Anleitung zum Unglücklichsein (German Edition)
Sie das Problem rein gedanklich, denn jede Wirklichkeitsprüfung Ihrer Annahme wäre dem Erfolg dieser Übung nur abträglich.
Wenn Sie durch diese Übung Ihren eigenen Stil entwickelt und Ihren Blick für ungewöhnliche, mysteriöse Zusammenhänge geschärft haben, werden Sie bald bemerken, bis zu welchem Grade unser Alltag von solchen schicksalsträchtigen Verflechtungen durchzogen ist. Nehmen wir an, Sie warten auf den Autobus, der schon längst da sein sollte. Sie vertreiben sich die Zeit, indem Sie die Zeitung lesen, aber immer wieder den Blick die Straße hinunterwerfen. Plötzlich sagt Ihnen Ihr sechster Sinn: »Jetzt kommt er!« Sie drehen sich rasch hin, und tatsächlich, in der Ferne, noch mehrere Häuserblocks entfernt, ist der Autobus aufgetaucht. Erstaunlich, nicht wahr? Und doch ist das nur ein kleines Beispiel aus der Vielfalt der Hellsichtigkeiten, die sich langsam in Ihnen ausbilden und dort am wichtigsten sind, wo sich alles mögliche für Sie Nachteilige abzeichnet.
Übung Nr. 7: Sobald Sie hinlänglich überzeugt sind, daß etwas Verdächtiges vorgeht, besprechen Sie es mit Freunden und Bekannten. Es gibt keine bessere Methode, um die wahren Freunde von den Wölfen im Schafspelz zu trennen, die in undurchsichtiger Weise da mit im Spiele sind. Jene werden sich nämlich trotz – oder gerade wegen – ihrer Geriebenheit dadurch verraten, daß Sie Ihnen einreden wollen, Ihre Annahme habe weder Hand noch Fuß. Für Sie wird das keine Überraschung sein, denn es versteht sich von selbst, daß, wer Ihnen schaden will, das nicht offen zugibt. Er wird Sie vielmehr scheinheilig von Ihrem angeblich unbegründeten Verdacht abbringen und von seinen guten, freundlichen Absichten zu überzeugen versuchen. Und damit wissen Sie nicht nur, wer mit im Komplott drinsteckt, sondern auch, daß an der ganzen Sache wirklich etwas sein muß , denn warum würden jene »Freunde« sich sonst so anstrengen, Sie vom Gegenteil zu überzeugen?
Wer sich diesen Übungen gewidmet hat, kommt zur Einsicht, daß nicht nur Margaret Meads Russe, der Mann mit dem Hammer oder Naturgenies wie die erwähnten Herren Keesee und Maryn, sondern auch der Durchschnittsbürger es fertigbringen kann, durch dieses besondere geistige Training zum Punkte zu gelangen, wo er eine schwierige Situation selbst erschafft und doch keine Ahnung hat, sie erschaffen zu haben. Hilflos dem Spiel unbeeinflußbarer Vorgänge ausgeliefert, kann er völlig glaubwürdig nach Herzenslust an ihnen leiden. Hierzu jedoch ein Wort der Warnung:
Die Bohnen in der Hand
G anz so einfach ist diese Erkenntnis höherer Welten freilich nicht, und Pannen lassen sich nicht ausschließen. Die folgenschwerste von ihnen ist der Kernpunkt folgender Geschichte:
Auf ihrem Sterbebett nimmt eine junge Frau ihrem Mann das Gelöbnis ab, sich nach ihrem Tode nie mit einer anderen einzulassen. »Wenn du dein Versprechen brichst, werde ich als Geist zurückkommen und dir keine Ruhe geben.« – Der Mann hält sich zunächst daran, aber einige Monate nach ihrem Tode lernt er eine andere Frau kennen und verliebt sich in sie.
Bald darauf beginnt ein Geist ihm jede Nacht zu erscheinen und ihn des Bruchs seines Gelöbnisses zu beschuldigen. Daß es sich um einen Geist handelt, steht für den Mann außer Frage, da der Geist nicht nur über alles unterrichtet ist, was zwischen dem Mann und der neuen Frau täglich vorgeht, sondern auch über die geheimsten Gedanken, Hoffnungen und Gefühle des Mannes genau Bescheid weiß. Da die Lage schließlich für ihn unerträglich wird, geht der Mann zu einem Zen-Meister und bittet ihn um Rat.
»Eure erste Frau wurde zum Geist und weiß alles, was Ihr tut«, erklärte der Meister. »Was immer Ihr tut oder sagt, was immer Ihr Eurer Geliebten gebt, sie weiß es. Sie muß ein sehr weiser Geist sein. Fürwahr, Ihr solltet solch einen Geist bewundern. Wenn sie das nächste Mal erscheint, macht einen Handel mit ihr aus. Sagt ihr, daß sie so viel weiß, daß Ihr nichts vor ihr verbergen könnt, und daß Ihr Eure Verlobung brechen und ledig bleiben werdet, wenn sie Euch eine Frage beantworten kann.«
»Was ist das für eine Frage, die ich ihr stellen muß?« fragte der Mann.
Der Meister erwiderte: »Nehmt eine gute Handvoll Bohnen, und fragt sie nach der genauen Zahl der Bohnen in Eurer Hand. Wenn sie es Euch nicht sagen kann, so werdet Ihr wissen, daß sie nur eine Ausgeburt Eurer Phantasie ist, und sie wird Euch nicht länger stören.«
Als
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