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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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wird«, sagte er, während er ein Stück parfümierte Seife, das Agafja Michailowna dem Gaste hingelegt, dieser aber nicht benutzt hatte, betrachtete und hin und her wendete. »Sieh nur mal, das ist doch ein wahres Kunstwerk!«
     
    »Ja, man hat es jetzt auf allen Gebieten zur höchsten Vollkommenheit gebracht«, erwiderte Stepan Arkadjewitsch und gähnte kräftig und behaglich. »Zum Beispiel die Theater und die Vergnügungslokale ... aaah!« gähnte er. »Überall elektrisches Licht ... aah!«
     
    »Ja, das elektrische Licht!« sprach ihm Ljewin nach. »Ja. – Wo ist denn Wronski jetzt?« fragte er plötzlich und legte die Seife hin.
     
    »Wronski?« versetzte Stepan Arkadjewitsch und hörte auf zu gähnen. »Der ist in Petersburg. Er ist bald nach dir abgereist und seitdem kein einziges Mal wieder in Moskau gewesen. Und weißt du, Konstantin, ich will dir die Wahrheit sagen«, fuhr er fort, indem er sich mit dem Ellbogen auf das Nachttischchen stützte und sein hübsches, rotbackiges Gesicht, aus dem die feucht schimmernden, gutmütigen, schläfrigen Augen wie Sterne herausleuchteten, in die Handfläche legte. »Du bist selbst schuld gewesen. Du hast dich von deinem Nebenbuhler ins Bockshorn jagen lassen. Ich meinerseits – das habe ich dir schon damals gesagt –, ich weiß nicht, auf wessen Seite die größeren Chancen waren. Warum bist du nicht energisch vorgegangen? Ich sagte dir damals, daß ...« Er gähnte, aber nur mit den Kinnbacken, ohne den Mund zu öffnen.
     
    ›Weiß er's oder weiß er's nicht, daß ich ihr einen Antrag gemacht habe?‹ dachte Ljewin, der ihn aufmerksam ansah. ›Ja, es liegt ein so schlauer, diplomatischer Ausdruck auf seinem Gesicht.‹ Er fühlte, wie er errötete, blickte aber schweigend dem anderen gerade in die Augen.
     
    »Wenn damals auf ihrer Seite eine Hinderung bestand, so war diese durch die starke Wirkung eines blendenden Äußeren herbeigeführt worden«, fuhr Oblonski fort. »Dieses vollendete aristokratische Wesen, weißt du, und die zukünftige glänzende Stellung in der Gesellschaft sind zwar nicht bei ihr, wohl aber bei der Mutter stark in die Waagschale gefallen.«
     
    Ljewin machte ein finsteres Gesicht. Das Gefühl der Kränkung über die ihm widerfahrene Abweisung fing wie eine frische, soeben empfangene Wunde von neuem in seinem Herzen an zu brennen. Aber er war bei sich zu Hause, und man pflegt zu sagen: ›Zu Hause helfen einem die Wände.‹
     
    »Halt, warte mal«, unterbrach er Oblonski. »Du sagst: aristokratisches Wesen; aber gestatte mir die Frage: Worin besteht dieses aristokratische Wesen bei Wronski oder bei sonst jemandem, ich meine ein aristokratisches Wesen von der Art, daß es dem Betreffenden ein Recht gäbe, mich gering zu achten? Du hältst Wronski für einen Aristokraten, ich bin anderer Ansicht. Ein Mensch, dessen Vater aus unbedeutender Lebensstellung durch Ränke und Schliche emporgestiegen ist, dessen Mutter, Gott weiß, mit wem, Liebschaften gehabt hat, – Nein, nimm mir's nicht übel, für einen Aristokraten halte ich mich selbst und Leute von meiner Art, die auf drei, vier ehrenhafte Generationen von Vorfahren in der Vergangenheit zurückweisen können, von Vorfahren, die sich auf der höchsten Stufe der Bildung ihrer Zeit befunden haben (Begabung und Verstand, das ist eine andere Sache), sich nie vor jemand erniedrigt haben und sich nie auf anderer Leute Hilfe angewiesen sahen, so wie mein Vater und mein Großvater gelebt haben. Und solcher Männer kenne ich viele. Dir erscheint es unwürdig, daß ich die Bäume im Walde zähle, und du schenkst an diesen Rjabinin sechzigtausend Rubel weg; aber du empfängst ein Gehalt, und ich weiß nicht, was sonst noch alles, und ich empfange dergleichen nicht, und darum schätze ich das, was ich ererbt und das, was ich mit meiner Arbeit erworben habe. – Wir sind die wahren Aristokraten und nicht jene Leute, die nur von den Gnadengeschenken leben können, die ihnen die Mächtigen dieser Welt zukommen lassen, jene Leute, die für ein Zwanzigkopekenstück käuflich sind.«
     
    »Aber gegen wen kämpfst du eigentlich an? Ich für meine Person bin ja ganz mit dir einverstanden«, erwiderte Stepan Arkadjewitsch durchaus aufrichtig und höchst vergnügt, obwohl er herausfühlte, daß Ljewin unter den Leuten, die für ein Zwanzigkopekenstück käuflich seien, auch ihn selbst mit verstand. Ljewins Lebhaftigkeit hatte ihm wirklich gefallen. »Mit wem streitest du? Es ist zwar von dem, was du

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