Anna Karenina
Landwirte!« sagte Stepan Arkadjewitsch scherzhaft. »Nein, welch verächtlichen Ton ihr
gegen uns armselige Städter anschlagt! Aber wenn es darauf ankommt, ein Geschäft zustande zu bringen, so machen wir
es schließlich doch am besten. Glaube mir nur, ich habe alles berechnet«, fuhr er fort; »der Wald ist sehr
vorteilhaft verkauft, so daß ich schon fürchte, der Käufer könnte versuchen, wieder zurückzutreten. Es ist ja doch
kein Nutzholz«, bemerkte Stepan Arkadjewitsch erklärend, in dem Bestreben, durch das Wort Nutzholz Ljewin
vollständig von der Grundlosigkeit seiner Zweifel zu überzeugen, »sondern größtenteils nur Brennholz. Und es kommen
nicht mehr als dreißig Saschen auf die Deßjatine, und er gibt mir für die Deßjatine zweihundert Rubel.«
Ljewin lächelte geringschätzig. ›Diese Art kenne ich‹, dachte er. ›So macht er es nicht allein, so ma chen es
alle Stadtleute. Wenn die im Laufe von zehn Jahren ein paarmal auf dem Lande gewesen sind und zwei, drei
landwirtschaftliche Ausdrücke aufgeschnappt haben, dann gebrauchen sie die, wo sie passen und nicht passen, und
sind fest überzeugt, daß sie nun schon alles aufs beste verstehen. »Nutzholz, dreißig Saschen auf die Deßjatine.«
Da wirft einer mit solchen Ausdrücken um sich und versteht selbst nicht, was er sagt.‹
»Mir kommt es nicht in den Sinn, dich über das belehren zu wollen, was du da in deiner Amtstätigkeit schreibst«,
sagte er, »und nötigenfalls werde ich dich um Auskunft bitten. Aber du bist ohne weiteres überzeugt, daß du dieses
ganze Einmaleins des Forstwesens beherrschst. Das ist denn doch nicht so leicht. Hast du die Bäume gezählt?«
»Wie soll man denn die Bäume zählen?« fragte Stepan Arkadjewitsch lachend, in dem dauernden Bemühen, den Freund
aus der üblen Stimmung herauszubringen.
»Vermöchte selbst ein hoher Geist zu zählen
Der Sterne Strahlen und des Sandes Körner?«
deklamierte er.
»Ja, ja, aber Rjabinins hoher Geist kann es. Und kein Händler kauft einen Wald, ohne vorher die Bäume gezählt zu
haben, wenn ihm nicht jemand den Wald umsonst gibt, so wie du. Deinen Wald kenne ich. Ich bin jedes Jahr dort zur
Jagd, und dein Wald ist fünfhundert Rubel auf einem Brett die Deßjatine wert, und er gibt dir nur zweihundert und
in einzelnen Raten! Das heißt, du hast ihm gegen sechzigtausend Rubel geschenkt.«
»Na, hör nur auf mit diesen abenteuerlichen Berechnungen«, erwiderte Stepan Arkadjewitsch in klagendem Tone.
»Warum hat mir denn niemand so viel geboten?«
»Weil dieser Mensch mit den anderen Händlern in heimlichem Einvernehmen steht; er hat ihnen Abstandsgeld
gezahlt. Ich habe mit ihnen allen zu tun gehabt und kenne sie. Das sind keine soliden Geschäftsleute, sondern
Gauner. Auf ein Geschäft, bei dem ihm ein Gewinn von zehn, fünfzehn Prozent in Aussicht steht, läßt sich der gar
nicht ein; er wartet, bis er eine Ware, die einen Rubel wert ist, für zwanzig Kopeken kaufen kann.«
»Na, na, hör auf! Du bist schlechter Laune.«
»Durchaus nicht«, erwiderte Ljewin finster; sie langten gerade beim Hause an.
Vor der Haustür stand bereits ein mit starkem Eisenbeschlag und festen Ledersitzen versehener Bauernwagen, davor
ein wohlgenährtes Pferd, mit breiten Kumtriemen straff angeschirrt. Auf dem Wagen saß, mit fest angezogenem
Leibgurt, ein von Gesundheit strotzender junger Gehilfe, der bei Rjabinin auch die Stelle eines Kutschers versah.
Rjabinin selbst war schon im Hause und kam den Freunden im Vorzimmer entgegen.
Er war ein Mann in mittleren Jahren, von hohem Wuchs, hager, mit Schnurrbart, das vortretende Kinn glatt
rasiert, mit trüben, herausstehenden Augen. Er trug einen langschößigen blauen Rock, an dem hinten die Knöpfe
wunderlich tief angesetzt waren, und hohe Stiefel, die um die Knöchel herum Falten bildeten und an den Waden gerade
und glatt waren; darüber hatte er noch große Gummischuhe gezogen. Er fuhr sich mit dem Taschentuche ringsum über
das Gesicht, schlug die Rockschöße übereinander, die auch ohnedies schon sehr gut saßen, begrüßte die Eintretenden
mit einem Lächeln und streckte seinem Verkäufer Oblonski die Hand in eigentümlicher Weise hin, als ob er etwas
greifen wollte.
»Nun, da sind Sie ja gekommen«, sagte dieser, ihm die Hand gebend. »Das ist schön.«
»Ich wagte nicht, Euer Durchlaucht Befehlen ungehorsam zu sein, obwohl der Weg überaus schlecht ist. Ich bin
positiv den ganzen Weg zu Fuß gegangen,
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