Angriff Aus Dem Netz
Universums. Schon die bloße Vorstellung war total irre, dass irgendwo da draußen eine Gruppe von Hackern frei herumlief, Hacker, die so mächtig, so geschickt und clever waren, dass sie tatsächlich ihre virtuellen Treffen im Weißen Haus abhalten konnten, ohne dass irgendjemand etwas merkte.
Und wenn er, Sam, den Zugang schaffte, dann würde er, wenn man dem Totenkopf glauben konnte, sein bisheriges Leben vergessen können.
Sam kam kurz nach zwölf Uhr nach Hause und schlang hastig ein Sandwich hinunter, bevor er sich in sein Zimmer einschloss.
Fargas war mit seinem neuen Laptop und Headset nach Hause geflüchtet – plötzlich war ihm eingefallen, dass er irgendetwas für seine Mutter zu erledigen hatte. Sam hatte allerdings den Verdacht, dass er nur in aller Ruhe Neuro-Doom spielen wollte, und fragte sich, ob er sich darüber nicht Sorgen machen müsste. Spielsucht war ein weltweites Problem und er hatte gehört, dass Neurospiele noch schneller abhängig machten als normale Computerspiele.
Er beschloss, Fargas später anzurufen, um herauszufinden, was er gerade trieb.
Doch bis dahin stand etwas anderes auf seinem Pro gramm: das Weiße Haus. Ganz bestimmt unmöglich zu hacken, jedenfalls, wenn er das glaubte, was ihm eine seiner Gehirnhälften zuflüsterte: Sie haben sich einfach über dich lustig gemacht.
Aber der Totenkopf hatte ziemlich ernst geklungen, als er das gesagt hatte.
Sam verbrachte eine volle Stunde mit googeln.
Die Computernetzwerke des Weißen Hauses werden von der White House Communications Agency (WHCA) gemanagt, die ihrerseits der DISA, der Defense Information Systems Agency, unterstellt ist.
Das Weiße Haus ist Teil des Regierungsnetzes GovNet, einem separaten Netzwerk, das durch ein Air Gap vom Internet abgeschottet ist – isoliert durch die ausgesprochen simple Tatsache, dass keinerlei physische Verbindung zwischen dem GovNet und dem Internet besteht.
Darüber dachte Sam sehr gründlich nach. Theoretisch betrachtet war es unmöglich, ohne Berechtigung auf ein durch ein Air Gap geschütztes System zuzugreifen. Aber andererseits war es in Wirklichkeit praktisch unmöglich, ein so ausgedehntes Netzwerk wie GovNet durch ein Air Gap total, also zu hundert Prozent, abzuschotten – sosehr sich seine Administratoren auch bemühten und so viele Sicherheitsmaßnahmen sie auch installiert haben mochten. Schon eine einzige Verbindung von einem GovNet-Rechner zur Welt draußen würde reichen, um das gesamte Air Gap zu kompromittieren.
DISA betreibt zehn digitale Gateways, die von drei Operation Centers aus das Netzwerk bedienen. Gateways, oder Protokollumsetzer, ermöglichen es, dass Netzwerke, die auf unterschiedlichen Protokollen basieren, miteinander kommunizieren können. Das Netzwerk des Weißen Hauses umfasst das Weiße Haus selbst sowie Camp David, den Landsitz des Präsidenten, sein Flugzeug Air Force One, seine Helikopter-Flotte, seine Limousinenflotte und sein Mobiltelefon sowie eine große Bandbreite von anderen Regierungseinrichtungen.
E-Mails werden an ein Cluster von speziellen Servern geroutet, die im Washington D. C. Network Operations (NetOp) Center stationiert sind. Dort wird auch der Datenverkehr des Weißen Hauses gefiltert, geprüft und im Gov-Net an einen Sekundärserver für E-Mails weitergereicht, der im Weißen Haus selbst lokalisiert ist, wo sie erneut durchleuchtet und schließlich an die verschiedenen E-Mail-Konten im Gebäude verteilt werden.
Es besteht eine einzige offene Verbindung zwischen den mit dem Internet verbundenen E-Mail-Servern im NetOp-Center und dem Server im Weißen Haus in der Form eines Zwei-Wege-Kanals. Alle anderen Netzwerkports sind abgetrennt.
Aber diese eine Verbindung bestand: Und das war ein Draht, der zwangsläufig durch den Air Gap führen musste.
Das musste genügen. Einer von Sams ganz speziellen Tricks bestand aus einer ziemlich cleveren kleinen Software, die die IP-Pakete in winzigste Bits zerlegte, sie an echte E-Mails anhängte und sie am anderen Ende wieder zusammensetzte, sodass eine unsichtbare Verbindung zwischen den beiden Computern hergestellt wurde, die im ständigen E-Mail-Strom zwischen den beiden Netzwerken sozusagen unbeachtet mitschwamm.
Die Sache ist so ähnlich wie das Versenden einer Geheimbotschaft, etwa indem man jeweils nur ein Wort unter eine Briefmarke schrieb und die Briefe dann separat an einen Empfänger verschickte, sodass dieser die Botschaft aus den einzelnen Wörtern wieder zusammensetzen
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