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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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nicht schaffen?«
    »Wir müßten unbedingt noch fünfzehn Arbeiter annehmen. Aber es kommen keine. Heute waren welche da, aber sie
    verlangten siebzig Rubel für den Sommer.«
    Ljewin schwieg. Wieder stellte sich ihm jene Kraft entgegen. Er wußte, daß sie nicht mehr als vierzig,
    siebenunddreißig, achtunddreißig Arbeiter für den regelrechten Preis hatten bekommen können, soviel sie auch
    versucht hatten, mehr zu bekommen; vierzig hatten sie schon gehabt, aber nicht mehr. Aber trotzdem mochte er den
    Kampf nicht aufgeben.
    »Schicken Sie nach Surü, nach Tschefirowka, wenn keine kommen. Man muß eben suchen.«
    »Hinschicken will ich schon«, antwortete Wasili Fedorowitsch in gedrücktem Tone, »aber auch die Pferde sind
    schon zu schwach geworden.«
    »Wir kaufen welche hinzu. Aber ich weiß ja«, fügte er lachend hinzu, »Sie sind immer in allen Stücken für den
    kleinsten und schlechtesten Zuschnitt; aber dieses Jahr werde ich Sie nicht mehr alles nach Ihrem Kopf machen
    lassen. Ich werde alles selbst machen.«
    »Ja, Sie gönnen sich, wie es scheint, so schon zu wenig Schlaf. Uns kann es ja nur lieb sein, wenn uns das Auge
    des Herrn sieht ...«
    »Also jenseits des Birkentales wird Klee gesät? Ich will mal hinreiten und es mir ansehen«, sagte er und stieg
    auf den kleinen falben »Reiher«, den der Kutscher herbeigeführt hatte.
    »Durch den Bach kommen Sie nicht durch, Konstantin Dmitrijewitsch«, rief der Kutscher ihm nach.
    »Na, dann reite ich durch den Wald.«
    Und in dem munteren Trabe des braven, vom Stehen im Stall etwas steif gewordenen Pferdchens, das, wo es über
    Pfützen hinüber mußte, schnob und den Zügel verlangte, ritt Ljewin durch den Schmutz des Hofes, aus dem Torweg
    hinaus und aufs Feld.
    War er schon auf dem Viehhof vergnügt gewesen, so wurde ihm auf dem Felde noch fröhlicher zumute. Von dem Trabe
    des tüchtigen Gaules gleichmäßig geschaukelt und die laue, noch von erfrischendem Schneegeruch erfüllte Luft in
    vollen Zügen einatmend, ritt er durch den Wald über den hier und da noch übrig gebliebenen, lockeren,
    zusammengeschmolzenen Schnee mit den verschwommenen Rad-und Fußspuren und freute sich über jeden zu seinem
    Besitztum gehörenden Baum mit dem auf der Rinde wieder auflebenden Moose und den schwellenden Knospen. Als er aus
    dem Walde hinausritt, breiteten sich vor ihm in gewaltiger Ausdehnung wie ein gleichmäßiger Samtteppich die mit
    Winterfrucht bestellten Felder aus, ohne eine einzige kahle oder versumpfte Stelle, nur hier und da in den
    Vertiefungen mit Resten schmelzenden Schnees gesprenkelt. Er ärgerte sich weder über den Anblick zweier
    Bauernpferde, einer Stute und eines Hengstfohlens, die seine Wintersaat zerstampften (er befahl einem Bauern, dem
    er begegnete, sie wegzujagen), noch über die dumme, spöttische Antwort des Bauern Ipat, den er getroffen und
    gefragt hatte: »Nun, Ipat, müssen wir nicht bald säen?« »Vorher müssen wir pflügen, Konstantin Dmitrijewitsch«,
    hatte ihm Ipat geantwortet. Je weiter er ritt, um so fröhlicher wurde ihm zumute, und allerlei landwirtschaftliche
    Pläne entstanden in seinem Kopfe, einer immer besser als der andere: an allen Feldern Einfassungen von
    Weidengebüsch herzustellen, in südlicher Richtung, damit der Schnee darunter nicht zu lange liegenbleibe, das
    gesamte Land in sechs zu düngende Felder und in drei Reservefelder mit Futterbau einzuteilen, einen Viehhof am
    äußersten Ende der Feldflur anzulegen und einen Teich zu graben und des Düngens wegen bewegliche Zäune für das Vieh
    herzustellen. Und dann wollte er dreihundert Deßjatinen mit Weizen, hundert mit Kartoffeln und hundertfünfzig mit
    Klee bestellen, und keine einzige Deßjatine läge brach.
    Unter solchen Träumereien gelangte er, während er sorgsam sein Pferd auf den Rainen entlanggehen ließ, um nicht
    seine Wintersaat zu zerstampfen, zu den Arbeitern, die Klee säen sollten. Der Wagen mit dem Samen stand nicht auf
    dem Rain, sondern auf einem Acker, und der Winterweizen war durch die Räder zerfahren und durch die Pferdehufe
    zerwühlt. Die beiden Arbeiter saßen auf dem Raine und rauchten, wahrscheinlich beide aus derselben Pfeife. Die mit
    dem Samen vermischte Erde auf dem Wagen war nicht zerkleinert, sondern hatte sich entweder infolge langen Liegens
    oder infolge des Frostes zu festen Klumpen zusammengeballt. Als die beiden ihren Herrn erblickten, ging der
    Arbeiter Wasili zum Wagen hin, und Michail machte sich an das Säen.

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