Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
Vom Netzwerk:
wünschen Sie denn den Zimmermann?«
    »Wo sind die Raufen vom Kälberhof?«
    »Ich habe veranlaßt, sie an ihren Platz zu bringen. Aber ich bitte Sie, was soll man mit solchem Volke
    anfangen!« erwiderte der Verwalter mit einer geringschätzigen Handbewegung.
    »Nicht mit solchem Volke, sondern mit einem solchen Verwalter!« brauste Ljewin auf. »Wozu halte ich Sie mir denn
    eigentlich?« schrie er. Aber da er sich sagte, daß damit nichts gebessert werde, brach er mitten in seiner
    Scheltrede ab und seufzte nur. »Nun, wie ist's? Kann gesät werden?« fragte er nach kurzem Stillschweigen.
    »Hinter Turkino wird es morgen oder übermorgen möglich sein.«
    »Und der Klee?«
    »Ich habe Wasili und Michail hingeschickt; die säen. Ich weiß nur nicht, ob sie überall durchkommen werden; es
    ist noch sehr sumpfig.«
    »Auf wieviel Deßjatinen?«
    »Auf sechs.«
    »Warum denn nicht auf allen?« rief Ljewin.
    Daß der Klee nur auf sechs und nicht auf zwanzig Deßjatinen gesät wurde, das war noch ärgerlicher als alles
    Vorhergegangene. Der Klee gedieh sowohl nach den Lehren der Handbücher als nach seiner eigenen Erfahrung nur dann
    gut, wenn die Aussaat möglichst früh stattfand, beinah noch in den Schnee hinein. Aber das hatte Ljewin nie
    erreichen können.
    »Es sind nicht genug Leute da. Ich bitte Sie, was soll man mit solchem Volke anfangen! Drei Mann sind nicht
    gekommen. Na, und nun ist auch Semjon ...«
    »Nun, dann hätten Sie ein paar vom Stroh wegnehmen sollen.«
    »Ja, das habe ich so schon getan.«
    »Wo verwenden Sie denn die Leute?«
    »Fünf machen Kompott (er meinte Kompost), vier schaufeln den Hafer um; hoffentlich hat er nicht gelitten,
    Konstantin Dmitrijewitsch.«
    Ljewin glaubte ganz genau zu wissen, daß dieses ›hoffentlich hat er nicht gelitten‹ bedeutete, daß der englische
    Saathafer bereits verdorben sei, – es war eben wieder nicht ausgeführt worden, was er angeordnet hatte.
    »Aber ich hatte doch schon in der Fastenzeit gesagt: die Ventilationsröhren ...«, rief er.
    »Haben Sie keine Sorge, wir werden mit allem zur rechten Zeit fertig werden.«
    Ljewin machte eine ärgerliche Handbewegung nach dem Verwalter hin, ging zum Speicher, um den Hafer zu besehen,
    und kehrte dann in den Pferdestall zurück. Der Hafer war noch nicht verdorben. Aber die Arbeiter schütteten ihn mit
    Schaufeln um, während er doch unmittelbar in das untere Stockwerk des Speichers hinabgelassen werden konnte;
    nachdem Ljewin dies angeordnet und zwei Arbeiter von dort weggenommen und zum Kleesäen bestimmt hatte, war auch
    sein Ärger über den Verwalter so ziemlich geschwunden. Und der Tag war auch so schön, daß es nicht möglich war,
    lange zornig zu sein.
    »Ignat«, rief er den Kutscher an, der mit aufgestreiften Ärmeln am Brunnen die Kutsche wusch, »sattle mir
    ...«
    »Welches Pferd befehlen Sie?«
    »Na, meinetwegen den ›Reiher‹.«
    »Zu Befehl.«
    Während das Pferd gesattelt wurde, rief Ljewin den Verwalter, der sich in seiner Sehweite hielt und sich dort
    irgend etwas zu schaffen machte, wieder heran, um sich mit ihm auszusöhnen, und begann mit ihm von den
    bevorstehenden Frühjahrsarbeiten und sonstigen wirtschaftlichen Plänen zu sprechen.
    Mit dem Dungfahren sollte zeitig begonnen werden, damit vor der ersten Heuernte alles beendet sei. Die ferner
    gelegenen Felder sollten ohne jeden Zeitverlust gepflügt werden, damit sie noch als schwarze Brache liegen könnten.
    Alles Heu sollte nicht von den Bauern gegen Halbpart, sondern durch Arbeiter eingebracht werden.
    Der Verwalter hörte aufmerksam zu und tat sich augenscheinlich Gewalt an, um die Vorschläge seines Herrn gut zu
    finden, aber trotzdem machte er jene hoffnungslose, gedrückte Miene, die Ljewin so gut kannte und die ihn immer
    verstimmte. Diese Miene sagte: ›Alles ganz schön, aber wie Gott will!‹
    Durch nichts fühlte Ljewin sich schmerzlicher berührt als durch diese Haltung. Aber diese Haltung war allen
    Verwaltern gemeinsam, so viele er deren auch schon gehabt hatte. Alle beobachteten sie seinen Vorschlägen gegenüber
    das gleiche Verhalten, und darum ärgerte er sich jetzt nicht mehr darüber; aber es war ihm schmerzlich, und er
    fühlte sich noch mehr zum Kampfe mit dieser sozusagen elementaren Kraft angeregt, die er nicht anders nennen konnte
    als »wie Gott will« und die sich ihm fortwährend entgegenstellte.
    »Wenn wir es dann nur schaffen, Konstantin Dmitrijewitsch!« sagte der Verwalter.
    »Warum sollten wir es

Weitere Kostenlose Bücher