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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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Tages würden die anderen Gauner dagegen aufbegehren. Und an diesem Tag …
     
    »Komm und trink einen Schluck«, sagte die Polackin, um ihn zu beruhigen.
    Sie schenkte ihm eine volle Kelle heißen Wein ein. Jean-Pourri fror immer, sogar im Sommer. Wahrscheinlich floss in seinen Adern Fischblut. Im Übrigen hatte er auch blaugrüne Augen und klebrige, kalte Haut wie ein Fisch.
    Als er getrunken hatte, setzte er ein abscheuliches Lächeln auf, bei dem er den Mund halb öffnete und schlechte Zähne enthüllte.
    Thibault-le-Vielleur kehrte, gefolgt von dem kleinen Linot, in die Unterkunft zurück.
    »Ah, da ist ja der hübsche Kleine«, rief Jean-Pourri händereibend. »Thibault, es ist beschlossene Sache: Ich kaufe ihn dir ab und gebe dir – halte dich fest! – fünfzig Livres, ein Vermögen.«
    Der Alte warf ihm unter seinem Strohhut hervor einen verlegenen Blick zu.

    »Was soll ich denn mit fünfzig Livres anfangen? Und außerdem, wer soll mir dann die Trommel schlagen, wenn ich ihn nicht mehr habe?«
    »Zieh dir halt einen anderen Knaben heran.«
    »Dieser hier ist aber mein Enkel.«
    »Willst du denn nicht sein Bestes?«, hielt der abscheuliche Jean-Pourri mit einem durchtriebenen Lächeln dagegen. »Denk doch daran, dass dein Enkel in Samt und Spitze gekleidet sein wird. Ich lüge dich nicht an, Thibault. Ich weiß schon, an wen ich ihn verkaufen werde. Er wird der Favorit eines Fürsten sein, und wenn er sich geschickt anstellt, kann er später in die höchsten Stellungen aufsteigen.«
    Jean-Pourri strich dem Kind zärtlich über die dunklen Locken.
    » Würde dir das gefallen, Linot, schöne Kleider zu haben, von goldenen Tellern zu essen, so viel du nur willst, und Bonbons zu kauen?«
    »Weiß nicht«, gab der Knabe, die Lippen schmollend verzogen, zurück.
    Bei seinem Großvater hatte er nie etwas anderes als Elend gekannt und konnte sich solche wunderbaren Dinge nicht vorstellen.
     
    Ein schwefelgelber Sonnenstrahl, der durch den Türspalt fiel, ließ seine leicht gebräunte Haut aufleuchten. Linot hatte lange, dichte Wimpern, große, dunkle Augen und kirschrote Lippen. Er trug seine Lumpen mit Anmut. Man hätte ihn für einen kleinen Edelmann halten können, der sich für einen Maskenball verkleidet hatte. Es war erstaunlich, dass eine solche Blume in einer so tristen Umgebung hatte heranwachsen können.
    »Komm, komm! Wir beide werden uns sehr gut verstehen«, forderte Jean-Pourri ihn auf.

    Und er ließ seine bleiche Hand um die Schultern des Knaben gleiten.
    »Komm, mein Hübscher, komm, mein Lämmchen.«
    »Aber ich bin nicht einverstanden«, protestierte der Alte und begann zu zittern. »Du hast kein Recht, mir meinen Enkel wegzunehmen.«
    »Ich nehme ihn dir nicht weg, sondern kaufe ihn dir ab. Fünfzig Livres! Das ist doch eine korrekte Bezahlung, oder? Und jetzt halte dich ruhig, sonst bekommst du gar nichts. So sieht es nämlich aus.«
    Er schob den Alten weg und ging zur Tür. Linot zog er hinter sich her.
     
    Vor der Tür stieß er auf Angélique.
    »Ohne Calembredaines Erlaubnis kannst du ihn nicht mitnehmen«, sagte sie gelassen.
    Sie nahm den Knaben bei der Hand und kehrte mit ihm in den Saal zurück.
    Das teigige Gesicht des Kinderhändlers konnte nicht mehr blasser werden. Drei ganze Sekunden verschlug es Jean-Pourri den Atem.
    »Also, so etwas! Unerhört«, stieß er hervor.
    Dann zog er sich einen Schemel heran.
    »Schön, dann warte ich eben auf Calembredaine.«
    »Warten kannst du ja«, schaltete sich die Polackin ein. »Aber wenn sie nicht will, kriegst du deinen Bengel nicht. Er macht alles, was sie will«, schloss sie in einer Mischung aus Groll und Bewunderung.
     
    Calembredaine, der von seinen Männern begleitet wurde, kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Zuallererst verlangte er etwas zu trinken. Über Geschäfte konnte man später reden.

    Während er seinen Durst ausgiebig stillte, klopfte es an der Tür, was unter den Gaunern ungewöhnlich war. Sie warfen einander fragende Blicke zu, und dann zog La Pivoine sein Schwert und öffnete die Tür.
     
    Von draußen ließ sich eine Frauenstimme vernehmen.
    »Ist Jean-Pourri da?«
    »Kommt doch herein«, sagte La Pivoine.
    Die unerwartete Besucherin trat ins Licht der Harzfackeln, die in eisernen Ringen an den Wänden steckten. Sie war eine hochgewachsene, in einen Umhang gehüllte junge Frau und wurde von einem Lakaien in roter Uniform, der einen Korb trug, begleitet.
    »Wir haben in Faubourg Saint-Denis nach dir

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