Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Titel: Anita Blake 04 - Giergige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton

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tun.« Er betrachtete den Schnee, dann blickte er auf, wie ein Mann, der aus der Tiefe an die Wasseroberfläche kommt. »Es hat ganze Körperteile gefressen. Wie ein Fleischfresser. Wenn das wirklich ein Bär war, muss er gefangen werden, ehe er noch jemanden reißt.«
    »Samuel hier hat einen Abschluss in Biologie«, sagte Titus. »Ich ebenfalls«, erklärte ich. Bei mir war es zwar die Biologie der übernatürlichen Lebewesen, aber, Mann, Biologie ist Biologie, oder?
    »Ich sitze an meiner Doktorarbeit«, sagte Williams. »Ja, studiert Eulenscheiße«, behauptete Aikensen. Es war schwer zu sagen, aber ich meine, dass Williams errötete. »Ich untersuche die Ernährungsgewohnheiten von Strix varia.«
    Ich hatte Biologie studiert. Ich wusste, was das bedeutete. Er sammelte Kot und Gewölle, um sie zu analysieren. Aikensen hatte Recht. In gewisser Weise.
    »Promovieren Sie in Ornithologie oder speziell über Strigiformes?« Ich war stolz, dass ich den lateinischen Namen für Eulenvögel noch im Kopf hatte. Williams bedachte mich mit einem anerkennenden Blick. »Ornithologie.«
    Titus sah aus, als habe er einen Wurm verschluckt. »Ich brauche keinen Collegeabschluss, um einen Bärenangriff zu erkennen.«
    »In St. Gerard County ist der letzte Bär 1941 gesichtet worden«, berichtete Williams. »Und ich glaube nicht, dass e ein Angriff gemeldet wurde.« Die Schlussfolgerung war klar. Wie sollte Titus den Überfall durch einen Bären erkennen, wenn er noch gar keinen gesehen hatte?
    Titus schleuderte seinen Kaffee in den Schnee. »Hören sie, Jüngelchen -« »Vielleicht ist es trotzdem ein Bär gewesen«, sagte Dolph. Alle Blicke richteten sich auf ihn. Titus nickte. »Das ist es, was ich die ganze Zeit sage.« »Dann sollten Sie besser einen Hubschrauber und ein paar Hunde anfordern.«
    »Wovon reden Sie?«
    »Ein Tier, das einen Mann aufschlitzt und halb auffrisst, bricht vielleicht auch in Häuser ein. Wer weiß, wie viele Leute der Bär noch umbringt.« Dolphs Miene war undurchdringlich, einfach ernst, als glaubte er, was er da sagte.

    »Also, ich will hier keine Hunde haben. Löst eine Panik aus, wenn die Leute denken, dass ein rasender Bär herumläuft. Erinnern Sie sich, wie verrückt alle waren, als vor fünfzehn Jahren einem sein Puma entlaufen war. Die Leute haben auf jeden Schatten geschossen.«
    Dolph sah ihn nur an. Wir alle sahen ihn an. Wenn es ein Bär war, musste er sich danach verhalten. Wenn es kein Bär war ...
    Titus scharrte mit seinen schweren Stiefeln unbehaglich im Schnee. »Vielleicht sollte Ms Blake einen Blick darauf werfen.« Er rieb sich die Nasenspitze. »Will nicht aus falschen Gründen eine Panik auslösen.«
    Die Leute sollten nicht denken, dass ein wütender Bär frei herumlief. Aber es störte ihn nicht, wenn die Leute dachten, dass ein Monster frei herumlief Oder er glaubte nicht an Monster. Möglich.
    Was auch immer, wir waren unterwegs zum Tatort. Zu einem möglichen Tatort. Ich ließ alle warten, bis ich mir die Nikes und den Overall angezogen hatte, den ich für solche Fälle und für Vampirtötungen bei mir hatte. Konnte es nicht leiden, wenn ich Blutflecke in die Kleidung bekam. Außerdem war der Overall wärmer als die Strumpfhose.
    Titus ließ Aikensen bei den Wagen bleiben. Hoffentlich erschoss er niemanden, solange wir weg waren.

8

    Zuerst sah ich die Leiche gar nicht. Ich sah nur den Schnee. In einer Senke, wie man sie im Wald häufig findet, hatte er sich zu einer hohen Wehe aufgetürmt. Im Frühjahr füllen sich die Senken mit Regenwasser und Schlamm. Im Herbst türmt sich darin das Laub. Im Winter liegt darin der Schnee besonders tief. Die Fußspuren stachen im Mondschein deutlich hervor, jede einzelne ein Hochrelief, wie Schalen angefüllt mit blauem Schatten.
    Ich stand am Rand der Lichtung und betrachtete das Gemisch der Spuren. Eine davon hatte der Mörder hinterlassen, oder der Bär. Aber wenn es kein Tier gewesen war, wusste ich nicht, wie man feststellen wollte, welche Spur bedeutsam war. Vielleicht war jeder Mordschauplatz so voller Fußspuren, und erst der Schnee machte es hier richtig sichtbar. Oder aber hier hatten sich mehrere herumgetrieben. Ja.
    Jede Spur, ob von einem Polizisten oder nicht, führte an dieselbe Stelle - zur Leiche. Dolph hatte gesagt, der Mann sei aufgeschlitzt und halb gefressen worden. Ich wollte das nicht sehen. Ich hatte einen sehr schönen Abend mit Richard verbracht. Einen erfreulichen Abend. Es war nicht fair, dass ich mir