Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
sie umgebracht.»
Er weiß, dass ich recht habe. Ich spüre es an der Art, wie er sich bewegt. «Frannie, nichts von alldem ist deine Schuld.»
«Ich dachte, du könntest nicht lügen.» Mein Ton ist so bitter wie mein Herz.
«Deshalb solltest du mir glauben.»
Er sorgt tatsächlich für Frieden. Ich bin unter Sommerschnee begraben. Meine Atemzüge werden ruhiger, und mir ist, als würde ich von innen nach außen weicher werden. Doch ich kann die Bilder nicht aus meinem Kopf vertreiben. Taylor. Angelique. Luc …
Ich hebe den Kopf und sehe Gabe an. «Wo ist Luc?»
«Er hielt es für das Beste zu verschwinden.»
Mein Herz setzt aus. «Und was ist mit Angelique?», frage ich und fürchte mich vor der Antwort.
«Lilith hat sie. Sie ist fort.»
Ein tiefes Stöhnen entfährt mir. Noch ein Leben, das ich zerstört habe. Meine Gefühle Lilith gegenüber sind ein einziges Durcheinander: Hass, Schuld, Lust. «Ich wollte sie … brauchte sie. Aber ich … ich meine … Ich stehe nicht auf Mädchen.»
«Lilith ist ein Sukkubus. Das Geschlecht spielt keine Rolle. Sie kann deine finstersten Gedanken und Lüste manipulieren – die primitivsten Gefühle. Kann dir Dinge vorgaukeln, Wünsche in dir wecken. Sie braucht ihren Schuss, und sie würde alles tun, um ihn zu kriegen.»
«Ihren Schuss?»
«Sie lebt von der Lust. Ohne Lust würde sie sterben.»
Ich schließe die Augen und halte die Lider fest geschlossen angesichts der Bilder, die in meinem Innern aufsteigen wollen. Ich hätte alles für Lilith getan, sogar Angelique umgebracht. Die Erinnerung an Lili in Lucs Bett blitzt auf, an das überraschte Gesicht, das er gemacht hat. «Luc hat nicht gewusst, was er tut …», sage ich und verstehe es zum ersten Mal wirklich.
«Nein, ganz bestimmt nicht.»
Mein Kopf wird schwer, und ich bette ihn wieder aufs Kissen. Meine Gedanken beruhigen sich, und ich freue mich über die Leere in meinem Kopf. Als ich begreife, dass Gabe dafür sorgt, will ich schon wütend auffahren, aber dann nehme ich es hin und werde immer gleichgültiger. Irgendwann denke ich an gar nichts mehr.
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Kapitel 27
Tränen des Himmels
Frannie
Die nächsten fünf Tage verbringe ich wie unter einer Glasglocke. Leute kommen und gehen, glaube ich. Verschwommene Bilder von Riley und Trevor. Trevor wirkt fast so gelähmt, wie ich mich fühle. Ein Teil von mir möchte die Hand nach ihm ausstrecken – der Teil von mir, der sich daran erinnert, wie es war, Matt zu verlieren.
Aber ich tue es nicht.
Mom bringt mir etwas zu essen, doch ich kriege nichts runter. Je stärker sie mich bedrängt, desto tiefer ziehe ich mich in mein Schneckenhaus zurück. Ich höre Gemurmel im Flur – Mom? Gabe? Dad? Ich bin mir nicht sicher –, und ich glaube, meine Mutter schreit, aber es ist mir so egal, dass ich gar nicht richtig hinhöre. Vielleicht ist auch die Polizei da … Vielleicht.
Die Tage verstreichen in unscharfen Bildern, und am Ende sitze ich schwarz gekleidet in einer Kirchenbank. Viele Leute weinen. Luc ist auch da. Ich spüre ihn mehr, als dass ich ihn sehe. Gabe ist bei mir, er weicht nicht von meiner Seite – was wohl der Grund dafür ist, dass ich stumpf bin. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich der Schrei, der in meiner Kehle lauert, sonst Bahn brechen würde.
Großvater hält meine Hand. Ich lehne mich an seine Schulter, spüre seine raue, warme Hand und rieche den süßen Duft von Pfeifentabak. Der einzige Mensch, den ich brauche. Der einzige, den ich ertrage.
Ständig kommen Leute auf zu uns, aber Großvater hält sie irgendwie auf Abstand. Das ist gut. Denn wenn ich den Mund aufmache, um mit ihnen zu reden, wird dieser Schrei …
Dann lassen die Leute uns in Ruhe, und alles wird still. Pater O’Donnell ergreift das Wort. Verschwommen sehe ich, dass Taylors Eltern und Trevor vor einer Holzkiste durch den Mittelgang gehen.
Eine Kiste.
Taylor.
Es beginnt als leises Stöhnen in meiner Brust. Doch dann kann selbst Gabe meinen Schrei nicht mehr aufhalten.
Luc
Auf der Heimfahrt spricht sie kein Wort. Sie hängt nur im Sitz und stiert blind auf das Armaturenbrett.
Gabe sitzt am Steuer. Ich lasse mich auf die Rückbank fallen und wünschte, ich läge in dem Sarg. Wie konnte ich zulassen, dass das geschieht?
Ab und zu entfährt Frannies Brust ein leises Stöhnen, das mir das Herz zerreißt. Wenn ich könnte, würde ich alles dafür tun, ihr diesen Schmerz zu nehmen.
Gabriel lenkt den Dodge Charger hinter dem Wagen von
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