Angela Merkel - Ein Irrtum
neuen Logenmeister das große Geheimnis an.
Eine Botschaft for your eyes only. Wie sie daherkommt, ist nicht bekannt. Auf Papier, das sich nach Lektüre selbst entflammt und verbrennt? Als Soundfile, das sich selbst löscht? Oder als SMS, die aufglüht und erlischt? Egal. Wenn wir der Geschichte Glauben schenken, dann hat auch Angela Merkel die Botschaft erhalten. Und nach allem, was wir vermuten können, ist sie bleich geworden. So wie alle vor ihr.
Die Botschaft, die ihre Vorgänger gelesen und beherzigt haben, lautet: Vergiss es. Du kannst nichts ändern. Es kommt, wie’s kommt. Alternativlos.
Goodbye, Angie. Hello, Tina.
Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Zugegeben, die Geschichte der Angela Merkel zeigt, wie aus einem funkensprühenden Rohdiamanten eine stumpfe Murmel wird. Wie das deutsche Wahlsystem und die Kleinstaaterei politischen Stillstand produzieren. Wie sich die Politik vom Volk entfernt hat, das sie doch repräsentieren soll. Wie die politische Phrase die Wirklichkeit zudeckt.
Und wie man ein produktives Land mattsetzt. Was Angela Merkel der Vorgängerregierung zu Recht angekreidet hat, vollzieht sie nun selbst. Sie plündert die Kassen,
auch die zukünftiger Generationen, und nimmt die Steuerbürger in Geiselhaft. Nicht ein einziges Reformwerk ist geglückt. Alternativlos? Nein. Nur in ihrer Partei hat Angela Merkel dafür gesorgt, dass es bis auf Weiteres zu ihr keine Alternative gibt.
Deutschland ist ein Land mit einer intelligenten und weltläufigen Mitte. Und die stellt mit wachsender Ungeduld fest, dass sie weit unter Niveau regiert wird.
Der Maulwurf aus dem Zentrum der Macht hat übrigens noch etwas anderes verlauten lassen über Angie, »die mächtigste Frau der Welt«. Es hat ein bisschen wie eine Drohung geklungen: Angela Merkel war 1990 daran beteiligt, wie die DDR abgewickelt wurde. Und so etwas, meint der Maulwurf, verlernt man nicht.
Anmerkungen
1
»Die Rettung von Banken, klammen Staaten, dem Euro und der Europäischen Währungsunion sei ohne Alternative. Das sagen Banken, klamme Staaten, die Euro-Gruppe und die europäische Zentralbank. Am Markt nennt man das Tina: There is no alternative.« »FAZ«, 26. 11. 2010.
2
Alles Zitate aus ihrer Grundsatzrede am 13. Jahrestag der Deutschen Einheit vor der Konrad-Adenauer-Stiftung am 1. 10. 2003.
3
Rede auf dem Leipziger CDU-Parteitag, November 2003.
KAPITEL 1
Vom »Mädchen mit dem scharfen Schwert« zur Kanzlerin
Es versprach eine Zeitenwende zu werden. Ein historischer Moment. Die Chance auf einen Neuanfang. Ein Wunder.
Eine Frau aus dem Osten schickte sich im September 2005 an, die erste Bundeskanzlerin Deutschlands zu werden. Eine Reformerin, eine mutige Kämpferin, eine gewiefte Machtpolitikerin. Eine Frau mit Verstand, Programm und klarer Sprache, ohne die vertrauten Reflexe der in zig Lagerwahlkämpfen abgestumpften Politmatadore. Fünfzehn Jahre nach der deutschen Einheit die erste gesamtdeutsche Kanzlerin: Angela Merkel.
Was für ein Irrtum. Nach fünf Jahren ist der Funke längst erloschen. Wohl selten hat jemand so anspruchslos vor sich hinregiert wie die erste Frau an der Spitze des Staates, die es in der Sparte »Aussitzen« mittlerweile sogar mit Helmut Kohl aufnehmen kann.
Ich war nicht die Einzige, die sich von Angela Merkel damals etwas erhoffte – und wenn es nur ein anderer Politikstil war: »Ich freue mich auf eine Bundeskanzlerin und darauf, dass es nicht mehr sonore Männerorgane sein werden, die uns die Richtlinien der Politik verkünden, sondern eine helle, klare und oft ein bisschen spöttische Frauenstimme,
dass wir es nicht mehr mit Cohiba und schweren Roten zu tun kriegen, sondern dass leichtere Genussmittel und Farbe ins Spiel kommen – und nicht zuletzt, dass die womöglich künftige Kanzlerin nicht mehr die provinzielle Wessi-Kultur der Alt-68er repräsentiert, sondern als DDR-Pflanze den Wert der Freiheit hochschätzt und gegenüber den osteuropäischen Nachbarn von der Tragik weiß, dass für viele Menschen 1945 nicht Befreiung, sondern Stalinismus hieß.«
Das schrieb ich im September 2005 für die »Welt«, in der allerlei dichtende und denkende Leute gefragt wurden, »wie Deutschland wählt«. Nun, Dichtende wählen in diesem Land natürlich niemals CDU, die »Rechten«, weshalb mir mein Bekenntnis zornige Kollegen einhandelte. Bei den Denkenden sah das schon anders aus.
Mir war das egal. Ich bin weder CDU-Wählerin noch einer anderen Partei treu. Ich bin die klassische
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