Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis
Hand zittert so heftig, ich glaube nicht, dass du noch las Zeug hast, jemanden zu töten.«
Jetzt war ich dran mit Lachen. »Du glaubst, meine Hand zittert, weil mir der Gedanke, dich zu erschießen, Gewissensbisse macht. Junge, da hast du aber die Falsche erwischt. Sieh auf meine rechte Hand, Ulfric, die zittert nicht. Vor zwei Tagen hat eine wandelnde Leiche ein Stück davon abgebissen, darum bin ich links ein bisschen wacklig. Aber glaub mir, ich treffe.« An dieser Stelle bekommt mein Opfer den vollen Blickkontakt, mit dem ich zu verstehen gebe, dass ich nicht bluffe. Doch jetzt war ich hin und her gerissen zwischen dem Ulfric, seinem Gefolge und der Theke. « Wie viele von deinen Wölfen willst du für deinen verletzten Stolz opfern? « »Wenn wir kämpfen, Anita, werden du und deine Freunde sterben.«
»Und du wirst sterben und einige deiner Besten. Wäre es also nicht nett, das Blutbad zu vermeiden und mir zu sagen, was du eigentlich von mir willst? Du weißt, dass ich die Wahrheit sage. Ich wusste nicht, dass ich dir auf die Zehen trete. Wenn Nicky hinter deinem Rücken irgendein Machtspiel betreibt, so weiß ich nichts davon. Also sag mir, was du willst, damit diese ... Taktlosigkeit zwischen uns bereinigt werden kann. Sag es mir, bevor meine linke Hand sich so verkrampft, dass sie von selbst zu schießen anfängt.«
Er musterte mich sehr genau, und hinter seinem ganzen prahlerisch stolzen Gehabe sah ich Intelligenz. Da war vielleicht jemand, mit dem sich handeln ließ. Wenn nicht, würden wir sterben. Wir würden sterben nicht wegen des Falls, sondern weil ich mal eine Zeit lang Richards Freundin gewesen war. Ein blöder Grund zum Sterben.
»Tribut, ich will, dass die Lupa des Thronos-Rokke-Volks mir Tribut zollt.« »Du meinst ein Geschenk«, sagte ich. Er nickte. »Wenn es die richtige Art Geschenk ist, ja.«
Wäre ich mit Richard privat nach Albuquerque gekommen, wäre ich darauf eingestellt gewesen, dem örtlichen Rudel ein Geschenk zu machen. Üblich waren ein frisch getötetes Tier, Schmuck für die Lupa oder etwas Mystisches. Tod, Juwelen oder Magie. Schmuck hatte ich keinen bei mir außer Leonoras Halskette, und ich wusste nicht, was sie bei einem anderen bewirken würde. Angeblich konnte sie schaden, wenn man sie weg gab. Der Talisman würde also meinen Körper nicht verlassen.
Ich ließ die linke Hand sinken. Erstens zuckte sie so heftig, dass ich vielleicht gar nichts damit treffen würde. Zweitens konnte ich nicht ständig die Pistole auf jemanden richten, wenn wir niemanden töten wollten. Drittens tat mir die Hand weh. »Dein Wort, dass wir sicher abziehen dürfen, wenn ich dir ein passendes Geschenk mache.«
»Du akzeptierst das Wort eines Ex-Sträflings, Drogendealers und Anführers einer Bikergang?«
»Nein, aber das Wort des Ulfrics des hiesigen Werwolfrudels, das akzeptiere ich.« Es gab Regeln, und wenn er sein Wort als Ulfric bräche, würde er Ansehen verlieren. Er musste ohnehin auf schwankendem Boden stehen, wenn ein Mensch, und sei er auch ein Vargamor mit beträchtlichen magischen Kräften, seine Autorität in Frage stellen konnte. Er würde sein Wort also nicht brechen, nicht im Beisein seines Rudels.
»Ich bin Ulfric des Volkes vom Gebrochenen Speer, und ich gebe dir mein Wort, dass ihr alle in Frieden gehen könnt, wenn dein Geschenk würdig ist.«
Die letzte Formulierung gefiel mir nicht. »Ich habe keine Zeit, bei Tiffany vorbeizufahren und etwas für die Dame des Hauses zu besorgen. Bin auch unterwegs nicht zum jagen gekommen. Die Polizei wird böse, wenn man in der Stadt auf Tiere schießt. Zu mystischem Kram bin ich heute nicht in der Lage.«
»Dann hast du nichts Würdiges«, stellte er fest, machte aber ein Gesicht, als wäre er sicher, dass ich doch irgendein Geschenk hatte.
»Lass mich sehen, was hinter der Theke ist, dann stecke ich die Waffen weg und zolle dir Tribut.« Ich hatte versucht, die Firestar wegzustecken, doch meine linke Hand war so zittrig, dass ich nicht das Hemd anheben und sie in den Hosenbund stecken konnte. Ich brauchte zwei Hände dafür. Folglich musste ich auch die Browning wegstecken.
»Abgemacht » sagte er. » Scheusal, erhebe dich und begrüße unseren Gast. »
Über dem Thekenrand erschien ein schmaler Streifen bleicher Haut wie eine aufsteigende Mondsichel, dann folgte ein Gesicht. Es war ein Frauengesicht mit einem abgestorbenen, vertrockneten Auge. Ihm folgte ein
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