Angélique - Am Hof des Königs
Königin von Frankreich wäre Maria Theresia, die Tochter des spanischen Königs, ein ewiges Unterpfand des Friedens.
Der Kardinal schickte drei seiner noch unverheirateten Nichten – Maria, Hortensia und Maria Anna – zusammen mit ihrer Gouvernante Mme. de Venel nach La Rochelle und reiste gen Süden. Aber auch damit nahmen die an sein königliches Mündel gerichteten Beschwörungen kein Ende.
Es begann eine Schlacht zorniger Briefe, und während Mazarin den Abgesandten des spanischen Königs empfing und sich anschließend auf den Weg zu jenem Punkt des Königreichs machte, den man zwanglos »die Grenze« zu nennen begonnen hatte, vermeinte man das Galoppieren der schnellen Rösser zu hören und das Kratzen der Gänsefedern, die sich im Papier festhakten, um den Argumenten mehr Gewicht oder dem Zorn stärkeren Ausdruck zu verleihen.
Üblicherweise wurden Friedensabkommen im Norden verhandelt, neben, wenn nicht gar unmittelbar auf den Schlachtfeldern, auf denen sich noch kurz zuvor die verfeindeten Truppen bekämpft hatten.
Doch diesmal sollten der König von Spanien und sein erbitterter Widersacher einander persönlich gegenübertreten, und deshalb musste ein passender Ort gefunden werden, an dem die beiden benachbarten Nationen einander in die Augen schauen und miteinander in Dialog treten könnten.
In der Krümmung des Golfs von Biskaya, an dem die baskischen Provinzen lagen, von denen einige zu Frankreich, die anderen zu Spanien gehörten, mündete der Bidassoa, ein kleiner Fluss, der eine bequem zugängliche, natürliche Grenze zwischen Frankreich und Spanien bildete.
Auf der sogenannten »Fasaneninsel«, die etwa auf der Höhe von Saint-Jean-de-Luz in der Flussmitte lag, wurde ein Gebäude errichtet, in dem die Bevollmächtigten der beiden Herrscher zusammenkommen könnten. Und dass der spanische König dem zustimmte, war bereits ein verheißungsvolles Zeichen. Der Kardinal kannte keinen anderen Gedanken mehr, als gemeinsam mit dem spanischen Abgesandten an einem Frieden für Europa zu arbeiten, der zu einem Segen für Frankreich werden sollte. Aber er machte sich keine Illusionen. Die akzeptabelsten und großzügigsten Vereinbarungen wären wertlos ohne die Garantie, die durch die Hochzeit des französischen Königs mit der Tochter des Königs von Spanien eingegangen würde. Nur diese ruhmreiche Verbindung, die in diesem jungen Paar die Interessen zweier Königreiche bündeln würde, könnte den ewigen Konflikten ein Ende machen, die allmählich den Anschein eines Hundertjährigen Krieges annahmen.
Sollte das alles bloß wegen eines pflichtvergessenen Königs scheitern?
Was wären die Folgen einer so unvorsichtigen und vor den Augen aller europäischen Fürsten aufgeführten Komödie …?
Seiten über Seiten wurden hin und her geschickt! Beinahe verkratzt oder gar zerrissen von zornigen, flehenden Federn wurden sie sowohl von den »gewöhnlichen«, täglich verkehrenden
Postreitern als auch von eigens verpflichteten Kurieren in rasendem Galopp kreuz und quer durch das gesamte Königreich getragen. In jenem Jahr sorgten die galoppierenden Pferde vom Languedoc bis in die Provence, dann in Paris, in La Rochelle, von Brouage bis in die Vendée, in Bordeaux und erneut im Languedoc für schreckerfüllte Schreie.
Liebesschwüre, bittere Vorwürfe, Liebesbeteuerungen, herzzerreißende Abschiede, erneute Vorwürfe und Gemahnungen an die Pflichten eines Königs, der die Verantwortung für sein Volk trägt.
Unablässig schmähte Mazarin seine Nichte.
»Sie ist falsch, Sire, und versucht nur, sich an mir zu rächen, indem sie Eure Aufmerksamkeit fesselt …«
Was wiederum Ludwig XIV. erzürnte und ihn die Frau, die er liebte und die sein ganzes Wesen entzückte, umso erbitterter verteidigen ließ. Maria! Maria! Sie hatte Licht in sein sorgenvolles Leben gebracht.
Mazarins Furcht wuchs, denn es war ihm zwar gelungen, Ludwig und Maria voneinander zu trennen, aber die beiden Liebenden korrespondierten immer noch eifrig miteinander, und es war kaum vorstellbar, dass die Kunde von ihrer absurden Leidenschaft nicht an jene Gestade drang, wo Mazarin im die Flussmündung heraufziehenden Nebel mit dem zähen Don Luis de Haro rang.
Tatsächlich kam nach und nach der Verdacht auf, dass die Tochter des spanischen Königs, die Infantin Maria Theresia, mit einer Italienerin von bescheidenster Herkunft um die Gunst eines Königs wetteifern sollte, was eine unverzeihliche Beleidigung für ihren Vater wäre.
Plötzlich
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