Angélique - In den Gassen von Paris
triumphierenden Blickes um.
»Schenk mir einen Schluck ein, Polackin, und ich erzähle euch alles. So schlau braucht man dazu nicht zu sein. Man muss bloß seine Finger abzählen können. Der Mohr ist im Februar aus dem Dienst meiner Herrin ausgeschieden. Wenn sie im Dezember niederkommt, kann er nicht der Vater sein, oder? Also wird sie die Reifen an ihren Kleidern etwas weiter machen.
›Ach, meine Liebe, dieses Kind bewegt sich so stark, dass ich wie gelähmt bin. Ich weiß nicht, ob ich heute Abend auf dem Ball des Königs erscheinen kann!‹, wird sie sagen. Und dann, im Dezember, wird es in den Tuilerien eine Geburt geben, um die sie ein großes Gewese machen wird. In diesem Moment, Jean-Pourri, musst du uns ein ganz frisches Kind verkaufen, das am selben Tag geboren ist. Da ist es gleichgültig, wer der Vater ist. Hauptsache, der Mohr kommt nicht in Frage, das ist alles, was wir wollen. Jeder weiß, dass er seit Februar auf den Galeeren des Königs dient.«
»Warum ist er auf die Galeeren geschickt worden?«
»Wegen einer schmutzigen Geschichte, in der es um Magie ging. Er war der Komplize eines Zauberers, den man auf der Place de Grève verbrannt hat.«
Obwohl Angélique sich beherrschte, konnte sie nicht verhindern, dass ihr Blick zu Nicolas glitt. Doch der aß und
trank, und sie zog sich weiter in die Dunkelheit zurück. Am liebsten hätte sie den Saal verlassen, und doch brannte sie darauf zu hören, wie es weiterging.
»Ja, eine schmutzige Geschichte«, fuhr Bertille fort und senkte die Stimme. »Dieser schwarze Teufel konnte andere mit Flüchen belegen. Dafür ist er verurteilt worden. Deswegen wollte die Voisin auch nicht mitspielen, als meine Herrin zu ihr gekommen ist, damit sie ihr die Leibesfrucht wegmacht.«
Barcarole, der Zwerg, sprang neben dem Glas der Zofe auf den Tisch.
»Huh! Ich habe diese Dame mehrmals gesehen, und dich auch, du hübscher karottenroter Wuschelkopf. Ich bin der kleine Teufel, der bei meiner berühmten Herrin, der Wahrsagerin, die Tür öffnet.«
»Allerdings. Ich hatte dich schon an deiner Dreistigkeit erkannt.«
»Die Voisin wollte keine Abtreibung bei der Gräfin vornehmen, weil sie ein Kind von einem Mohren unter dem Herzen trug.«
»Woher hat sie das gewusst?«, fragte Fanny.
»Sie weiß alles. Dazu ist sie schließlich Hellseherin.«
»Sie brauchte ihr nur aus der Hand zu lesen, und schon hat sie ihr alles auf den Kopf zugesagt«, erklärte die Zofe mit beklommener Miene. »Dass das Kind ein Mischling sei, dass der schwarze Mann, der es gezeugt habe, magische Geheimnisse kenne und sie es nicht töten könne, denn das würde ihr, die ebenfalls Zauberin sei, Unglück bringen. Meine Herrin war untröstlich.
›Was sollen wir jetzt tun, Bertille?‹, hat sie zu mir gesagt. Sie war schrecklich wütend, aber die Voisin hat nicht nachgegeben. Sie hat gesagt, sie würde meiner Herrin bei der Geburt beistehen, wenn es so weit sei, und dass niemand etwas
davon erfahren würde. Aber mehr könne sie nicht tun. Und sie hat viel Geld verlangt. Geschehen ist es dann letzte Nacht in Fontainebleau, wo sich der ganze Hof während des Sommers aufhält. Die Voisin ist mit einem ihrer Männer gekommen, einem Magier namens Lesage. Meine Herrin ist in einem kleinen Haus ganz in der Nähe des Schlosses niedergekommen, das der Familie der Voisin gehört. Im Morgengrauen habe ich meine Herrin zurückgebracht, und in aller Frühe hat sie sich schon in vollem Staat und geschminkt bis an die Augen bei der Königin vorgestellt, wie es Brauch ist, weil sie den Befehl über ihren Haushalt führt. Das dürfte eine Menge Leute verwirren, die dieser Tage darauf gewartet haben, sie in Verlegenheit zu sehen. Aber jetzt wird der Klatsch auf ihre eigenen Kosten gehen, denn Madame de Soissons ist immer noch schwanger. Sie wird erst im Dezember ein makellos weißes Kind zur Welt bringen. Gut möglich sogar, dass Monsieur de Soissons es dann anerkennt.«
Der Schluss der Geschichte wurde mit lautem Gelächter quittiert. Barcarole schlug einen Purzelbaum.
»Ich habe gehört«, erklärte er, »wie meine Herrin Lesage anvertraut hat, diese Affäre um die Soissons sei so viel wert wie die Entdeckung eines verborgenen Schatzes.«
»Oh, die Voisin ist raffgierig«, murrte Bertille voller Groll. »Sie hat so viel Geld verlangt, dass meine Herrin mir als Dank für meine Hilfe nur noch eine kleine Kette schenken konnte.«
Nachdenklich betrachtete die Zofe den Zwerg.
»Du«, sagte sie
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