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Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid

Titel: Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kilborn
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erneut.
    »Sal?«

    Sie folgte den Schritten im Erdgeschoss und dem Knarzen der Dielenböden, die sich den Flur entlang Richtung Küche bewegten.
    »Sal!«
    Lauter diesmal. Nach fünfunddreißig Jahren Ehe waren die Ohren ihres Mannes nur zwei von mehreren Körperteilen, die langsam ihren Geist aufgaben. Maggie hatte ihn schon mehrmals darauf angesprochen, sich endlich ein Hörgerät anzuschaffen. Aber jedes Mal, wenn sie das Thema anschnitt, grinste er sie nur an und tat so, als hörte er kein Wort. Sie konnte nie umhin, zu lachen. Lustig, wenn man sich im selben Zimmer befand, aber nicht so lustig, wenn er unten und sie oben war und ihn rufen wollte.
    »Sal!«
    Wieder keine Antwort.
    Maggie wollte schon auf den Boden stampfen, wusste aber, dass es nichts bringen würde. Sie wusste, dass der Mann im Haus Sal sein musste.
    Oder?
    Das Haus der Mortons lag direkt am See und war eines der letzten an der Gold Star Road. Ihre nächsten Nachbarn, die Kinsels, wohnten etwa einen Kilometer entfernt und waren den gesamten Herbst über verreist. Diese Abgeschiedenheit war einer der Gründe gewesen, warum sich die Mortons das Anwesen überhaupt gekauft hatten. Maggie konnte ganze Tage damit verbringen, kein anderes menschliches Wesen - von ihrem Mann abgesehen - zu treffen; es sei denn, sie fuhr in die Stadt und machte Besorgungen. Der Gedanke, dass jemand Fremdes in ihr Haus eindrang, war schlicht und ergreifend unvorstellbar.
    Dieser Gedanke der Unmöglichkeit beruhigte sie wieder, und sie schloss erneut die Augen.

    Kurz darauf riss sie diese allerdings wieder auf, als das Geräusch der Mikrowelle an ihre Ohren drang. Schon bald folgte eine Salve Maschinengewehrfeuer, die sie als poppendes Popcorn erkannte. Sal sollte um diese Zeit nichts mehr essen. Der Arzt hatte ihn davor gewarnt, es würde sein Sodbrennen nur noch anschüren, was wiederum Maggie auf die Palme brachte, weil sie kein Auge zutun konnte, wenn Sal sich die ganze Nacht unruhig von einer Seite auf die andere warf.
    Sie seufzte und setzte sich auf.
    »Sal! Der Arzt hat dich vor diesen nächtlichen Snacks gewarnt!«
    Keine Antwort. Maggie fragte sich, ob Sal tatsächlich Probleme mit den Ohren hatte oder es einfach nur als Vorwand benutzte, um sie ignorieren zu können. Jetzt schwang sie ein Bein aus dem Bett und stampfte kräftig drei Mal mit ihrer Ferse auf den Boden.
    Sie wartete auf eine Antwort.
    Bekam aber keine.
    Maggie stampfte erneut auf und brüllte dann »Sal!«, so laut sie konnte.
    Zehn Sekunden verstrichen.
    Und weitere zehn.
    Dann hörte sie die Toilettenspülung im Erdgeschoss.
    Wut stieg in ihr auf. Ihr Mann hatte sie offensichtlich gehört, ignorierte sie jedoch. Das war so ganz und gar nicht typisch für Sal.
    Dann, ähnlich einer Hitzewallung, überkamen sie Zweifel. Was war, wenn die Person da unten doch nicht Sal war?
    Es muss Sal sein, versicherte sie sich. Sie hatte keine Boote gehört, auch keine Autos. Außerdem war Maggie eine Städterin. Sie kam aus Chicago und hatte die Stadt im Blut. Selbst gute zwanzig Jahre im Nirgendwo hatten es ihr nicht austreiben
können, jeden Abend gewissenhaft die Haustür abzuschließen.
    Die Wut packte sie erneut. Sal ignorierte sie absichtlich! Wenn er erst einmal seinen Fuß ins Schlafzimmer setzte, könnte er sich auf etwas gefasst machen. Sie würde ihm die Leviten lesen. Oder sollte sie ihn vielleicht einfach ignorieren? Wie du mir, so ich dir, dachte sie.
    Beruhigt schloss sie die Augen. Kurz darauf drang das ihr wohlbekannte Geräusch von Sals Außenborder durch das Fenster an ihre Ohren. Der Evinrude war älter als Sal. Warum er sich nicht einen neueren, schnelleren Motor anschaffte, konnte sie nicht begreifen. Einer der Gründe, warum sie nicht mit ihm auf den See fahren wollte, war die Tatsache, dass der alte Außenborder ständig seinen Geist aufgab und …
    Maggie schnellte hoch. Panik ergriff sie. Wenn Sal im Boot saß, wer war dann im Haus?
    Sie schnappte sich erneut ihre Brille und griff nach dem Telefon neben dem Wecker. Kein Freizeichen. Sie wählte eine Nummer. Die Leitung war tot.
    Maggie begann flacher zu atmen. Sals Boot kam immer näher, aber es würde noch einige Minuten dauern, ehe er am Steg anlegte. Und selbst wenn er nach Hause kommen würde, was sollte dann passieren? Sal war ein alter Mann. Was konnte er schon gegen einen Einbrecher ausrichten?
    Sie hielt den Atem an und konzentrierte sich auf die Geräusche von unten. Dann hörte sie etwas, aber es kam nicht aus dem

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