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Angela Merkel - Ein Irrtum

Angela Merkel - Ein Irrtum

Titel: Angela Merkel - Ein Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cora Stephan
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geschrieben.
    Doch spätestens 1999 war klar, dass das Geschöpf sich emanzipiert hatte. Als die schmuddelige Spendenpraxis der Kohl-CDU aufflog, im Moment der Krise, war sie die Einzige, die mit Gewissheit nicht involviert war. Plötzlich war es kein Manko mehr, sondern ein Glücksfall, dass sie nicht dazugehörte. Sie steckte mit niemandem unter der Decke, war nicht verstrickt, nicht gefesselt im engen Geflecht von Loyalitäten, war frei von Rücksichten. Angela Merkel machte aus ihrer Fremdheit einen uneinholbaren Vorteil.
    Deshalb konnte sie rücksichtslos sein, als es nottat, auch ihrem Förderer Helmut Kohl gegenüber. Ende Dezember 1999 zeigte sie die Zähne.
    Man staunte. Das Merkel war also machtbewusst. Hatte Geduld gehabt, Gespür für den richtigen Moment. Nahm
ihre Partei an die Kandare. Und widmete sich dann dem nächsten Gegner: Gerhard Schröder.
    Zu Angela Merkel gehören Bilder. Zu Rot-Grün auch. Eines habe ich fest vor meinem inneren Auge: Das Bild von Gerhard Schröder, Joschka Fischer und Oskar Lafontaine nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen 1998. Drei triumphierende Alphatiere, die sich soeben die Beute aufgeteilt hatten, in feinem Zwirn und mit Champagnerkelch in der Hand. Drei, die sich schier ausschütten wollten über den gelungenen Coup.
    Vor Lebenslust überschäumend, verteilten die Gewinner die Beute, zu der Staat und Regierung offenbar zwischenzeitlich erklärt worden waren. Und jetzt war Bescherung für alle: Hier brauchte eine verdiente Parteifrau ein Pöstchen, da musste ein innerparteilicher Gegner ruhig gestellt werden, dort war dieser Proporz zu wahren und jene Quote zu erfüllen. Nicht, was dem Lande diente, umschrieb den Horizont der Aufgabenverteilung. Der ungleich kleinere Radius, den der Machtkampf innerhalb der Parteien diktierte, entschied darüber, wer ministrabel war oder wenigstens als Staatssekretär untergebracht werden musste. Mag sein, dass jeder Wahlsieger das so macht. Aber kaum einer war dabei so transparent, so grundehrlich, so dreist wie Rot-Grün in den ersten Regierungsjahren.
    Von Demut oder gar Respekt vor der Aufgabe, ein Land wie die Bundesrepublik politisch zu steuern, war in diesen Gesichtern nichts zu lesen. Nicht die Andeutung jener Bescheidenheit, die Angela Merkel im Mai 2005, als sie
Kanzlerkandidatin geworden war, sagen ließ: »Wir wollen Deutschland dienen. Ich will Deutschland dienen.« 1
    Eine Floskel? Was man halt so sagt? Womöglich. Wahrscheinlich. Doch manchmal sind es die Kleinigkeiten, die erkennen lassen, welche Kluft zwischen den Biografien Ost und West liegt.
    Die Schröders und Fischers hatten sich bereits vorgenommen, an die Macht zu gelangen, als die Pfarrerstochter Angela Merkel aus Templin in der Uckermark noch nicht einmal davon träumte – schon gar nicht von einem vereinten Deutschland. Gerhard Schröder, Spitzname »Acker«, trieb der Aufstiegswille eines Jungen aus ärmsten Verhältnissen an, Joschka Fischer, Metzgerssohn aus einer donauschwäbischen Familie, nicht minder, der sich von einer Karriere bei den »Grünen« irgendwann mehr versprach als vom revolutionären Kampf. Auch Oskar Lafontaine schien zu wissen, was er wollte. Nicht das Amt des Bundesfinanzministers, offenbar, von dem er knapp fünf Monate nach seiner Ernennung im März 1999 zurücktrat.
    Angela Merkel hingegen näherte sich nach der Wende 1989 fast beiläufig der Politik, bewegte sich unauffällig nach oben, meldete ihren Machtanspruch verhalten an. Selbst ihr Sieg war kein Fanfarenstoß. 2005 lagen CSU und CDU, die Partei unter ihrer Führung, nur knapp vor der SPD unter »Basta«-Kanzler Gerhard Schröder. Angela Merkel erhob mit dem bis dato zweitschlechtesten Wahlergebnis der CDU/CSU Anspruch auf das Amt des deutschen Bundeskanzlers.
    In der Wahlnacht erhielt sie ein zweites Mal Hilfe vom
politischen Gegner. 2 In der »Elefantenrunde« nach der Wahl trat ein sichtlich angeschlagenes Alphatier an. Noch-Kanzler Gerhard Schröder erklärte sich mit wölfischem Grinsen zum Sieger, obwohl auch die SPD ein zweitschlechtestes Ergebnis eingefahren hatte. Vor Verachtung dampfend beschied er seiner Gegnerin, sie werde »keine Koalition mit meiner sozialdemokratischen Partei zustande bringen«, denn: »Niemand außer mir« könne eine stabile Regierung bilden. Joschka Fischer saß sichtbar peinlich berührt dabei. Ihm war klar, dass seine Zeit als Außenminister vorbei war. Doch mehr konnte man als ehemaliger Frankfurter Street-fighter ohne Abitur oder

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