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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
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1
    Dieses Jahr fuhren sie nach Norden, an einem kalten Freitagabend im Winter; sie waren nur zu viert. Jodie lächelte beim Fahren, als sie die Lichter der kleinen Ortschaft im Rückspiegel verschwinden sah.
    Nebel schwebte über den Büschen am Straßenrand, die Scheinwerfer schlugen eine geisterhafte Schneise in die Dunkelheit. Wie ein Tunnel, der sie sicher durch die Nacht führte.
    Oder direkt in die Hölle.
    Jodie kannte sich aus mit unheilvollen Tunneln – und mit den hässlichen Orten, zu denen sie führen konnten. Doch das brauchte sie nicht zu fürchten, sagte sie sich. Nicht jetzt, nicht mit diesen Freundinnen.
    »Da, nimm ein Stück Schokolade.« Louise hielt Jodie eine angebrochene Tafel hin. »Ray ist inzwischen bestimmt auf dem Weg ins Schwimmbad. Während ich Schokolade mampfe, muss er den Zwillingen hinterherjagen. Toll!«
    Jodie warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. »Jamie holt gerade Adam und Isabelle von einer Geburtstagsfeier ab. Als ich sie hingebracht habe, standen überall literweise Himbeersirup und Lutscherberge herum. In ein paar Stunden wird er sie anflehen, ins Bett zu gehen.« Sie grinste bei dem Gedanken an ihre beiden überdrehten Kinder, mit denen ihr Exmann zurechtkommen musste, und schob sich genüsslich ein Stück Schokolade in den Mund. »Mmm, gute Wahl, Hannah.«
    »Danke«, sagte Hannah, während sie sich nach vorne beugte und auch ein Stück nahm. »Pete hat wegen dem Basketballspiel heute Abend Fahrdienst. Das heißt, er muss stinkende Kinder herumkutschieren, die auf dem Heimweg nach McDonald’s schreien. Den Abend verbringt er bei Mom, weil die auf Chelsea aufpasst. Ich kann euch sagen, er ist restlos begeistert von unserem Wochenendtrip.«
    »Bailey und Zoe sind bei den Schwiegereltern untergebracht. Ist es für den Schampus eigentlich noch zu früh?«
    Jodie sah wieder in den Rückspiegel und lächelte Corrine zu, die eine Champagnerflasche hochhielt.
    »Ich habe für den Notfall Plastikchampagnerkelche dabei«, sagte Corrine.
    »Was für einen Notfall denn?«, fragte Jodie.
    »Ich würde mal sagen, kein Alkohol um Viertel nach sechs von Tag eins ist definitiv ein Notfall.«
    Jodie lachte, doch in der nächsten Kurve blieb ihr das Lachen im Hals stecken.
    Aus etwa hundert Metern Entfernung raste ein Wagen mit leuchtenden Scheinwerfern direkt auf sie zu. Er fuhr sehr schnell und schlingerte von einer Seite auf die andere. Jodies Herz begann zu rasen. Wenn sie nicht ganz schnell reagierte, würden sie bei diesem Tempo …
    Sie umklammerte das Lenkrad, dachte kurz an ihr Fahrtraining, widerstand dem Reflex, das Bremspedal durch den Wagenboden zu treten, und scherte nach links aus. Der Wagen rutschte seitlich von der Straße ab, Steinchen wurden an die Autotür geschleudert, irgendwer schrie auf der Rückbank. Louise stemmte sich auf dem Beifahrersitz gegen das Armaturenbrett. Der entgegenkommende Wagen rauschte so nah an ihnen vorbei, dass Jodie ihn mit ausgestrecktem Arm hätte berühren können.
    Der Luftstrom des vorbeifahrenden Autos drückte sie noch tiefer in den Straßengraben. Die Reifen fanden keinen Halt mehr, das Heck scherte aus, und dann drehte sich der Wagen im Kreis.
    Die Scheinwerfer erfassten das dunkle Unterholz, den Splitt am Straßenrand und dann die zweispurige Asphaltstraße. Jodie riss verzweifelt das Lenkrad herum und versuchte den Wagen zu stoppen. Minuten, Stunden schienen vergangen zu sein, doch vielleicht war es auch nur der Bruchteil einer Sekunde später, als der Wagen endlich aufhörte sich zu drehen. Kurz flammte der Reflektor eines weißen Leitpfostens im Scheinwerferlicht auf, bevor er sich ins Kühlergitter rammte.
    Jodie wurde heftig in den Sicherheitsgurt gedrückt, als der Wagen zum Stehen kam. Ihr Fuß klebte auf der Bremse, ihre Finger hielten das Lenkrad umklammert. Lange sprach niemand ein Wort. Der Motor erstarb, der weiße Leitpfosten klemmte irgendwo unter ihnen, im Wagen war nur das Geräusch keuchender Atmung zu hören.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie schließlich.
    »Oh, mein Gott.«
    »Herrgott.«
    »Verdammte Scheiße.«
    Jodie massierte ihre Brust an der Stelle, wo der Sicherheitsgurt sie in den Sitz gedrückt hatte. »Soll das ein Ja sein?« Sie stellte den Motor ab und drehte sich zu ihren Freundinnen um, um sich zu vergewissern, dass auch wirklich alle in Ordnung waren. Louises dichte Locken hingen ihr ins Gesicht, sie hatte eine Hand auf die Brust, die andere auf ein Knie gelegt, das sie vorsichtig

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