Angels - Meine Rache waehrt ewig
gebracht.
»Grüßen Sie Lucretia von mir«, sagte sie, als sie hinausgingen, »und sagen Sie ihr, ich würde mich freuen, wenn sie meine Anrufe erwidern würde.«
Dr. Grotto blickte sie finster an, und in dem Moment bemerkte sie, dass er blass wurde. Hatte sie einen wunden Punkt getroffen? Doch die Blässe hielt an, länger als bei einem normalen Schreck. Die Farbe wich gänzlich aus seinem Gesicht, und es traf Kristi wie ein Schlag, dass er, wie so viele andere, denen sie auf dem Campus begegnet war, schon bald tot sein könnte.
»Was ist?«, fragte er, als er merkte, wie sie ihn anstarrte.
»Seien Sie vorsichtig«, sagte sie und sah die Fragezeichen in seinen Augen. »Ich weiß nicht, in was Sie verwickelt sind, Dr. Grotto, oder wie tief Sie mit drinstecken, aber es ist gefährlich.«
Er brachte ein Lachen zustande. »Sie haben sich da Ihr eigenes Märchen zusammengesponnen, nicht wahr?«
Hatte sie das tatsächlich?
Was hatte sie erwartet? Dass er es sich anders überlegen und ihr sein Herz ausschütten, ihr von einem düsteren, dämonischen Kult erzählen würde? Zugeben würde, die Mädchen erst getötet und anschließend – ja was? – ihr Blut getrunken zu haben oder umgekehrt?
Grotto schloss die Tür. Wenn sie geglaubt hatte, er würde vor ihr einen Seelen-Striptease machen und entscheidend zur Lösung des Falls beitragen, ihr wenigstens Material für ihr verdammtes Buch liefern, hatte sie sich getäuscht.
Sie stieg die Stufen zum Erdgeschoss hoch und sah Jay auf einer Bank in der Nähe der Treppe sitzen. Weniger als fünfzehn Meter von Grottos Tür entfernt.
»Gut gemacht, Sherlock«, sagte er, und sie schoss ihm einen Leg-dich-bloß-nicht-mit-mir-an-Blick zu.
»Du hast mitgehört«, stellte sie fest, als sie durch die vordere Eingangstür in die kalte Winterluft traten.
»Ich habe gehört, dass du die Ampulle mitgenommen, sie ihm unter die Nase gerieben und Missbrauch mit einem Beweisstück getrieben hast!«
»Ich dachte, das könnte was bringen.«
»Verdammt noch mal, Kris, das war so nicht abgemacht.«
»Ich hätte es dir sagen sollen«, gab sie zu, während sie über den gepflasterten Weg gingen. Andere Studenten eilten geschäftig über den Campus, Fahrräder und Skateboards sausten vorbei, und ein Jogger mit zwei Hunden an der Leine lief in die entgegengesetzte Richtung.
»Du wusstest, dass ich das nicht zugelassen hätte. Was hast du dir dabei gedacht?«
Sie versuchte erst gar nicht, irgendwelche Ausflüchte zu erfinden. Er nahm ihren Arm und zog sie näher an sich. Ein Radfahrer raste über den College-Hof. »Von jetzt an gilt: keine Geheimnisse mehr. Wenn wir das hier zusammen durchziehen wollen, müssen wir ehrlich zueinander sein.«
Sie nickte. »Okay.«
Er sah aus, als glaubte er ihr nicht, aber er ließ ihren Arm nicht los, als sie zielstrebig in Richtung Studentenwerk marschierten. Jay öffnete die Tür, und sie traten ein. Ein Schwall warmer Luft traf sie, zusammen mit dem Lärm von Gelächter, Musik und Unterhaltungen, der den großen Raum füllte. Er war voller Studenten, manche lernten, manche hatten die Stöpsel ihrer iPods in den Ohren, andere unterhielten sich. Sie wirkten so unschuldig, ahnten nichts von dem Unheil, das, so glaubte Kristi, in den verborgenen Ecken und Winkeln des Campus lauerte.
Wer würde der Nächste sein?,
fragte sie sich. Grottos bleiches Gesicht kam ihr in den Sinn.
»Glaubst du ihm?« Jays Stimme holte sie in die Gegenwart zurück.
»Grotto?« Sie schüttelt den Kopf. »Er verbirgt irgendetwas.« Trotz der Wärme in dem gut beleuchteten Gebäude verspürte sie tief im Innern einen Anflug von Kälte. Sie blickte zu Jay auf und sah seinen besorgten Blick. »Er hat nach Strich und Faden gelogen, oder soll ich sagen: nach Biss und Faden?«
[home]
25.
J ay saß in seinem Büro und betrachtete durch ein Vergrößerungsglas ein Foto des abgetrennten Arms. Er hatte sich natürlich auch den echten Arm angesehen, aber er wurde tiefgekühlt in der Hoffnung, dass auch der Rest der Leiche auftauchte. Außerdem gab es Computerbilder, die man vergrößern konnte, aber manchmal bewährte sich die altmodische Art und Weise am besten.
Er hatte am Dienstag fast zehn Stunden im Labor verbracht. Es war jetzt kurz vor Feierabend, und er war gereizt. Nervös. Hatte ein schlechtes Gefühl gehabt, nach New Orleans zurückzukehren, obwohl Kristi am Vorabend darauf gedrängt hatte. Sie hörte nicht auf seine Argumente und weigerte sich, im Bungalow seiner
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