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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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löste sich in weiße Lämmerwölkchen auf, der Himmel klärte sich, und dann brach der richtige Frühling an. Morgens verzehrte die aufsteigende, hell strahlende Sonne schnell die dünne Eisschicht, die nachts das Wasser überzogen hatte, und die ganze warme Luft zitterte von den sie erfüllenden Ausdünstungen der neu belebten Erde. Es grünte das alte Gras und nicht minder das junge, das seine Spitzen aus dem Boden hervorstreckte; die Knospen der Schneeballsträucher, der Johannisbeersträucher und der klebrigen, von berauschendem Safte strotzenden Birken schwollen, und auf den mit goldgelben Blütenkätzchen überdeckten Weidensträuchern summten die aus ihren Körben hervorgekommenen umherfliegenden Bienen. Unsichtbare Lerchen schmetterten über dem grünen Samt der mit Winterfrucht bestellten Äcker und über den noch vereisten Stoppelfeldern; über den Sümpfen und über den Niederungen, die mit braunem, noch nicht abgelaufenem Wasser bedeckt waren, ließen die Kiebitze ihren klagenden Schrei ertönen, und hoch oben flogen mit frühlingsfreudigem Rufen die Kraniche und die wilden Gänse vorüber. Auf den Triften brüllten die Rinder, die gehaart hatten und nur an einzelnen Stellen des Körpers damit noch nicht ganz fertig waren; krummbeinige Lämmchen spielten um die blökenden Mutterschafe, die ihre Wolle verloren; schnellfüßige Kinder liefen über die auftrocknenden Fußwege hin, auf denen dann die Abdrücke ihrer bloßen Füße zurückblieben; am Teiche schnatterten die munteren Stimmen der Bauernweiber, die dort Leinwand wuschen, und auf den Höfen erschollen die Beilschläge der Bauern, die die Pflüge und Eggen zurechtmachten. Der richtige Frühling war gekommen.
     

13
     
    L jewin zog hohe Stiefel an und zum ersten Male nicht den Pelz, sondern einen Tuchrock und ging durch seine Wirtschaft; er schritt durch kleine Bäche hindurch, die durch ihr Glitzern im Sonnenschein die Augen blendeten, und trat dabei bald auf Eisstücke, bald in zähen Schmutz.
     
    Der Frühling ist die Zeit der Pläne und Vorsätze. Wie der Baum im Frühling noch nicht weiß, wohin und wie sich später die jungen Triebe und Zweige ausbreiten werden, die noch in den geschwellten Knospen eingeschlossen liegen, so wußte auch Ljewin, als er auf den Hof hinaustrat, selbst noch nicht recht, an welche Unternehmungen er sich in seiner geliebten Wirtschaft jetzt heranmachen werde; aber er fühlte, daß er voll der besten Pläne und Vorsätze sei. Vor allen Dingen ging er zum Vieh. Die Kühe waren in das Gehege hinausgelassen; ihr glattes, neues Fell glänzte nur so; sie wärmten sich in der Sonne und verlangten brüllend nach der Weide. Mit Behagen musterte Ljewin die ihm bis in die kleinsten Einzelheiten bekannten Kühe und ordnete an, sie auf die Weide zu treiben und in das Gehege die Kälber hineinzulassen. Der Hirt lief fröhlich weg, um sich für den Aufbruch nach der Weide zurechtzumachen. Die Viehmägde, in aufgeschürzten Röcken, mit den bloßen, noch weißen, von der Sonne noch nicht verbrannten Füßen durch den Schmutz patschend, liefen mit langen Ruten hinter den blökenden Kälbern her und trieben sie auf den Hof hinaus.
     
    Nachdem Ljewin die ungewöhnlich gute Zuzucht dieses Jahres vergnügt betrachtet hatte – die frühen Kälber waren von der Größe einer Bauernkuh, und Pawas drei Monate altes Kalb war so groß wie die einjährigen –, ließ er ihnen einen Futtertrog herausbringen und Heu in die Raufen stecken. Aber es stellte sich heraus, daß die Raufen, die er erst im letzten Herbst für das im Winter nicht benutzte Gehege hatte anfertigen lassen, zerbrochen waren. Er schickte nach dem Zimmermann, der dem erhaltenen Auftrage gemäß die Dreschmaschine in Ordnung bringen sollte. Aber es zeigte sich, daß der Zimmermann noch mit der Ausbesserung der Eggen beschäftigt war, die doch schon in der Butterwoche hätten instand gesetzt sein sollen. Darüber war Ljewin sehr ärgerlich. Es war doch auch zu verdrießlich, daß in der Wirtschaft diese ewige Unordnung gar nicht aufhören wollte, gegen die er nun schon so viele Jahre mit aller Kraft ankämpfte. Die Raufen, die im Winter im Gehege nicht gebraucht wurden, waren, wie er nun erfuhr, in den Stall der Arbeitspferde hinübergebracht worden und dort entzweigegangen, da sie, für die Kälber bestimmt, nur leicht zusammengezimmert waren. Außerdem wurde bei diesem Anlaß klar, daß die Eggen und alle anderen Ackergeräte, die nach seiner Anordnung noch im Winter

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