Angel City Love (German Edition)
Fahrstuhl in einen Bereich höchster Sicherheitsstufe fahren konnte. In die sogenannte Gruft. Der Lift surrte. Während der Fahrt starrte Sylvester schweigend vor sich hin. Der Wärter versuchte die ganze Zeit, seine Hände zu beruhigen, aber sie wollten nicht aufhören zu zittern.
Schließlich zog der Mann seine Pistole.
»Das wird nicht nötig sein, Officer«, sagte Sylvester mit so ruhiger Stimme wie möglich.
Er hatte es vorhergesehen. Was natürlich nicht bedeutete, dass er dafür bereit war.
Mit einem Pling erreichte der Fahrstuhl sein Ziel. Die Türen glitten auf und sofort schlug ihnen das Chaos in den Eingeweiden des Gefängnisses entgegen. Gefangene schrien flehend, man solle sie freilassen, und schlugen mit allem, was sie in die Finger bekamen, gegen die Innenseiten ihrer Zellen. Zwei Wärter mit gezückten Waffen waren zu beiden Seiten des Aufzugs postiert und warteten auf Sylvester. Auf ihrer Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet.
»Hier entlang, Sir«, sagte einer der Officers mit zittriger Stimme und führte ihn in den Flur zu seiner Rechten.
»Holt mich hier raus!«, rief ein Gefangener, als Sylvester vorüberging. »Um Himmels willen, lasst mich hier raus! Ihr seid Mörder, wenn ihr uns zwingt, hier drinnen zu bleiben!«
»Sie müssen etwas gesehen haben«, meinte der Wärter und deutete auf die Gefangenen.
»Davon bin ich überzeugt«, bestätigte Sylvester. Er marschierte festen Schrittes weiter, trotz des Gestanks der Angst, der in der Luft hing.
Die Einzelzellen hatten alle kleine, dicke Fenster zum Flur.
»Hier ist es«, sagte der Wärter. Sylvester trat ganz nah an die stählerne Tür heran und nahm einen tiefen, bewussten Atemzug. Sein Schuh war am Boden festgeklebt und hinterließ einen Abdruck. Blut war unter der Tür durchgesickert.
Rasch warf der Wärter einen Blick durch das Fenster.
»Sind Sie bereit?«, fragte er.
Der Detective nickte.
Mit einem Quietschen und Knarren öffnete sich die Tür. Die Wärter, die hinter Sylvester hergegangen waren, brachten sich mit ihren Gewehren in Stellung. Sylvester trat in die Zelle, gefolgt von zwei Wärtern.
Er verzog keine Miene, als er sich drinnen umsah.
Ethans Körper beziehungsweise das, was von ihm übrig war, lag in einer Ecke. Das Einzige, was man noch erkennen konnte, war sein Gesicht. Wo einst seine Augen gewesen waren, waren nun jedoch nur zwei schwarze, faulige Löcher, die größer als die Augenhöhlen waren. Die Adern, die von den Augen ausgingen, hatten sich schwarz und grau verfärbt. Es war fast so, als würde man in einen Abgrund blicken. Der Rest des Körpers sah so aus, als wäre er von innen nach außen gekehrt worden, als wäre er von innen heraus auseinandergerissen worden. Blut bedeckte die Wände der Zelle und tiefe Kratzer zogen sich durch den Beton.
Der Dämon hatte sich seinen Lohn geholt.
»Ich habe noch nie etwas Derartiges gesehen«, meinte einer der Wärter, während er um Fassung rang. Er fuhr sich mit dem Ärmel über den Mund.
»Und ich hatte gehofft, ich würde so etwas nie sehen müssen«, erwiderte Sylvester. Er blickte noch einen Moment auf Ethans schaurige Überreste, ehe er sagte: »Danke, Officers, das war alles.« Damit drehte der Detective sich auf dem Absatz um und eilte aus der Zelle.
Der Wärter riskierte einen letzten Blick, bevor auch er aus Ethans Zelle trat. Als die Tür sich schloss, hallte das Geräusch durch die Gefängnisflure.
41
An diesem Nachmittag war es in Kevins Diner ungewöhnlich voll. Sämtliche Plätze waren belegt, der Speiseraum war von den Stimmen und dem Lachen der Gäste erfüllt. In der Ecke knisterte der alte, verstaubte Fernseher, auf dem wie immer ANN lief. Ein weißbärtiger Nachrichtensprecher verlas soeben die Topstory des Tages.
»Sondermeldung: Die Identität des Teenagers, der für die Morde an drei Engeln verantwortlich ist, scheint nun geklärt. Ethan McKinley aus Angel City saß in seiner Heimatstadt bereits in Haft. Er verstarb allerdings dort unter mysteriösen Umständen, die die verantwortlichen Behörden nun untersuchen. Eine weitere damit zusammenhängende Meldung betrifft das Gerücht, Jackson Godspeed sei bei dem Vorfall in der vergangenen Woche verletzt worden. Weder Mark Godspeed noch seine PR-Agentin wollten sich zu diesen Gerüchten äußern. In Washington plädiert Senator Linden dafür, ein spezielles Kongresskomitee einzurichten, das sich um Engelsangelegenheiten in Amerika kümmert.«
Maddy achtete kaum auf den Fernseher,
Weitere Kostenlose Bücher