Angels - Meine Rache waehrt ewig
bei ihm. Grotto hatte Besuch. Wo bist du?«
»Komme gerade aus der Bibliothek.« Kristi blinzelte und sah ihn im Licht der Laternen die breiten Stufen herunterhasten. Zielstrebig marschierte er auf das English Department zu. Als das Licht auf sein Gesicht fiel, bemerkte sie seinen entschlossenen, angestrengten Ausdruck.
»Gut, dann kannst du im Haus warten.«
»Oder lieber vor der Tür zu Grottos Büro?«
»Nur wenn du mich ›Ich stecke in Schwierigkeiten‹ sagen hörst. Dann darfst du nach Herzenslust Rambo spielen.«
Sie wusste, dass er jetzt nahe genug war, um sie sehen zu können. Sie winkte ihm flüchtig zu, dann eilte sie zurück in das Backsteingebäude und die Stufen hinunter. Noch bevor Jay protestieren konnte, stellte sie das Handy auf lautlos und steckte es wieder in ihre Tasche. Ein Blick auf die Uhr im Gang zeigte ihr, dass sie fast zehn Minuten zu spät kam. Sie legte einen Schritt zu, als wollte sie die verlorene Zeit aufholen.
Als sie um die Ecke bog, entdeckte sie Dr. Grotto, ganz in Schwarz gekleidet, an der Tür zu seinem Büro. Er hielt seine Aktentasche in der Hand und sah aus, als wäre er zum Aufbruch bereit.
»Oh! Dr. Grotto! Es tut mir leid, dass ich zu spät bin«, stieß Kristi außer Atem hervor und hoffte, dass ihre Wangen gerötet waren. »Ich bin durch einen Anruf von meinem Vater aufgehalten worden. Er ist ein wenig überfürsorglich.« Sie brachte ein atemloses, entschuldigendes Lächeln zustande. »Ich musste ihm erzählen, dass ich ein wichtiges Treffen mit Ihnen habe, um ihn abzuwimmeln.«
»Leider habe ich jetzt eine andere Besprechung«, sagte Grotto. Vermutlich eine Lüge.
»Es dauert nur ein, zwei Minuten. Ehrlich.«
Er musterte sie für einen kurzen Augenblick, dann schloss er die Tür wieder. Mit großem Getue blickte er auf seine Uhr, offenbar suchte er bereits nach Ausreden, um das Gespräch so kurz wie möglich zu halten.
Gut. Sie würde es kurz machen.
»Nehmen Sie Platz.« Er deutete auf einen kleinen Schreibtischstuhl mit Rollen und setzte sich selbst in einen abgewetzten Ledersessel auf der anderen Seite des schwarzen Schreibtisches. Dann knipste er die Schreibtischlampe an. Der Raum war nur ein Kämmerlein mit einem Fenster und einem Computertisch in einer Ecke. Ein Bücherregal bedeckte eine Wand, das brechend voll war mit Material über Vampire, Geister, Werwölfe und allem, was das Paranormale betraf.
»Was kann ich für Sie tun?« Dr. Grotto faltete die Hände auf dem Schreibtisch und blickte Kristi mit einer Intensität an, die, so vermutete sie, verunsichernd wirken sollte. Was auch funktionierte. Seine Augen waren tiefliegend und hypnotisierend, sein Gesicht kantig, der Mund so schmal, dass er wie ein Spalt in Grottos starkem, markantem Kinn wirkte. Ein gutaussehender Mann, der mit Hilfe seines Aussehens und seiner Größe die Kontrolle zu übernehmen gewohnt war.
Sie beschloss, mit vollem Einsatz zu spielen. »Ich wollte mit Ihnen über ein paar Ihrer Studenten sprechen.«
Er legte den Kopf zurück. Sein schwarzes Haar glänzte im Licht der Schreibtischlampe. »Es verstößt gegen die Bestimmungen, irgendwelche Informationen über andere herauszugeben. Ich denke, das wissen Sie.«
»Ich spreche von den vermissten Studentinnen«, sagte sie. »Erinnern Sie sich? Dionne Harmon, Tara Atwater, Monique DesCartes und Rylee Ames. Sie alle haben hier studiert und waren in Ihrem Vampyrismusseminar eingeschrieben.«
»Ich sagte schon, darüber werde ich nicht reden.«
»Ich spreche nur von ihrem Studienplan«, stocherte Kristi weiter. »Sie hatten alle Englisch im Hauptfach. Sie besuchten teilweise dieselben Seminare, darunter auch Ihres. Es ist ein sehr beliebtes Wahlfach.«
»Das beliebteste im Fachbereich Englisch«, stimmte er mit einem bemühten Lächeln zu. Seine weißen Zähne bildeten einen starken Kontrast zu der dunklen Haut. Er schien sich ein wenig zu entspannen, abgesehen von dem verräterischen nervösen Zucken an einem seiner Augen. »Vielleicht sogar am ganzen College.«
»Noch beliebter als ›Die Geschichte des Rock ’n ’Roll‹.«
»Das weiß ich nicht. Worauf wollen Sie hinaus, Miss Bentz?«
»Sie waren einer der Letzten, die Dionne Harmon lebend gesehen haben.«
Er erstarrte. »Wollen Sie damit sagen, sie ist tot? Hat man ihre Leiche gefunden?« Seine coole Fassade bekam Risse, und ein Anflug von Panik machte sich in seinem Gesicht bemerkbar. »Lieber Gott, das habe ich nicht gewusst.«
»Ich meinte, dass Sie einer der
Weitere Kostenlose Bücher