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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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stand so, dass sie ihm ihr Knie in die Weichteile rammen konnte. Doch er wendete sich ab und sagte, als würde er zur Dunstabzugshaube sprechen: »Glaub das nicht. Sie lügt, Ines. Ich habe dich nicht benutzt. Die zieht alles nur in den Schmutz.«
    Ann Kathrin spürte, dass etwas von ihren Worten ihn in der Tiefe erreichte. Sie versuchte gar nicht mehr, sich ein Messer zu greifen oder ihn mit einem gezielten Schlag außer Gefecht zu setzen. Sie witterte eine andere Chance.
    »Ich bin auch eine Tochter!«, rief sie. »Ich hatte einen Vater! Und was für einen! Er hat versucht, aus mir eine große, starke Persönlichkeit zu machen. Er hat mir Liebe gegeben und mir gezeigt, dass ich selbst ein liebenswerter, wertvoller Mensch bin. Wenn ich Ärger hatte mit den Jungs in der Nachbarschaft, dann ist er hingelaufen und hat ein Riesentheater veranstaltet. Wenn ich in der Schule Probleme hatte, dann …«
    Er schüttelte den Kopf, als wolle er sich weigern, die Worte in seinen Verstand eindringen zu lassen. Wieder sprach er in Richtung Dunstabzugshaube: »Glaub ihr nicht! Glaub ihr kein Wort!«
    Wenn sie sich nicht täuschte, begann seine Unterlippe zu zittern. Er sah jetzt aus wie ein kleiner Junge, der gleich anfangen würde zu weinen.
    Kann das sein?, fragte Ann Kathrin sich. Dieser Mann, der so schreckliche Grausamkeiten angerichtet hat, fängt gleich an zu heulen? Habe ich ihn in der Tiefe seiner Seele erwischt? Er sieht mich gar nicht mehr, dachte sie. Wen sieht er jetzt? Seine Tochter?
    Ann Kathrin veränderte ihre Position im Raum vorsichtig tastend, bis sie vor der Dunstabzugshaube stand.
    Seine Stimme wurde milde, sanft.
    Sie kannte das von Verhören. Manchmal fiel ein Stichwort, manchmal war es ein Satz, der den Verdächtigen in etwas zurückkatapultierte. In seine Kindheit, in eine traumatisierende Situation. Dann rekonstruierten sie oft unbewusst ihr Familiensystem und verteilten Rollen. Manchmal war sie zur Mutter geworden, zur Ehefrau oder zur Vertrauenslehrerin, bei der man sich ausheulen konnte. Machte er jetzt aus ihr seine Tochter? Er sah sie so merkwürdig an.
    Sie probierte es. »Ich hätte dich so gebraucht, Papa«, sagte sie.
    Sie versuchte erst gar nicht, die Stimme von Ines nachzumachen. Sie wusste ja nicht einmal, wie sie sich angehört hatte. Es waren nur ein paar ganz archaische Aussagen, die sie für ihn hatte.
    Er schüttelte den Kopf. »Du bist nicht Ines.«
    Sie ging gar nicht darauf ein. »Du bist mein Papa. Wo warst du?«
    Sie sah, wie seine Wahrnehmung hin- und herwaberte. Innenwelt und Außenwelt vermischten sich. Das hatte sie oft bei Serientätern erlebt. Sie konnten nicht mehr unterscheiden, was in ihrer Phantasie stattfand und was in der Wirklichkeit. Erinnerungen, Wünsche, Träume, Wahnvorstellungen – das alles wurde zu einem einzigen Realitätsmischmasch.
    Es war, als würde die Luft aus ihm herausgelassen. Er sackte in sich zusammen. Er wirkte auch nicht mehr so bedrohlich. Seine Schultern hingen herab. Er beugte sich vor. Er sprach nicht in Ann Kathrins Richtung. Er schien etwas in den Händen zu halten. Vielleicht einen Kinderkopf, den er streicheln wollte?
    »Ich war ein lausiger Vater. Ich war egoistisch. Ich habe mich nicht um dich gekümmert. Für mich war alles andere wichtiger. Ich wollte Karriere machen. Ich war hinter jedem Rock her. Aber du darfst nicht nur schlecht von mir denken. Ich wollte nicht, dass du zwischen deiner Mutter und mir zerrieben und zerrissen wirst.
    Ja, ich weiß. Wirf mir ruhig vor, das sei nur eine billige Ausrede. Aber was hätte ich tun sollen? Du bist mir immer der liebste Mensch gewesen. Immer, glaub mir, auch wenn ich nicht da war. Ich werde das wiedergutmachen! Ich … «
    »Wenn du das wiedergutmachen willst, Papa, dann sag jetzt Frau Klaasen, wo ihr Sohn ist. Ich will nicht, dass er stirbt.«
    Weinend öffnete er den Mund und stammelte: »I … I… Ines … I… i… ich kann nicht. Das willst du doch nicht wirklich, Ines. Sie müssen bestraft werden. Alle!«
    Er begann zu summen:
    »Und das Schiff mit acht Segeln
    Und mit fünfzig Kanonen
    Wird beschießen die Stadt.«

    Während der Sitzung sprang Weller plötzlich auf und rief in den Raum: »Mensch! Schlachterhaken!«
    Frau Diekmann konnte ihre Ausführungen nicht weiter fortführen. Niemand hörte mehr auf sie.
    Sofort war Rupert bei der Tür. Es klang, als würde Rupert die Sätze von Weller vervollständigen und umgekehrt.
    Weller begann: »Diese Kim Riedel hat gesagt, dass

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