ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
den übrigen Rudelmitgliedern. Das machte ihn launisch und aggressiver, aber das war mir bisher nie so aufgefallen. Auch dass er einen besonders ausgeprägten Trieb besaß nicht, aber … Wenn ich so darüber nachdachte, war er wirklich oft allein in die Stadt gefahren. Ich seufzte leise. Wie naiv ich doch war.
„Normalerweise geht er zu den Frauen in die Stadt oder treibt Sport um sich abzureagieren. Ich meine, er sieht nicht umsonst so aus, wie er aussieht.“ Nick zuckte mit den Schultern. „Dass er sich so kontrolliert wie bei dir, ist selten. Er scheint dich wirklich zu mögen.“ Nick reichte mir die Hand und zog mich auf die Füße. „Komm, wir machen Pfannkuchen, bis er wieder da ist.“ Ich konnte nur nicken. Wortlos folgte ich ihm an Herd und versuchte zu verstehen, was das alles für mich bedeutete.
Ein paar Minuten half ich ihm schweigend dabei den Teig zuzubereiten und Pflaumen zu entkernen, bis ich meine Sprache endlich wiederfand.
„Warum sagt er mir das nicht einfach?“, platzte es aus mir heraus. Nick sah mich für einen Moment verwirrt an, ehe er leise kicherte. Er fuhr sich mit der Hand durch das kurze, dunkelbraune Haar und hinterließ eine feine, weiße Mehlspur.
„Ich nehme an, er will dich nicht drängen. Außerdem, solange du nicht weißt, wohin du gehörst, weiß er nicht, ob er dich jemandem wegnehmen würde.“
„Hm, nein, ich glaube nicht, dass mich jemand vermisst. Es sucht ja niemand nach mir.“
„Ach“, Nick legte seinen Arm um meine Schulter und zog mich an sich. „Nun schau mal nicht so traurig, Liebes! Wir finden deine Vergangenheit schon wieder! Und selbst wenn nicht, dann bauen wir dir hier eben eine Neue auf!“ Er lachte und auch ich musste schmunzeln. Mir hier eine neue Vergangenheit aufbauen? Die Idee gefiel mir.
Nick grunzte und knuffte mit seiner freien Hand meinen Oberarm. „Wir sind jetzt deine Familie! Und Morgennacht wird’s erst richtig lustig! Keiner kommt hier um eine anständige Einführungsjagd herum.“
Kichernd sah ich zu ihm auf. Obwohl er der Jüngste im Rudel war und noch keine fünfzig, überragte er mich um gut einen Kopf. Werwölfe waren von Natur aus großgewachsen.
Aber dass es im Prinzip amtlich gemacht werden sollte, dass ich nun hierher gehörte, schnürte mir die Brust ein. Wenn sie mich fest in ihren Kreis aufnahmen, hatte ich wirklich eine Familie auf dieser Welt, einen festen Halt, auf den ich mich verlassen konnte.
Aus einem plötzlichen Impuls heraus schlang ich die Arme um Nick und drückte mich an seine Brust. „Danke“, hauchte ich in sein Hemd und wusste, dass er mich trotzdem verstand. Seufzend streichelte er mir über den Kopf.
Ein Brüllen trennte uns nur Sekunden später. Nicks Körper wurde hart von mir gerissen und gegen den Wandschrank geschlagen. Sein schmerzerfülltes, erschrockenes Keuchen erfüllte den Raum.
Seth klebte an ihm und drückte mit beiden Händen seinen Hals zusammen. Röchelnd rang Nick nach Atem. Mit glühenden Augen und vor Zorn verzerrtem Gesicht knurrte Seth seinen Freund an.
„ Fass sie nicht an! “, zischte eine Stimme, die nicht mehr seine war. So konnte nur die Bestie in ihm klingen. Nick wehrte sich nicht, sondern reckte nur unmerklich das Kinn und bot Seth so seine Kehle dar. Eine Geste der Unterlegenheit. Er ergab sich und dennoch dauerte es noch einen endlos langen Moment, bevor sich die Finger von seinem Hals lösten.
Nick sank auf die Knie und schnappte nach Luft während Seth noch immer wütend auf ihn herabstarrte. Ich wusste nicht mehr, zu wem ich halten sollte. Mein Blick huschte zwischen den beiden hin und her. Das war eindeutig ein Revierstreit gewesen. Dachte das Tier in Seth etwa wirklich, ich gehörte ihm? Als Seth zu mir herüber sah, starrte ich ihn wütend an.
„Tu das nie wieder!“, fauchte ich und stieß ihn beiseite, als ich an ihm vorbei ging, um Nick wieder auf die Füße zu helfen. Ich hörte, wie Seth scharf die Luft einsog und dann seine schnellen Schritte. Er stürmte regelrecht aus der Küche, und nur Sekunden später hörten wir das Schlagen der Haustür.
„Er hat das nicht so gemeint“, krächzte Nick und rieb sich die Kehle. „Morgen Nacht ist Vollmond. Da ist er immer besonders dünnhäutig.“
Ich warf ihm nur einen schiefen Seitenblick zu und geleitete ihn hinüber zum Tisch, wo er sich setzen konnte.
„Und du solltest aufhören ihn dauernd in Schutz zu nehmen“, brummte ich, während ich zum Kühlschrank ging, um einen Eisbeutel aus dem
Weitere Kostenlose Bücher