Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis
verschlossen und unpersönlich. »Wie Sie meinen, Ms Blake.«
Er glaubte, ich hatte ihn so angesprochen, weil ich sauer auf ihn war, wurde mir klar. Mist. Wie kam es, dass ich in jeder schwierigen Situation immer von männlichen Egomanen umringt war?
»Schon gut, Hernando. Ich sage nur gern jedem deutlich, dass ich schon ein großes Mädchen bin.« Ich fasste ihn leicht am Arm.
Er sah mich an, und sein Blick wurde weicher. »Okay.« Das war die männliche Kurzform für eine wechselseitig akzeptierte Entschuldigung. Allerdings wäre die Kurzform noch kürzer ausgefallen, wenn nicht eine der beiden Parteien weiblich gewesen wäre.
Ich trat einen Schritt zurück und wechselte das Thema. »Erstaunlich, wie viele üble Kerle und Monster bereit sind, mit mir zu reden, aber nicht mit der Polizei.«
Er nickte ernst. »Erstaunlich, so kann man es nennen.« Der Blick, den er mir zuschoss, war so vielsagend, dass ich überlegte, ob er sich unterwegs auch über mich informiert hatte.
Ich fragte nicht. Ich wollte es eigentlich nicht wissen. Aber was Baco anging, so hatte er recht. Wenn er das war, was allgemein behauptet wurde, würde er die Polizei nicht in seiner Nähe haben wollen. Das mit der Todesstrafe war kein Scherz. Die letzte Hinrichtung wegen Mordes unter Zuhilfenahme von Magie war erst zwei Monate her. Sie hatte in Kalifornien stattgefunden, wo sonst bei keinem Verbrechen die Todesstrafe verhängt wird.
Es wurde eine Hexe angeklagt und verurteilt, die mit Dämonen verkehrt hatte. Sie hatte mit Hilfe des Dämons ihre Schwester umgebracht, um Alleinerbin des elterlichen Anwesens zu werden. Sie wurde auch verdächtigt, ihre Eltern getötet zu haben, aber das konnte man nicht beweisen. Und welchen Unterschied machte das schon? Man konnte sie nur ein Mal hinrichten. Ich hatte Auszüge aus dem Verhandlungsprotokoll gelesen. Sie war schuldig gewesen. Da hatte ich keinen Zweifel.
Doch von der Verhaftung bis zur Hinrichtung vergingen nur drei Monate. Das hatte es in der amerikanischen Justiz noch nie gegeben. Gewöhnlich dauert es schon länger, um überhaupt einen Verhandlungstermin zu bekommen, geschweige denn einen ganzen Prozess durchzuführen. Doch selbst Kalifornien hatte seine Lektion gelernt. Ein paar Jahre vorher war dort ein Hexer in einem ähnlichen Fall verhaftet worden. Es kam zu der üblichen Wartezeit auf den Prozess, weil ein Kongressabgeordneter eine Debatte anstrengte, wonach die Todesstrafe nicht einmal bei Mord mit Magie erlaubt sein sollte.
Dieser Hexer rief unterdessen einen mächtigeren Dämon in seine Zelle. Der tötete sämtliche Wächter des Zellenblocks und einige Häftlinge. Am Ende wurde er mit Hilfe einer Zusammenkunft weißer Wiccas aufgespürt. Die Zahl der Todesopfer lag bis dahin bei zwei- oder dreiundvierzig. Er wurde schließlich bei der Festnahme getötet. Er hatte dreißig Durchschüsse, das heißt, die Polizisten hatten auf ihn geschossen, bis ihre Waffen leer waren. Da unter den Kollegen niemand einen Querschläger abbekam, mussten sie direkt über ihm gestanden haben. Ein bisschen viel, finde ich, aber ich kann es ihnen nicht übel nehmen. Von den Gefängniswärtern sind nicht mal alle Teile gefunden worden.
New Mexico war ein Staat mit Todesstrafe. Jede Wette, dass sie Kaliforniens Rekord von drei Monaten brechen würden. Ich meine, schließlich wurde man in diesem Staat auch für einen guten, altmodischen Mord schon hingerichtet. Kam dann noch Magie dazu, wurde der Täter schneller vom Leben zum Tode befördert, als er Beelzebub sagen konnte.
Die aktuelle Hinrichtungsmethode ist für alle die gleiche. Der Tod auf dem Scheiterhaufen ist nicht erlaubt, aber wenn bei dem Verbrechen Magie im Spiel war, dann wird die Leiche nach der Hinrichtung eingeäschert. Die Asche wird schließlich verstreut, gewöhnlich über einem fließenden Gewässer. Sehr traditionell.
In einigen Teilen Europas ist der Tod auf dem Scheiterhaufen noch immer gesetzlich vorgesehen. Es gibt mehr als einen Grund, warum ich mich wenig außer Landes begebe. »Anita, sind Sie noch bei uns?«, fragte Ramirez. Ich blinzelte. »Entschuldigung, ich dachte gerade an die letzte Hinrichtung in Kalifornien. Ich verstehe, dass Baco Angst hat. «
Ramirez schüttelte den Kopf »Ich auch. Seien Sie vorsichtig. Das sind gefährliche Leute.«
»Damit kennt Anita sich aus«, warf Bernardo ein.
Die beiden Männer wechselten einen Blick, und wieder hatte ich den
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