Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)
Hilflosigkeit bemerkt. Offenbar ist er sicher, es mit keinem Straßenräuber zu tun zu haben, der es auf sein Bargeld abgesehen hat. Und Spürnase sei Dank: Im hinteren Teil der automatischen Kontostube steht eine gewaltige, gelbe Schrankwand. Das ist, wie die Inschrift informiert, meine gesuchte Packstation. Damit komme ich jetzt schnell und einfach an meine Sendung, so verspricht es die Benachrichtigung.
Respektvoll grüße ich den Koloss und trete an den in der Mitte eingelassenen Bildschirm. Durch einen Fingerabdruck auf den Bildschirm, postdeutsch heißt das Teil Touch Screen, öffnet sich ein Menü, auf dem ich das Feld, pardon!, den Button , mit der Aufschrift »Sendung abholen mit Benachrichtigungskarte« wähle. Der elektronische Schalterbeamte verlangt, den Strichcode auf der Rückseite der Karte vor den Scanner zu halten und auf weitere Anweisungen zu warten. Bei diesem Scanner handelt es sich um ein kleines Fenster, aus dem ein rubinroter Laserstrahl meine Karte abtastet, als ich sie vor das Lesegerät halte. Das kenne ich von der Ladenkasse im Supermarkt. Der Rechner im Inneren des Packautomaten schüttelt jedoch abweisend den Kopf. Steif und fest behauptet er: »Hier liegt kein Paket für Sie zur Abholung bereit«.
Schönen Dank, Genosse Computer! Ich besitze eine Abholkarte. Ich befinde mich an der darauf genannten Adresse. Ich stehe vor der richtigen Packstation, und ich habe Touch Screen , Button und Scanner weisungsgemäß bedient. Vielleicht habe ich den Strichcode verkehrt herum gehalten? Gern versuche ich es noch einmal. Wieder heißt es kategorisch, es sei kein Paket für mich gelagert. Mehrmals wiederhole ich den Vorgang: Von oben und unten, von links und von rechts, mal schnell, mal langsam schiebe ich den Strichcode an dem Gerät vorbei. Der Laser linst und tastet, doch das Ergebnis bleibt gleich: »Hier liegt kein Paket für Sie zur Abholung bereit!« Das macht mich wirklich wütend.
Ich stehe allein im modernen Paketpalast. Servicepersonal ist durch die Technik entbehrlich geworden. Leider befinden sich gerade auch keine Senioren in der Nähe, die mir bestimmt mit jahrzehntelangen Erfahrungen helfen könnten. Doch wie reimte im Frühstücksradio ein Politiker, der eine empfindliche Wahlniederlage seiner Partei vertuschen wollte: »Nur die Harten kommen in den Garten!« Das wäre ein griffiges Motto für die Paketstation statt eine mobilisierende Losung für gebeutelte Parteigenossen. Also, heran an den Feind!
Der Touch Screen verspricht die Verbindung zu einer Hotline . Ich drücke auf den verschmierten Bildschirm und, Wunder über Wunder, die Maschine schnauft, schnarrt und hustet. Eine gelbe Frauenstimme tönt aus der Station und fragt mich nach meinem Begehr. Ich spreche in ihre Richtung, sie versteht mich nicht. Ich beuge mich zum Scanner und frage, ob es nun besser sei. Es rauscht im Karton. Schließlich erklärt sie, mich leidlich verstehen zu können. Ich wusste doch, es geht noch menschlich zu bei der guten alten Post.
Genau schildere ich der Stimme aus der gelben Schrankwand, ich stünde weisungsgemäß vor Packstation 133 und würde gern mein Päckchen in Empfang nehmen. Doch leider spielt die Maschine nicht mit. »Lesen Sie den Strichcode vor«, schnarrt die Stimme. Wie lese ich einen Strichcode vor, etwa dreimal dünn, zweimal dick, dann ein Leerraum? Bei näherem Hinsehen entdecke ich Zahlen unter den Strichen. Ein Glück, ich habe geschwiegen und mich vor einer Blamage bewahrt. Also bitte: »6-0-7-7-0-5-3-0-5-6-3-4«.
Knistern, Husten, Stimmengewirr. Es klingt fast, als stünde im Hintergrund ein Ausbilder, der meiner Frauenstimme souffliert. Vielleicht ist die gelbe Paketstimme noch in der Probezeit? Da geht es weiter. Das Orakel aus der Tiefe der Paketanlage verkündet mein Urteil: »Sie stehen in der falschen Station. Ihre Sendung liegt in Station 134«. – Wie bitte? Adresse und Strichcode sind doch zweifelsfrei gedruckt, was kann da falsch sein? Knister, knarrrrrrz. »Der Zusteller hat versehentlich die falsche Karte gegriffen. Ihre Sendung befindet sich in Station 134, Kaiser-Wilhelm-Strasse 61. Es tut uns leid.«.
Wie wohltuend ist doch das Mitgefühl einer sprechenden Schrankwand in gesetzlich geschütztem Postgelb! Nun soll ich das gesamte Procedere wohl noch einmal an anderer Stelle wiederholen! Das ist doch zum junge Hunde kriegen! Es reizt mich andererseits, endlich zu einem Ergebnis zu kommen. Außerdem bin ich neugierig auf
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