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Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid

Titel: Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kilborn
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und jetzt war Jessie Lee auf die famose Idee gekommen, der langen Liste nicht eingeplanter Kosten ein Streichquartett hinzuzufügen. Erwin brauchte mindestens zwei weitere Jobs, um mit all den Rechnungen mithalten zu können.
    Aber jeglicher Gedanke an Geld, die Heirat und Jessie Lee löste sich in Nichts auf, als er in das Cockpit des abgestürzten Helikopters starrte.
    »Schau gar nicht erst hin«, riet ihm Josh.
    »Ich kann nicht anders. So etwas habe ich noch nie gesehen. Du etwa?«
    Josh starrte an dem vorbei, was noch vom Hubschrauber übrig geblieben war, und blickte in den dunklen Wald. Er schüttelte den Kopf und spuckte auf den Boden.
    »Wem gehört wohl welcher Kopf? Was meinst du?«, wollte Erwin wissen.
    »Das ist eine Sache für den Gerichtsmediziner.«
    »Das müssen wohl die Rotoren gewesen sein, oder?«
    Josh antwortete nicht. Erwin trat einen Schritt zurück, konnte aber die Augen nicht von dem Anblick abwenden, der sich ihnen da bot. Ihr Tanklaster mit über zehntausend Litern Wasser an Bord stand nicht weit von ihnen auf einem Sandweg; sämtliche Streiflichter waren angeschaltet, so dass
die Szenerie immer wieder in Rot und Blau getaucht wurde. Sowohl Erwin als auch Josh hatten Taschenlampen, aber selbst mit all dem Licht und dem Vollmond war es ihnen unmöglich, die Szene in ihrer ganzen katastrophalen Ausdehnung wahrzunehmen. Der Wald war einfach zu dicht.
    Als sie eintrafen, war das Feuer schon so gut wie erloschen. Ein paar Tannen waren angekohlt, aber der Regen, der zwei Tage zuvor gefallen war, hatte Schlimmeres verhindert und das Feuer gar nicht erst ausbreiten lassen. In einem Umkreis von zwanzig Metern lagen überall Trümmer, obwohl man nicht alles sehen konnte - dazu reichten ihre Taschenlampen nicht aus. Die rauchenden Metallstücke schienen merkwürdig fehl am Platz und ließen den Wald wie einen unheimlichen außerirdischen Planeten erscheinen. Erwin gefiel das alles ganz und gar nicht.
    Er entfernte sich weiter von dem Wrack, bis er nur noch die groben Umrisse der Leichen sehen konnte. Plötzlich hörte er zu seiner Rechten einen Zweig knacken. Erwin schreckte auf und richtete seine Taschenlampe in die Richtung des Geräusches. Welches Reh oder welcher Waschbär war wohl neugierig genug, um sich diesem Schauplatz zu nähern? Als der Lichtkegel durch den Wald streifte, sah er zwei Augen aufblitzen, die aber gleich wieder verschwanden.
    Erwin warf einen Blick zu seinem Partner. Josh hatte sich dem Cockpit genähert und starrte hinein. Erwin konzentrierte sich also erneut auf den Wald. Die Augen gehörten keinem Reh oder Hirsch, keinem Rotwild. Vielleicht ein Bär? Möglich wäre es - wenn er aufrecht dagestanden hatte. Aber Erwin kannte sich mit Bären aus, und der gesamte Wald machte Platz, sobald sich ein Bär in der Umgebung zeigte. Erwin lauschte in die Dunkelheit hinein.
    Der Wald erzählte ihm nichts. Erwin wurde das unangenehme
Gefühl nicht los, dass ihn diese Augen noch immer beobachteten.
    »Hallo? Ist da jemand?«
    Er kam sich dämlich vor, so etwas in die Wildnis hineinzurufen. Und noch viel dämlicher, als er keine Antwort erhielt. Er ließ den Lichtkegel erneut hin und her wandern und versuchte, zwischen den Bäumen etwas zu erkennen, schaffte es aber nicht. War jemand in der Lage gewesen, aus dem Wrack des Hubschraubers lebend herauszukommen? Vielleicht jemand, der verletzt und jetzt nicht fähig war, ihm zu antworten? Erneut warf er Josh einen Blick zu, der mittlerweile den Helikopter genauer unter die Lupe nahm. Erwin musste es auf eigene Faust herausfinden.
    Der Wald wurde schnell dunkel. Das Mondlicht schaffte es nicht einmal andeutungsweise durch die dichten Wipfel, und der schmale Lichtkegel der Taschenlampe zeigte kaum mehr Wirkung als ein Theaterstrahler, der nichts als einen winzigen Ausschnitt erhellte. Erwin drang langsam in den Wald vor, stets auf seine Umgebung achtend. Als er noch ein Teenager gewesen war, hatte er einmal aus Versehen einen Dachs während eines Nachtspaziergangs durch den Wald aufgeschreckt, und der Biss, den das Tier ihm verpasst hatte, schmerzte ihn noch immer. Das war so ziemlich der furchterregendste Augenblick in Erwins Leben gewesen. Er hatte sich nicht wehren, sondern nur vor Angst paralysiert dastehen können.
    Seitdem hütete sich Erwin vor jeder Art von Konfrontation. Mit Sport hatte er aufgehört und wandte den üblichen Keilereien unter jungen Männern den Rücken zu. Sich selbst als Feigling einzustufen war viel einfacher, als

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