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Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Titel: Anita Blake 04 - Giergige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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sauberer, grauer Stoppelbart zierte das Doppelkinn. Die Augen waren klein und versanken in der teigigen Gesichtsmasse. Sein Abzeichen glänzte auf der Jacke. Er hatte es nicht am Hemd stecken lassen. Er hatte es außen angeheftet, wo die großen Detectives aus der Stadt es nicht übersehen konnten. So als würde man den Hosenschlitz offen lassen, damit die Begleiterin sieht, dass man gut ausgestattet ist.
    »Dieser Neger ...«
    »Wir lehnen solche Ausdrücke ab, Deputy, das wissen Sie.«
    Nach Aikensens Gesichtsausdruck zu urteilen, hatte der Sheriff ihn soeben aufgeklärt, dass es den Nikolaus wohl doch nicht gab. Ich mochte wetten, der Sheriff schwärmte für die gute alte Zeit samt ihrer schlimmsten Auswüchse. Aber es steckte Intelligenz in diesen kleinen Knopfaugen, was man von Aikensen nicht sagen konnte.
     
    »Steck sie weg, Junge, das ist ein Befehl.« Sein Südstaatenakzent wurde deutlicher, entweder um Eindruck zu machen oder weil Aikensen ihn langsam auf die Palme brachte. Bei vielen Leuten verstärkt sich der Akzent, wenn sie unter Druck stehen. Er stammte nicht aus Missouri. Weiter aus dem Süden.
    Aikensen steckte endlich widerstrebend die Waffe weg. Aber seine Holsterlasche knipste er nicht zu. Er legte es auf Prügel an. Ich war nur froh, dass ich sie ihm nicht verabreicht hatte. Wenn ich abgedrückt hätte, ehe Aikensen die Waffe zum Himmel streckte, hätte ich natürlich nie erfahren, dass er gar nicht schießen wollte. Wären wir alle Bullen gewesen und Aikensen ein Krimineller, es hätte als sauberer Schuss gegolten. Mannomann.
    Sheriff Titus schob die Hände in die Jackentaschen und sah mich an. »Na, Miss, Sie können Ihre Kanone jetzt ebenfalls wegstecken. Aikensen hier wird keinen mehr erschießen.«
    Ich blickte ihn nur an, während ich die Pistole locker in der Hand aufwärts gerichtet hielt. Ich war schon im Begriff gewesen, sie wegzustecken, als er mich anwies. Anweisungen sind nicht so ganz mein Fall. Ich hielt inne.
    Seine Miene war noch freundlich, aber die Augen wurden stumpf. Ärger. Er mochte es nicht, wenn man ihm trotzte. Prima. Der Abend war gerettet.
    Hinter Titys versammelten sich drei andere Hilfssheriffs. Alle störrisch und bereit zu tun, was der Sheriff von ihnen verlangte. Aikensen stellte sich zu ihnen, seine Hand schwebte über der soeben eingesteckten Waffe. Mancher lernt's nie.
    »Anita, stecken Sie die Pistole weg.« Dolphs gewöhnlich freundlicher Tenor war heiser vor Zorn. Als wollte er eigentlich sagen: Schieß ihn nieder, den Scheißkerl. Aber das wäre seinen Vorgesetzten nur schwer zu erklären.
    Obwohl er eigentlich nicht mein Boss war, hörte ich auf ihn. Er verdiente es. Ich steckte die Pistole weg.
    Dolph bestand aus lauter flachen Kanten. Sein schwarzes Haar war sehr kurz geschnitten und setzte die Ohren der Kälte aus. Die Hände hatte er in die Taschen seines langen schwarzen Trenchcoats geschoben. Der Mantel sah zu dünn aus für die Jahreszeit, aber vielleicht war er gefüttert. Obwohl Dolph ein bisschen zu beleibt war, als dass er und ein Futter in demselben Mantel Platz hätten.
    Er winkte Perry und mich zur Seite und sagte leise: »Erzählen Sie mir, was sich abgespielt hat.«
    Wir taten es. »Sie meinen wirklich, er hätte Sie erschossen?«
    Perry blickte einen Moment lang auf den zertrampelten Schnee hinab, dann schaute er auf. »Ich bin mir nicht sicher, Sergeant.« »Anita?« »Ich dachte es, Dolph.« »Sie klingen nicht mehr überzeugt.«
    »Das Einzige, dessen ich mir sicher bin, ist, dass ich im Begriff war, ihn zu erschießen. Ich war dabei, abzudrücken, Dolph. Was ist hier eigentlich los? Wenn es so weit kommt, dass ich heute Nacht einen Polizisten erschieße, möchte ich gern wissen, warum.«
    »Ich dachte nicht, dass jemand so dumm sein und eine Waffe ziehen würde«, meinte Dolph. Er zog die Schultern hoch, und der Mantelstoff spannte sich.
    »Sehen Sie jetzt nicht hin«, sagte er, »aber Aikensen hat noch immer die Hand am Revolver. Er lechzt danach, noch einmal zu ziehen.« Er atmete tief durch die Nase ein und entließ eine weiße Wolke aus seinem Mund. »Wir reden mit Sheriff Titus.«
    »Wir haben über eine Stunde lang mit ihm geredet«, sagte Perry' »Er hört nicht zu.«
    »Ich weiß, Detective, ich weiß.« Dolph ging zu dem wartenden Sheriff und seinen Gehilfen hinüber. Perry und ich folgten ihm. Was sollten wir sonst tun? Außerdem wollte ich wissen, warum eine komplette Tatortmannschaft herumstand und Däumchen drehte.
    Perry

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