Angélique - Am Hof des Königs
Ort gewesen, und man erfreute sich an dem schlichten Bericht:
»Eine halbe Kanonenschussweite von Mardick entfernt stand der König vor seinen Reihen, um mit anzusehen, wie die besiegte Garnison die Festung verließ.
Sie bestand aus sechshundert Reitern und zwölfhundert Fußsoldaten, dazu noch über vierhundert Kranke und Verletzte.
Seine Majestät trug das Kriegsgewand, seinen Kürass und darüber ein Wams aus schwarzem Samt mit dem weißen Schal über der Schulter.
Er saß auf einem sehr schönen weißen Pferd, dessen Schabracke mit Gold und Silber bestickt war, und sein Hut war über und über mit weißen und blutroten Federn geschmückt.
Die Garnison zog an Ihm vorbei, und jeder grüßte Seine Majestät mit großem Respekt nach der Art seiner Heimat.
Als Letzter kam der Sieur de Bassencourt, ein in ganz Flandern angesehener tatkräftiger Mann, der die Festung seit dem Tod ihres Gouverneurs, des Marquis van Lede, befehligt hatte, der wenige Tage zuvor während eines Ausfalls ums Leben gekommen war.
Er saß ab, trat mit tiefem Respekt näher, bis er den Stiefel des jungen Königs erreichte, und erklärte, dass ihm in seinem Kummer darüber, die spanische Festung nicht länger verteidigen
zu können, immerhin der Trost blieb, sie einem so mächtigen Monarchen zu übergeben.
Seine Majestät antwortete ihm äußerst liebenswürdig und lobte ihn für den Ruhm, den er sich durch seine Waffentaten erworben hatte.«
Kaum hatte die Bevölkerung Zeit gehabt, sich über einen Sieg zu freuen, der möglicherweise Frieden verhieß, als der König in Calais schwer erkrankt war.
Es lag auf der Hand, dass die Ursache für seinen Zustand in der verpesteten Luft von Mardick zu suchen war und in den Strapazen, die er auf sich genommen hatte, um persönlich die Vorposten in Augenschein zu nehmen und der Kapitulation beizuwohnen. Man sprach von einem bösartigen Purpurfieber.
Keine zwei Wochen später lag der König im Sterben.
Sein Zustand galt als so hoffnungslos, dass die opportunistischsten Höflinge nicht mehr zögerten, sich bei seinem jüngeren Bruder einzuschmeicheln, weil sie davon ausgingen, dass er in Kürze unter dem Namen Philippe VII. den Thron besteigen würde.
Doch dann wurde als letzter Ausweg ein berühmter Arzt aus Abeville namens Saussois herbeigerufen. Er verabreichte dem Kranken Brechwein, ein zu jener Zeit noch wenig bekanntes Heilmittel, das dem jungen König das Leben rettete, während sein Tod bereits von allen als eines der größten Unglücke empfunden wurde, die Frankreich zustoßen könnten.
Von Calais aus reiste der Genesende im Kreis seines Hofes nach Compiègne. Und dort erzählte man ihm, wie verzweifelt Maria Mancini in jenen Tagen gewesen sei, als alle, die ihn liebten, befürchten mussten, ihn zu verlieren. Wohingegen Olympia, seine liebste Freundin und zweifellos auch seine erste Mätresse, völlig teilnahmslos geblieben sei. Nach ihrer Heirat
mit dem Grafen de Soissons trachtete sie nur noch danach, ihre neu erworbene hohe Stellung auszukosten.
Gerührt darüber, dass Maria bei der Nachricht von seinem nahen Tod in Tränen aufgelöst gewesen war, während Olympia nichts als Gleichgültigkeit gezeigt hatte, und überrascht von diesem Zeichen aufrichtiger Zuneigung, hatte er Marias Nähe gesucht und ihren leidenschaftlichen Charakter und ihren scharfen Verstand entdeckt. Zwischen ihnen erblühte eine Liebe ohne jeden Schatten. Sie waren gerne zusammen und erkundeten einander mit umso größerem Entzücken, als ihre Umgebung sich nichts dabei dachte.
Die Reise nach Lyon hatte schließlich den Ausschlag gegeben. Lachend ritten die jungen Leute mit geröteten Wangen und funkelnden Augen neben den prächtigen Karossen über die gefrorenen Straßen.
Und in Lyon war ihre Liebe, die dazu bestimmt war, ewig zu dauern, weiter gewachsen.
Aber die List, die Kardinal Mazarin ersonnen hatte, um den König von Spanien zu beunruhigen, indem er ihn annehmen ließ, Frankreich verfüge über eine weitere Kandidatin, die man als Gemahlin des französischen Königs akzeptieren würde, ging auf. Das junge Liebespaar war vollkommen ahnungslos. Sie tanzten und genossen die fröhlichen Feste, die ihrer gegenseitigen Zuneigung Flügel zu verleihen schienen.
Maria war ein wenig besorgt darüber, dass Ludwig sich der reizenden Prinzessin Margarita-Yolanda von Savoyen gegenüber so liebenswürdig und aufmerksam zeigte, aber er versicherte ihr, dass dies nur auf Wunsch seiner Mutter geschehe und ihre
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