Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)
dich! Verzweifelt halte ich den Atem an und zwinge mich, den Blick abzuwenden und wieder in der Zeitschrift zu blättern.
Nach einer Weile wankt das Riesenweib samt Gefolge zurück. Ihren Geruch schiebt sie als träge Wolke vor sich her. Ich mag mir kaum vorstellen, was die Bagage zwischenzeitlich in der engen Toilette des Flugzeuges veranstaltete. Mit den neugierigen Augen eines unschuldigen Kindes starre ich sie an und danke den Schicksalsgöttern für ihre Milde, die mich vor dem Schlimmsten bewahrt hat! Ich schwitze zwar neben einem debilen Sumo-Ringer, der mich fast zerdrückt und dabei Popcorn über mich verstreut. Gegen die Walküre ist mein Sitznachbar jedoch ein Fliegengewicht. Unendlich grausamer wäre es, unter dieser Monsterqualle als Strandgut lebendig begraben zu sein, ihren fischigen Geruch einzuatmen und ihr unsägliches Gebrabbel zu ertragen, während ihr ungepflegter Köter an meinen Hosenbeinen nagt!
Alles ist relativ. Unter dem unmittelbaren Eindruck der Qualle wird mir mein Nachbar jedenfalls regelrecht sympathisch. Es scheint mir selbstverständlich, dass er sein Tablett aufgrund seines Körperumfanges nicht herunter klappen kann. Gern kann er mein Tischchen benutzen, um sein Bordmenu darauf abzustellen und zu verzehren. Auch als Ablage für seinen kolossalen Arm bin ich optimal geeignet und ergebe mich in mein Schicksal. Als schließlich sein fetter Wurstfinger auf mein unberührtes belegtes Brot deutet, überlasse ich es ihm gern. Wer bereits lebendig begraben ist, der muss nicht mehr essen und teilt gern mit den Hungernden dieser Welt. Der Wanst wird mir beim Zusammenwachsen über den Wolken ein lieber Weggefährte, denn jetzt ahne ich: es hätte mich weitaus schlimmer treffen können!
Bei abgedunkelter Kabinenbeleuchtung und der dumpf schuppigen Geräuschkulisse im Flugzeug verknüpfe ich meinen Kopfhörer mit dem Bordsystem und höre »Das Dschungelbuch«. Darin geht es um das Findelkind Mowgli, das sich mit den Tieren des Dschungels anfreundet. Das Wispern des Sprechers erinnert mich an die Schlage Ka, die Mowgli hypnotisieren und in tiefen Schlummer versetzen möchte. Sanft schmiege ich mich an den menschlichen Airbag neben mir und träume von Mowglis Freund Balou, dem gutmütigen Zottelbären. Ich genieße die weichen Windungen seines Körpers, die mir als Kissen dienen und summe »Versuchs mal mit Gemütlichkeit«.
Im süßen Schlummer sehe ich mich von Riesenweibern verfolgt, die sich wie hungrige Gottesanbeterinnen über mich stülpen, um mich mit Haut und Haaren zu verschlingen. Schweißnass erwache ich beim Zielanflug und freue mich, weiterhin zu den Lebenden zählen zu dürfen. Nach der Landung frage ich meinen bärenartigen Nachbarn, ob er zufällig auch an dem Tag zurückfliegt, den ich gebucht habe. Ich würde mich unendlich auf seine erneute Nachbarschaft freuen! Dann weiß ich wenigstens, was auf mich zukommt und werde vor Schlimmerem bewahrt.
Der Tag, an dem ich das Meerschwein rettete
Jawohl, ich bin bekennender Anhänger des Versandhandels. Zu meinen Lieblingsslogans zählt die Losung »Kaufen ohne zu laufen«. Gern erwarte ich daher das Eintreffen prächtiger Einkaufskataloge, die ihre farbenprächtigen Warenwelten vor meinen leuchtenden Augen ausbreiten. Vor kurzem trudelte ein besonders viel versprechendes Exemplar der neuesten Kataloggeneration ins Haus. Das geschah gerade zum richtigen Zeitpunkt, denn meine Tochter wünschte sich sehnlich ein Haustier.
Nach langem Hin und Her, sie erklärt sich zur Reinhaltung und Pflege bereit, wird ihr zum Geburtstag ein Tier ihrer Wahl gestattet. Sie hat freie Auswahl aus dem neuen Katalog. An ihrem Ehrentag vergräbt sie sich damit in ihrem Zimmer und schlägt das Kapitel »Haustiere« auf. Glücklicherweise ist sie so vernünftig, kein Verlangen nach Vogelspinnen, Chamäleons oder Stinktieren zu verspüren. Die werden durchaus angeboten. Sie sehnt sich nach einem vierbeinigen Spielgefährten, der zu ihr passt. Ihre Wahl fällt auf ein Meerschwein. Ein besonders ansehnliches Exemplar ist im Katalog abgebildet.
Der neue Katalog Virtuell Shopping 3000 bietet erhebliche Vorteile: Jede Katalogabbildung lässt sich vergegenständlichen und sofort in die Hand nehmen. Kleidungsstücke können augenblicklich anprobiert und bei Gefallen behalten und getragen werden. Haushaltsgeräte lassen sich testen. Kleinmöbel können an Ort und Stelle aufgestellt werden. Geburtstagsgeschenke werden originell
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