Angstpartie - Thriller
kommen.«
»Besuchen?« Liz’ Blick verriet ihre Verwunderung.
»Ja. In Damaskus.« Er sah sie lange an. Offenbar war er überrascht. »Wussten Sie nichts davon?«
»Wovon denn?«, fragte Liz. Langsam verging ihr die Lust an Rätseln. Immer wenn sie glaubte, eins gelöst zu haben, tauchte bereits das nächste auf. Selbst beim Essen mit einem Mann, der ihr immer sympathischer wurde.
»Ich bin versetzt worden. Ich gehe zurück nach Syrien. Hat Geoffrey Fane Ihnen das nicht gesagt?«
»Geoffrey? Was hat er damit zu tun?«
»Ich glaube, er ist nicht ganz unschuldig daran, dass sich mein Aufenthalt in London so drastisch verkürzt hat«, antwortete Miles mit leichtem Groll in der Stimme. »Eigentlich war es Bokus′ Idee. Er mochte mich von Anfang an nicht, und nach dem Debakel im Kricketstadion wurde
es immer schwieriger, mit ihm zusammenzuarbeiten. Als dann Ty Oakes nach der Friedenskonferenz in den Nahen Osten reiste, erwähnte der dortige Abteilungsleiter des MI6 - sein Name ist Whitehouse -, meine Gegenwart in Syrien könnte unsere gemeinsamen Bemühungen voranbringen. Whitehouse vertraute mir später an, dass Geoffrey Fane ihn gebeten hatte, meine Versetzung vorzuschlagen. Und da Bokus mich lieber heute als morgen loswerden wollte, traf sich das hervorragend. Die Sache war im Nu abgenickt.«
Liz brauchte einen Augenblick, bis sie die Neuigkeiten verdaut hatte. »Aber weshalb interessiert es Geoffrey, ob Sie hier sind oder sonst wo auf der Welt?«, brachte sie schließlich hervor.
Miles zuckte leicht mit den Achseln. »Dazu habe ich eine eigene Theorie. Es könnte etwas mit Ihnen zu tun haben. Ob es tatsächlich so ist, wissen Sie vielleicht besser als ich.«
Liz dachte schweigend darüber nach. Miles konnte damit nur meinen, dass Fane ihre Freundschaft mit dem jungen Amerikaner nicht gern sah. Fragte sich nur, ob aus beruflichen Gründen oder aus privaten.
»Das tut mir wirklich leid«, sagte sie schließlich. Dabei wusste sie selbst nicht recht, ob sie Miles’Versetzung an sich meinte oder dass Bokus und Fane sie eingefädelt hatten.
Befangen winkte Miles ab. »Ach was. Mir gefällt es in Damaskus. Und wie ich schon sagte: Sie müssen mich besuchen … Sollen wir gehen?«
Draußen kämpfte das fahle Licht der tief stehenden Sonne vergeblich gegen die Kälte des Herbstwindes an. Liz knöpfte ihren Mantel zu und zog den Gürtel straff. Schweigend gingen sie zum Fluss. Am Süd-Ende der Lambeth Bridge verabschiedete sich Liz nach kurzem Zögern mit einem
Händedruck von Miles. Eigentlich hatte sie ihn umarmen wollen.
Wer weiß, was aus uns geworden wäre, dachte sie auf dem Weg über die Brücke. Dank Bokus′ beruflicher Eifersucht und vielleicht auch Geoffreys persönlicher würde sie das vermutlich nie herausfinden. Natürlich konnte sie sich einreden, sie bräuchte nur in ein Flugzeug zu steigen und nach Damaskus zu fliegen. Aber das würde nie geschehen. Es gibt so viele Was-wäre-wenns in meinem Leben, dachte Liz wehmütig. Einerseits freute sie sich über den erfolgreichen Abschluss des Syrien-Falls, andererseits erinnerte er sie schmerzlich daran, dass sie in ihrem Privatleben keinen Schritt vorankam.
Was soll’s, sagte sie sich, als die wuchtigen Mauern des Thames House vor ihr aufragten. Wenigstens habe ich einen Beruf, in dem ich aufgehe und der mir wichtig ist. Am Eingang zeigte sie ihren Ausweis und lachte über den üblichen müden Witz, den ihr Ralph, der Sicherheitsmann an der Tür, erzählte. Und während der Fahrt mit dem Aufzug fand sie einen gewissen Trost darin, wieder in ihrer vertrauten Umgebung zu sein. Gleneagles schien auf einem anderen Planeten zu liegen.
In ihrem Büro blätterte Liz den Stapel Unterlagen durch, der sich in ihrer Abwesenheit angesammelt hatte. Weit war sie noch nicht gekommen, als jemand leise an ihre Tür klopfte. Peggy stand auf der Schwelle des Büros. Sie war kreidebleich.
»Was ist denn los?« Liz’ Stimme klang besorgt.
»Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich habe es gerade erst gehört.«
»Was denn?« Liz fragte sich, was passiert sein konnte. Die Friedenskonferenz war beendet, Hannah Gold sicher in Tel Aviv angekommen und Danny Kollek gefasst. Gab es schon wieder eine neue Katastrophe?
»Charles tut mir so leid«, sagte Peggy mit tränenerstickter Stimme. Liz spürte, wie ihr Herz schneller schlug.
»Joanne ist gestorben«, schluchzte Peggy. »Es muss schrecklich für ihn sein. Ich weiß, sie war lange schwer krank. Aber nun ist sie
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