben Lampen der Notbeleuchtung. Nach dem Stromausfall im Gewitter war das Notstromaggregat im Präsidium fast unverzüglich angesprungen, sodass der Computer und die Fernsehgeräte und die wenigen schwachen Notleuchten versorgt waren. Der schwachgelbe Schein gab der normalerweise grell und steril wirkenden Polizeistation einen sonderbaren, unheimlichen Anstrich. Regentropfen zogen ihre Bahnen über die Scheibe, während es draußen ohne Unterlass goss.
Sylvesters Arbeitsplatz war so etwas wie eine vorübergehende Notlösung, eingerichtet in dem Großraumbüro, das sich sämtliche Detectives teilten. Normalerweise hielt er sich unten in einem fensterlosen Raum auf, wo er den Papierkram der anderen Untersuchungsbeamten gegenprüfte oder sich gelegentlich um unbedeutendere Eigentumsdelikte kümmerte. Es war Jahre her, dass man ihn nach oben gebeten hatte. Er hatte noch nicht einmal die Zeit gefunden, seine Sachen auszupacken. Um ihn herum standen willkürlich aufeinandergestapelte Aktenordner und noch ungeöffnete Ablageboxen. Auf einer dieser Kisten stand eine Riesendose Gummischlangen. Die hatte er sich gegönnt.
Der Detective war schon seit fünf Uhr morgens wach und hatte sich mit einem weiteren Paar grausam abgetrennter Flügel beschäftigt. Noch ein Stern, noch ein Engel – es handelte sich um Lance Crossman, der sowieso schon als vermisst galt. Inzwischen war er vermutlich tot, auch wenn sie seinen Körper noch nicht gefunden hatten, nur seine Flügel, und die waren an vielen Stellen gebrochen gewesen, verdreht und geknickt. Dieses Mal hatte der Killer sie nicht auf dem Stern von Lance abgelegt – angesichts der Polizeiabsperrungen und der starken Medienpräsenz wäre das auch schier unmöglich gewesen. Stattdessen waren sie gut verpackt von einem anonymen Absender direkt an das Hauptpräsidium der ACPD geliefert worden. Der Sergeant am Empfang, der das Pech gehabt hatte, das Päckchen zu öffnen, hatte mit einem schweren Schock ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen.
Nach diesem Vorfall war Sylvester nach Long Beach gefahren. Dort hatte die örtliche Polizei erst wenige Stunden zuvor einen verstümmelten, aufgequollenen Leichnam aus dem Wasser gefischt – Theodore Godson. Wenigstens war es der Presse nicht gelungen, Aufnahmen davon zu ergattern.
Andere Detectives des ACPD hatten keine Hinweise in diesem Fall und die Engel zeigten sich nicht hilfsbereit. Sie hatten nur gewollt, dass die Sache unter den Teppich gekehrt wurde, wenigstens bis
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