Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
ein übler, versoffener Halsabschneider, der nicht allzu viel für die Gilde übrig hat. Aber wenn er genug Silber zu sehen bekommt, hält er seinen Mund und tut, wofür er bezahlt wurde. Die Sorte Gauner, der für einen guten Preis auch die eigene Mutter verkaufen würde.«
    Korlebek. Ida runzelte nachdenklich die Stirn. Wo war ihr der Name dieses Städtchens zuvor begegnet?
    »Dieser Wirt, Marten ist sein Name, hat vor etlichen Jahren als Söldner im Dienst eines Khans vom Nebelhort gestanden – kaum zu glauben, wenn man sich den fetten Kerl jetzt ansieht – und kennt sich dementsprechend gut dort aus. Er hat immer noch Beziehungen dorthin. Er schafft Leute aus der Verlorenen Provinz über die Grenze.« Sie grinste. »Wahrscheinlich müssen sie ihm dafür ihr gesamtes Hab und Gut und ihre Erstgeborenen überlassen. Ich denke, er schmuggelt auch, allerdings in etwas größerem Rahmen, als wir es Matelda zuliebe getan haben. Wir haben ihn fürstlich entlohnt, und er hat uns Namen von Kontaktpersonen genannt und uns sogar selbst auf einem Teil unserer Reise begleitet.«
    Ida hatte schweigend gelauscht, konnte jetzt aber eine Frage nicht mehr zurückhalten: »Wie hat Mellis sich getarnt? Sie ist doch nicht gerade unauffällig.«
    Dorkas nickte. »Es gibt Grennach im Nebelhort. Sie leben sehr zurückgezogen, fast noch mehr als hier bei uns, aber sie sind kein so ungewöhnlicher Anblick, dass man Verdacht geschöpft hätte.«
    Dorkas und Mellis hatten es wirklich geschafft, sich in den verschiedenen Bezirken der Verlorenen Provinz genau umzusehen. Der Wirt Marten hatte ihnen geraten, sich als herumreisende Tagelöhnerinnen auszugeben, etwas, das dort für allein stehende Frauen der unteren Kasten als durchaus üblich und schicklich galt. Sie hatten sich derart sogar problemlos ihren Lebensunterhalt verdient, und da sie niemals lange an einem Ort blieben, fiel auch niemandem auf, dass sie sich mit den Sitten und Gebräuchen des Landes nicht besonders gut auskannten.
    »Ist es dort denn so anders als bei uns?«, fragte Ida gespannt. Dorkas verdrehte die Augen.
    »Ich wollte es zuerst auch nicht glauben, aber wir sind in der ersten Zeit von einem Fettnapf in den nächsten getreten. Zwei- oder dreimal mussten wir zusehen, dass wir schleunigst das Dorf verließen, weil man uns sonst wahrscheinlich eingesperrt oder gleich am nächsten Baum aufgehängt hätte. Sie sprechen dort zwar die gleiche Sprache wie wir, aber nicht alle Worte haben auch dieselbe Bedeutung. Und was die Sitten und Verhaltensregeln angeht ...« Dorkas schüttelte den Kopf.
    An ihrem zweiten Tag im Nebelhort hatten sie das Pech, auf einer der Straßen ins Landesinnere einem Angehörigen der Ersten Kaste zu begegnen. Er wurde von einem Trupp von Soldaten begleitet, und wer nicht schnell genug an den Straßenrand auswich und die Stirn demütig in den Staub drückte, wurde erbarmungslos von ihnen ausgepeitscht.
    »Ich hatte noch tagelang blaue Flecken, weil Mellis nichts Besseres eingefallen ist, um mich schnell auf den Boden zu bekommen, als mir in die Kniekehlen zu treten. Und ich musste ihr zu allem Überfluss noch dankbar dafür sein, dass sie mir die nähere Bekanntschaft mit diesen ekelhaften Peitschen erspart hatte.« Die grauhaarige Frau schüttelte sich angewidert. »Sie knoten spitze Steine in die Lederschnüre. Das reißt dir die Haut in Fetzen vom Leib, kann ich dir sagen. Ich hatte später Gelegenheit genug, solche Auspeitschungen mitanzusehen. Es ist dort so eine Art Volksbelustigung, genau wie die öffentlichen Hinrichtungen.« Dorkas versank wieder in nachdenkliches Schweigen.
    »Und, was habt ihr rausgefunden?«, fragte Ida schließlich. Dann sah sie hinauf und prüfte den Sonnenstand. »Ach, Mist«, entfuhr es ihr. »Ich habe der Hufschmiedin versprochen, dass ich ihr helfe. Ihr Lehrling hat heute Nachmittag Unterweisung bei Catriona.«
    Dorkas stand auf. »Das trifft sich gut, ich muss mich nämlich auch sputen. Ich bin mit Mellis verabredet, wir wollten zu den Docks gehen. Gestern soll ein Schiff mit Handelsgütern aus dem Nebelhort angelegt haben.« Sie lachte auf. »Mit legalen Handelsgütern, versteht sich. Möglicherweise ist eine Nachricht für uns mitgekommen. Es gibt nämlich eine Reihe von Menschen in der Verlorenen Provinz, die lieber vom Hierarchen beherrscht würden als vom Padischah und seinen Khanen. Wir haben auf unserer Mission etliche Unzufriedene kennen gelernt.«

    »Du willst also wirklich dorthin zurück?«, fragte Ida

Weitere Kostenlose Bücher