Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)
mein Paket, das ich mir mitlerweile mehr als verdient habe. Auf geht es deshalb zur Kaiser-Wilhelm-Strasse, die glücklicherweise kaum zwei Kilometer entfernt liegt. Hier wiederholt sich der mir schon bekannte Abholprozess.
Leider gibt es auch an der neuen Adresse keine Hinweise auf die sagenhafte Packstation. Aber nun kenne ich den Weg, und da ich immer noch keine Postbankkarte mein eigen nenne, springe ich vor, als das automatische Maul des gelben Geldschranks gähnt und einen Kunden ausspeit. Schon bin ich im Inneren der angeblich Tag und Nacht zugänglichen Station, und wieder nimmt eine wuchtige Paketmaschine ohne menschliche Assistenz die gesamte Wand ein.
Doch jetzt bin ich Profi: Touch Screen , Button , Scanner , Code – alles geschieht bereits wie in Trance. Übung macht den Meister, und der bekommt jetzt dafür ein Überraschungsbonbon. Die Maschine reagiert und will mich tatsächlich akzeptieren: Ich soll meinen Namen eingeben. Das kann jeder, der die Benachrichtigung in Händen hält, denn dort ist er sauber in Kugelschreiberschwarz eingemeißelt. Ich tippe auf der Bildschirmtastatur herum. Blitz, gleich folgt der nächste Schritt: Jetzt soll ich mit dem Finger auf der Mattscheibe unterschreiben. Ich wische zwei feurige Striche auf den Fettfilm und grüße tausend Postkunden, die bereits vor mir ihre Bakterien wie Samenspenden auf der Glasplatte deponierten. Routiniert fragt die Maschine, ob dies meine Unterschrift sei. Wie jeder andere in meiner Situation bejahe ich freudig: Ich will mein Paket!
Wunderwelt der Technik: Es macht laut Plopp! Eine gelbe Klappe schwingt auf und lässt mich in ein Schließfach blicken. In diesem dunklen, tresorartigen Gelass wartet tatsächlich ein Päckchen. Heureka! Schon ist es mein. Es sind Klaviernoten von meinem Hamburger Buchversand.
Die Jagd hat sich gelohnt.
Schweine im Weltall
Flug AB 9142 ist startklar. Ich beäuge am Fenster die betongraue Landebahn. Da zwängt sich ein menschliches Tonnengewölbe neben mich. Heilige Kalbleberwurst, was ist das denn für ein Bär! Der Fleischberg presst sich in meine Sitzreihe und quillt aus allen Nähten. Seine Wampe schwappt über die abgrenzende Lehne auf meinen Sitz. Fettpolster legen sich auf meine Schulter, meinen Arm, meine Brust, meinen Oberschenkel. Ein Entkommen aus der Situation scheint unmöglich.
Ich ersticke unter den mächtigen Massen, die sich auf mich legen. Mühsam dränge ich mit meinem Arm die wabernden Wogen zurück und hoffe, ihr Besitzer nimmt mein Signal wahr und zieht sich auf sein angemietetes Terrain zurück. Stattdessen schnauft der Berg, öffnet den obersten Hosenknopf und kreißt. Pfeifend entweicht Extrafett. Ein Geruch von ausgelaugten Teebeuteln steigt auf. Ich bekomme Raumangst.
Meine Kräfte sind der Flut kaum gewachsen. Mit Händen und Füßen drücke und schiebe ich, doch ich bin nur ein Krümel unter der Masse des knetbaren Materials. Ich ramme meinen spitzen Ellbogen in die Weichteile meines Nebenmannes und dresche mit einer Tageszeitung auf ihn ein. Das Michelin-Männchen reagiert nicht einmal. Flehentlich bitte ich den Koloss, mich für die Stunden der gemeinsamen Flugreise wenigstens Luft holen zu lassen. Mühsam dreht er seinen schweißnassen Schädel in meine Richtung und fixiert mich aus geschwollenen Froschaugen. Dann keucht er kurzatmig: »Ich brauche doch auch Luft, wie soll ich denn sonst sitzen«.
Auf dem Schoß bunkert das Elefantenbaby diverse Schokoriegel und drei Tüten Popcorn. Aus einer stopft er sich das Maul und glotzt währenddessen verzückt auf die Zeichentrickfiguren, die über den Bordbildschirm hopsen. Popcorn bröselt über sein Hemd und sammelt sich in den Hosenfalten. Mein Beinkleid sieht aus, als habe es darauf geschneit. Ich drehe die Lüftung über dem Sitz auf, um etwas Frischluft zu bekommen. Es nutzt wenig. Der korpulente Sitznachbar wächst unverdrossen in die Breite. Mir schwinden die Sinne. Ich bin lebendig begraben und läute verzweifelt die Glocke, die auf meinem frisch errichteten Grabhügel steht. In höchster Not alarmiere ich das Bordpersonal!
Die Linienmaschine ist ausgebucht, und die Stewardessen haben keinen Ersatzplatz frei. Warum Herr Fettberg denn nicht zwei Tickets kaufen muss, um sich auszubreiten, frage ich laut und mit hörbarer Schärfe. Jede Tasche wird gewogen und Übergepäck mit frechen Frachtkosten belegt. Warum muss ich dann mit meinen 75 Kilo Lebendgewicht genau so viel zahlen wie
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